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DTM-Technik Mercedes C-Coupé
Die Geburt des neuen DTM-Silberpfeils

Die Mercedes-Rennschmiede HWA musste 2012 gleich acht neue Mercedes C-Coupés bauen. Wir haben dem Werksteam aus Affalterbach einen Besuch abgestattet und erklären, welche Herausforderungen die Ingenieure zu meistern hatten.

DTM 2012: Technik - Mercedes C-Coupé
Foto: Wolfgang Wilhelm

Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Saisonstart der DTM. Doch selbst im vermeintlich so arbeitsintensiven Monat März geht es bei der HWA AG beinahe so ruhig zu wie im Ortszentrum von Affalterbach kurz nach Mitternacht. Von Hektik oder Nervosität keine Spur. Die Ingenieure und die Mechaniker arbeiten bedächtig und ruhig. Business as usual. Es gäbe ja auch nicht den geringsten Grund zu Beunruhigung - die HWA-Jungs bauen schließlich nicht zum ersten Mal ein DTM-Auto.

Unsere Highlights

Seit 1988 mischen sie mit ihren Mercedes mit. Die Bilanz kann sich sehen lassen: 347 Rennen, 142 Siege, zehn Meistertitel. Und fast jedes Jahr brachten sie ein neues Modell an den Start. Oder zumindest eine stark verbesserte Variante. Ein bisschen anders als in der Vergangenheit ist die Situation in diesem Jahr allerdings schon. Mit Ausnahme des Jahres 2000, als die DTM ihren Neustart hatte und daher acht Autos produziert werden mussten, hat die HWA-Mannschaft immer nur vier neue Autos aufgebaut.

Mercedes mit neuer Silberpfeil-Generation

2012 entstehen wieder acht Rennfahrzeuge auf einen Schlag, denn nach zwölf Jahren hat das alte Reglement ausgedient: Es betritt eine völlig neue Generation von Rennautos die Bühne - mit mehr Gleichteilen, vor allem aber mit nochmals verbesserter Sicherheit. Das neue Regelwerk der DTM war eine schwere Geburt.

"Die Reglementsfindung dauerte fast zwei Jahre", sagt HWA-Technikchef Gerhard Ungar. "Wir verwenden jetzt wesentlich mehr Einheitsbauteile." Aus der Sicht des Technikers mag dies nicht unbedingt das Nonplusultra sein, aber auch Ungar beugt sich ohne zu murren dem Diktat der Vernunft. "Am liebsten hätte ich natürlich die größtmögliche Spielwiese", sagt er. "Aber es war klar, dass der Etat zurückgeschraubt werden musste."

Aus Ungars Sicht sind die verbliebenen Freiräume für die Techniker "absolut ausreichend". Und das trotz vieler Standardteile wie zum Beispiel Monocoque, Getriebe, Heckflügel oder Kardanwelle: Man könne vor allem in den Bereichen Aerodynamik und Radaufhängung noch eine ganze Menge entwickeln.

Schlupflöcher im neuen DTM-Reglement?

Ungar glaubt nicht, dass sich Hintertürchen im Reglement öffnen: "Die ganz großen Geistesblitze gibt's diesbezüglich wahrscheinlich nicht mehr. Aber je öfter man ein Reglement liest, desto mehr Betrachtungsweisen findet man."

Das war auch beim alten Reglement so. Darum müsse man vorsichtig sein mit solchen Prognosen: "Sag niemals nie." Unabdingbar für einen DTM-Profi ist das ständige Hirnen über das Sujet und das zähe Weiterentwickeln. Ungar grinst: "Im Nachhinein fragt man sich als Techniker oft: Warum habe ich das nicht vor zwei Jahren schon so gebaut, wie ich es heute machen würde?"

Zentrales Thema beim Entwickeln eines DTM-Autos ist die Aerodynamik. 40 Tage lang standen 50-Prozent-Modelle des zweitürigen C-Coupé im Windkanal, ehe die optimale Form für die Außenhaut gefunden war. Besonders wichtig: Der Frontsplitter, 2012 ein Einheitsteil, muss funktionieren. Diese Lippe ist für den Abtrieb an der Vorderachse entscheidend.

"Und wer vorne keinen Abtrieb hat, braucht hinten auch keinen mehr", sagt Ungar lakonisch. Soll heißen: Der beste Heckflügel ist nutzlos, wenn der Splitter nicht funktioniert. Oder der Rake nicht stimmt, also der Anstellwinkel des Fahrzeugs um die Querachse. Oder die Bodenfreiheit. Oder, oder, oder.

Keine Durchströmung in der neuen DTM-Generation

Die DTM-Renner für die Jahre 2012 und folgende unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt von ihren Vorgängern: Das Durchströmungskonzept ist passé. "Das Reglement schreibt jetzt eine vertikale Platte vor den Hinterrädern vor", erläutert Ungar. Mit dem Lächeln des Wissenden fügt er hinzu: "Ich glaube, dass das Thema Durchströmung ein bisschen überbewertet wurde."

Wichtiger sei es ohnehin, dass die neuen Autos für herzhafte Zweikämpfe besser gewappnet sind. Ungar: "Im Heckbereich baut man nun weniger filigran. Es war gewünscht, dass die Teile nicht mehr so schnell wegfliegen." Im Sommer 2011 begann man bei HWA mit dem Konstruieren des Autos per CAD-Computer. "In dieser Phase waren 20 Mann damit beschäftigt." Am 12. September 2011 fand der erste Rollout statt. Bis zum Saisonbeginn haben die C-Coupés 30 Testtage hinter sich.

Zeit genug also, um etwaige Problemzonen zu erkennen und auszusortieren. Seit dem 1. März herrscht Ruhe an der Entwicklerfront, was die Aerodynamik angeht. Zu diesem Stichtag musste homologiert werden. Wer jetzt ein ernsthaftes Problem hat, schleppt es das ganze Jahr mit sich herum. Denn erst für 2013 dürfen Aero-Teile wieder modifiziert werden.

Am 28. April gegen 15 Uhr schlägt in Hockenheim die Stunde der Wahrheit für die C-Coupés, die A5 und die M3. Dann ist das erste Qualifikationstraining vorüber, und alle kennen die neue Hackordnung in der DTM. So gut wie sicher ist nur eines: Die Triebwerke werden wohl kaum den Unterschied machen.

BMW mit Motoren-Vorteil?

Die knapp 500 PS starken V8-Saugmotoren mit vier Liter Hubraum gelten als unproblematisch. "In der Leistung unterscheiden sie sich höchstens um ein Prozent", schätzt Ungar. Fünf PS also. "Zum Überholen im Rennen reicht das zwar nicht", sagt er. "Aber auf die Rundenzeit hat das einen gewissen Einfluss."

Einen Unterschied gibt es bei den Aggregaten doch: Mercedes und Audi müssen regelbedingt mit Motoren antreten, die dem Entwicklungsstand von 2009 entsprechen. Damals wurde die Triebwerksentwicklung aus Kostengründen eingefroren. Neueinsteiger BMW hingegen durfte (beziehungsweise musste) seinen V8 neu entwickeln. Ein Vorteil für die Münchner? Ungar zögert mit der Antwort. "Na ja", sagt er. "Sie haben zwar Zugang zu jüngeren Technologien. Auf der anderen Seite fehlt ihnen der Lernprozess im Umgang mit diesem Reglement."

Intelligente Fahrer sind gefragt

In der DTM wird es mehr denn je auf den Fahrer ankommen, glaubt Gerhard Ungar. "Gefragt ist filigrane Fahrtechnik. Wie bremst du? Wann gibst du wo und wie Gas? Hier wird die Zeit geholt. DTM-Fahren ist keine Mutprobe mehr. Es ist nicht mehr so, dass derjenige Fahrer der König ist, der in einer bestimmten Kurve das Gas hat stehen lässt."

Die Aufgabenstellung sei nun anders. Gefragt seien nicht mehr die wilden Hunde, die ihr Herz in beide Hände nehmen, sondern eher nüchterne Analysten. "Der Fahrer muss herausfinden, was das Auto verträgt und was es nicht mehr verträgt", erläutert Ungar. "Die Grundparameter sind gegeben: Gewicht, Reifen, Aerodynamik. Daran muss sich der Fahrer anpassen."

Für überbewertet hält Ungar das in der Vergangenheit oft beschworene Thema "Der korrekte Umgang mit den Hankook-Einheitsreifen". Hier gebe es doch nur zwei Einflussgrößen, wendet er ein: "Parameter eins sind Faktoren wie die Vorheizdauer und der Luftdruck. Hier werden im Team alle gleich behandelt. Der zweite Parameter ist dann: Wie fährt der Fahrer die Aufwärmrunde? Wenn keine Rundenzeit kommt, hat er halt nicht das Richtige gemacht." So einfach ist das in der DTM. Oder auch nicht.

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