LMP1-Regeln ab 2020: Elektro-Fahrt nach Boxenstopp

LMP1-Regeln ab 2020
Elektro-Fahrt nach Boxenstopp

Veröffentlicht am 16.06.2017

Eigentlich sollte alles noch technischer werden. In der LMP1 sollten in Zukunft drei Energierückgewinnungssysteme statt maximal zwei erlaubt sein. Das war der Plan, bevor Audi im vergangenen Jahr seinen Rückzug aus der Sportwagen-WM verkündet hatte. Ein Rückzug, der die Pläne der WEC-Macher über den Haufen warf und sie zum Umdenken bewegte.

Batterie wird während Boxenstopp geladen

In den vergangenen Monaten arbeiteten der Le Mans-Promoter ACO, die FIA und die Hersteller Porsche und Toyota intensiv an der Zukunft der Sportwagen-WM. Das Ergebnis verkündete man am Freitag vor dem 85. 24h-Rennen an der Sarthe. Das Reglement ab 2020, das für vier Jahre halten soll, setzt auf Stabilität, eine einfachere Aerodynamik, Kostenreduktion, mehr Sicherheit und Plug-In-Technologie.

„Das Reglement muss für Hersteller attraktiv bleiben. Wir verstehen uns als Labor für die Zukunft des Autos“, sagt ACO-Chef Pierre Fillon. „Es könnten bald einige Städte nur noch Autos in die Innenstadt lassen, die keine Emissionen verursachen.“ Auch die LMP1-Autos sollen ab 2020 für gewisse Abschnitte ohne Schadstoffausstoß fahren. Beim 24h-Rennen Le Mans müssen die Hightech-Rennwagen in drei Jahren den jeweils ersten Kilometer nach einem Boxenstopp rein elektrisch zurücklegen. Auf dem Leistungsniveau eines Verbrennungsmotors.

Die LMP1-Renner müssen auch leise durch das Ziel surren. Bei etwa 27, 28 Boxenstopps würde man so auf eine rein elektrische Wegstrecke von etwa 30 Kilometern über die 24 Stunden kommen. Die Batterien sollen über Plug-In-Technik während der Boxenstopps gefüllt werden. Die Antriebstechnik bleibt dieselbe: Verbrennungsmotor und maximal zwei Hybridsysteme. An Technologien wie der Brennstoffzelle will man weiter forschen. Hier halten sich die Macher der Sportwagen-WM ein Türchen offen.

Nur noch ein Aerokit in LMP1

Die Aerodynamik wird weiter beschnitten. Seit diesem Jahr ist es LMP1-Herstellern erlaubt, nur noch zwei statt drei Aerokits pro Saison aufzulegen. Ab 2020 dürfen die Teams nur noch ein Aerokit bauen. Damit die LMP1-Rennwagen auf unterschiedlichen Rennstrecken performen, werden Frontsplitter und Heckflügel variabel ausgelegt. Heißt: Auf langsamen Strecken kann der Abtrieb über die Flügeleinstellungen erhöht, auf schnellen Pisten wie Le Mans der Luftwiderstand reduziert werden. Über unterschiedlich konfigurierbare Flaps.

Die Entwicklung am Unterboden schränken die Regeln ebenfalls ein. Die Hersteller sollen nur noch in fest definierten Flächen entwickeln können. Dazu wollen die Regelhüter das Design der vorderen und hinteren Radhäuser vereinfachen. Mit dem Ziel, die Autos zu verlangsamen. 2017 pulverisierte Toyota in 3:14.791 Minuten den bisher bestehenden Pole-Rekord.

Kosten um etwa 10 Prozent gesenkt

Die Fesseln für die Aerodynamik gehen einher mit einer Beschneidung der Anzahl von Motoren und Getriebe pro Saison. Der ACO will die Kosten senken. Ab 2020 sollen die Hersteller über den Winter gemeinsame Tests veranstalten. Private Probefahrten sollen auf ein Minimum gesenkt werden.

Die Hersteller müssen sich über den Winter überwiegend auf einen Fahrzeugbereich konzentrieren, den sie weiterentwickeln wollen. Entweder auf die Antriebseinheit, das Chassis oder die Aerodynamik. Je mehr sich die LMP1-Teams auf einen Bereich stürzen, desto weniger Möglichkeiten haben sie in anderen Bereichen. Die Windkanalzeit wird von aktuell 800 auf maximal 600 Stunden im Jahr heruntergeschraubt. An der Rennstrecke dürfen die Teams nur noch mit 50 statt bislang 65 Mann operieren.

Es heißt, die Kosten werden dadurch um etwa 10 Prozent gesenkt. Bei einem angenommenen Jahresbudget der LMP1-Größen von rund 150 Millionen Euro sprechen wir also von etwa 15 Millionen. Das dürfte allerdings nicht reichen, um etwa Peugeot zu einem Einstieg in die Sportwagen-WM zu bewegen. Die Franzosen waren bei allen technischen Meetings anwesend.

Was macht Porsche?

Bei Porsche zeigt man sich zufrieden. „Für uns war es wichtig, keinen Rückschritt zu gehen. Die neuen Regeln sind die einzige Möglichkeit, das hohe technische Niveau der Serie zu halten“, sagt Porsche-LMP1-Chef Fritz Enzinger. Reichen die Maßnahmen aus, um die über 260 MItarbeiter große Truppe aus Weissach langfristig in der Serie zu halten? „Peugeot würde frühestens 2020/2021 kommen. Wir müssen uns Gedanken machen, ob wir die nächsten Jahre überbrücken wollen. Eine Entscheidung dafür muss relativ schnell fallen.“ Weil die Entwicklung des 919 Hybrid praktisch ausgereizt ist, und Porsche ein neues Konzept angehen müsste.

Auch die Sicherheit steht auf der Agenda. Das Cockpit wächst um 8 Zentimeter in die Höhe und soll außerdem breiter bauen. Die Fahrer bekommen mehr Raum für Kopf- und Beine. Außerdem verschärft man die Crashtests.