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Effizienztechnologien im Motorsport
LMP1-Reglement das bessere F1-Reglement

Inhalt von

Marcus Schurig über die Einführung neuer Effizienztechnologien im Topmotorsport und die Unterschiede bei Akzeptanz und Erfolg in der Formel 1 und im Langstreckensport.

Porsche 919 Hybrid - LMP1 - WEC/Le Mans 2014
Foto: Porsche

Meine prophetischen Gaben scheinen begrenzt zu sein. Als die Formel 1 im Jahr 2009 die Energierückgewinnung über die Bremsen einführte, war ich geneigt, dies als plumpen grünen Anstrich zu werten: Man hatte eben dem Zeitgeist nachgegeben, so wie jemand, der Facebook hasst, aber trotzdem teilnimmt, weil es alle machen. Ein kleiner Verrat an der Sache des Motorsports, der aber nicht dazu angetan war, die Welt zu verändern. Der grüne Motorsport schien bestenfalls ein Modetrend zu sein, zu konträr standen sich die Extreme des Umweltschutzes und die Radikalität des Motorsports gegenüber. Also, sei's drum.

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Signifikant schneller bei weniger Energie

Nun, ich habe mich getäuscht, die Einführung neuer Effizienztechnologien im Spitzenmotorsport hat mich eines Besseren belehrt. Natürlich hat sich der Ansatz verändert: Grüne Technologien sind kein Feigenblatt zur Verteidigung des Sports mehr, sie wurden zu Performance-Tools, mit dem an sich löblichen Ziel, Verbrauch und CO2-Ausstoß zu senken.

In Le Mans hat der Audi-V12-Dieselmotor im Jahr 2008 noch 280 MJ pro Runde verballert, heute fährt sein Nachfolger mit der Hälfte der Zylinder signifikant schneller – und das mit der Hälfte an Energie, nämlich exakt mit 138 MJ pro Runde. Wer da nicht herzlich gratuliert, hat den Schuss wohl nicht gehört.

Freilich ist der Erfolg der Einführung von Effizienztechnologien im Motorsport unterschiedlich ausgefallen. Ich wage zu behaupten, dass der Paradigmenwechsel der Formel 1 mehr geschadet als genützt hat. Ich kann zwar nachvollziehen, dass man den Herstellern eine Bühne für neue Technologien zimmern musste, um sie bei der Stange zu halten. Die Umsetzung hat die Faszination dieser extremsten Spielart des Motorsports aber nicht erhöht, denn die Formel 1 bietet technischen Einheitsbrei – bei den Motoren wie beim Hybridsystem.

LMP1-Reglement ist das bessere F1-Reglement

Vermutlich wären die Formel1-Macher besser beraten gewesen, das akustische Spektakel der Saugmotoren zu erhalten und sie moderat um leistungssteigernde Effizienztechnologien zu ergänzen. Jedenfalls kann ich nicht erkennen, dass die grüne F1-Revolution das Produkt klar verbessert oder – mit Ausnahme von Honda – neue Hersteller angelockt hätte.

Völlig konträr sieht der Befund im Langstreckensport aus: Das LMP1-Reglement ist das bessere F1-Reglement, denn es befeuert den technologischen Wettbewerb und erlaubt unterschiedliche Konzepte, beim Motor ebenso wie beim Hybridsystem oder bei der Energiespeicherung.

Jedenfalls sind die aktuellen LMP1-Wagen die besten und spektakulärsten Prototypen, die wir je hatten, trotz oder wegen der Effizienztechnologien. Toyota protzt mit 1.000 PS, die Rundenzeiten wurden schneller, der Verbrauch sank, und die Vielfalt der technischen Konzepte hat zugenommen. Und obendrein ist der Sport auf der Rennstrecke – wie das WEC-Saisonfinale in São Paulo belegte – schlicht phänomenal gut. Nicht umsonst werfen immer mehr F1-Piloten einen neidischen Blick in die Langstreckenszene – oder denken sogar lautstark über einen Wechsel nach.

Grüner Anstrich kein kalter Kaffee

Wenn es nach den Machern des Le-Mans-Reglements geht, wird die technische Vielfalt in Zukunft sogar noch zunehmen: Biogas oder Wasserstoff, Brennstoffzelle oder CO2-neutrale Kraftstoffe, dazu exotische Konzepte wie der Fünftaktmotor – das ist neben weiteren Verbrauchsreduzierungen beim Verbrennungsmotor alles denkbar, machbar und erwünscht.

Die Einführung von Effizienztechnologien hat dem Motorsport keineswegs geschadet, auch wenn die Erfolge bei der Umsetzung unterschiedlich ausfielen. Man muss kein Prophet sein, um festzuhalten, dass Effizienz das Kernthema im Motorsport bleiben wird. Der grüne Anstrich ist also kein kalter Kaffee.

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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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