Die DTM in Berlin: Das bedeutet Spektakel, Kurioses, aber auch mächtig Schrott. Schon in ihrer ersten Saison 1984 gastierte die damals noch Deutsche Produktionswagen-Meisterschaft genannte Serie in der Hauptstadt. 1995 zog sie dann allerdings den Schlussstrich. Die aus der Zeit gefallenen Sicherheitsvorkehrungen und der tödliche Unfall von STW-Pilot Kieth O’dor machten eine Fortsetzung unmöglich.
Seit 2000 ist nun der Lausitzring der neue Pilgerort für Rennfans aus Berlin und Brandenburg. Obwohl das Tri-Oval samt Infield einige spektakuläre Events sah, ging die Stadtkurs-Melancholie nie so richtig weg. Eine neue Initiative könnte das eigentlich für unmöglich gehaltene Comeback doch zur Realität werden lassen. Jedoch nicht auf der AVUS – die ist mittlerweile zu stark in das Berliner Straßennetz integriert, um für PS-Spaß gesperrt zu werden.
Die Lösung liegt rund zehn Kilometer östlich und erfreut sich im Motorsport bereits bester Bekanntheit: Auf dem Vorplatz des Tempelhofer Feldes finden bis auf eine Ausnahme alljährlich Formel-E-Rennen statt. Die erste Elektro-Schlacht gewann in der Debütsaison 2014/2015 Jérôme D’Ambrosio – heutiger stellvertretender Teamchef der Scuderia Ferrari.

Die Formel E gastiert schon seit 2015 in der deutschen Hauptstadt. Es ist das traditionsreichste Event der Elektro-WM.
Politische Unterstützung, pragmatische Ideen
Der ADAC als DTM-Ausrichter befindet sich im Austausch mit dem örtlichen Veranstalter und fand in der Berliner CDU-Fraktion einen lautstarken Unterstützer. Am 6. Juli verabschiedete sie einen Beschluss hierzu, der öffentlich vorliegt. Unter dem Motto "Tempelhofer Feld als Leuchtturm für den Motorsport mit Formel E und DTM" stellen die Politiker ihre Ideen vor. Das Fazit lautet: "Berlin kann DTM! Die CDU-Fraktion Berlin freut sich darauf, diese Idee gemeinsam mit Partnern, der Sportwelt und den Berlinerinnen und Berlinern Wirklichkeit werden zu lassen."
Kern des Vorhabens ist es, die Ressourcen, welche eh für die Formel E gebraucht werden, effizienter einzusetzen. Besonders beim Aufbau der Strecke und der TV-Produktion können etliche Synergien genutzt werden. Die wahrscheinlichste Lösung würden zwei voneinander getrennte Wochenenden sein, da sensible Themen wie unterschiedliche Sponsor-Werbungen nur schwer zu vereinbaren sind.
Obwohl nach der Veröffentlichung vielfach der Politik die Initiative zugeschrieben wurde, betont der ADAC, dass es grundsätzlich sein Plan ist. "Wir möchten die DTM zurück nach Berlin bringen. Eine DTM mit einem nachhaltigen und synthetischen Kraftstoff wäre in Tempelhof eine optimale Ergänzung für die elektrische Formel E. Es ist positiv, dass diese Argumente auch die Politik überzeugen." Eine treibende Kraft ist der gebürtige ADAC-Technikpräsident und Berliner Karsten Schulze.

Durch den Norisring haben die DTM-Stars Stadtkenntnisse. Tempelhof ginge parallel aber auch als Flugplatzkurs durch – was ebenfalls perfekt zur DTM-Historie passt.
Wie stehen die Chancen?
Vorneweg gesagt: Ganz so schnell wird es wohl nicht gehen. Das Projekt befindet sich auch noch in der Findungsphase. Jedoch kommen zukünftig einige positive Entwicklungen zusammen. Ab dem Jahr 2027 setzt die Formel E eine neue Auto-Generation ein, die bis zu 600 Kilowatt Leistung besitzen wird und temporär auf Formel-2-Niveau fahren kann. Das erfordert umfangreichere Anpassungen der bisherigen Strecken. Infolgedessen steigen die Kosten, was eine Beteiligung der DTM durchaus attraktiv erscheinen lässt.
Da für die Organisation des am kommenden Wochenende stattfindenden Formel-E-Doppellaufs (12./13. Juli) bereits auf ADAC-Know-how zurückgegriffen wird, sind die Wege in Berlin zudem kurz. Der klimafreundliche Sprit der DTM, nachhaltigere Pirelli-Reifen und Aktionen gegen Plastik dürften weitere gute Argumente für eine vermarktbare Zusammenarbeit liefern.
Abschließend seien noch die Fans des Lausitzrings beruhigt. Ein DTM-Sprecher erklärte, dass trotz der räumlichen Nähe keine Gefahr für den Rundkurs bestehe. Dieser sei dank guter Verkaufszahlen und eines vollen Camping-Areals wichtiger Bestandteil des Kalenders. Sollte der Traum eines neuen Stadtabenteuers wahr werden, haben die Fans aus der Region also gleich doppelt gewonnen.