Sie gehen zum zweiten Mal als amtierender Meister in die Saison. Wie groß ist das Selbstvertrauen?
Scheider: Man kann schon sagen, dass nach dem zweiten Titel die Selbstsicherheit ein Stück gewachsen ist. Aber ich weiß nur zu gut, wie hart die DTM ist. Demzufolge bedeutet das für den Erfolg nicht wirklich viel. Außer, dass man bei verschiedenen Entscheidungen, die man Rennwochenende für Rennwochenende neu finden muss, schneller und direkter auf den Punkt kommt.
Haben Sie das Gefühl, man bringt Ihnen mehr Respekt entgegen?
Scheider: Man merkte am gesamten Umfeld, dass mehr Respekt da war und er gewachsen ist in den letzten beiden Jahren. Wenn man den Titel bestätigt, ist das eine ganz andere Geschichte, als wenn man den Titel einmal gewinnt. Wenn man das gleich in Folge schafft, ist das etwas Besonderes. Das hat man mir auch gezeigt, das ist sehr positiv bei mir angekommen.
Gibt es trotz Ihrer Erfolgswelle noch etwas, das Sie von Ihren Teamkollegen lernen können?
Scheider: Es gibt immer wieder Situationen, in denen man von anderen Menschen lernen kann. Es gibt immer Leute, die irgendetwas besser machen, als man selbst. Ich hoffe, dass ich im Leben noch eine ganze Menge lernen werde und viele Leute kennenlerne, die mir weiterhelfen können im Leben und umgekehrt.
Sie haben mit Oliver Jarvis einen neuen Teamkollegen bei Abt. Was trauen Sie ihm zu?
Scheider: Oliver ist ein sehr hungriger und cooler Typ. Ich bin sehr froh, dass er es geworden ist. Er macht einen sehr offenen und ehrlichen Eindruck. Was die Performance angeht, hat er im Vorjahresauto gezeigt, was er kann. Jetzt kommt es darauf an, dass er es im aktuellen Auto umsetzt und am Rennwochenende zeigen kann. Ich traue ihm alles Mögliche zu und habe höchsten Respekt vor meinen Teamkollegen generell, demzufolge auch vor Oli.
Welche Erkenntnisse haben Sie bei den Testfahrten gewonnen?
Scheider: Die Erkenntnisse sind darauf beschränkt gewesen, sich auf die neue Strecke einzustellen und das Set-up mit den neuen Reifen und dem Asphalt abzustimmen. Wir haben das zweite Rennen der Saison in Valencia. Von daher war es sehr wichtig, viele Set-up Kombinationen durchzuprobieren. Das ging mal in die richtige, mal in die falsche Richtung. Das war ein sehr wertvoller Test für uns und ich habe mich auf Anhieb wieder im Auto wohlgefühlt.
Kommt die Strecke denn dem Audi entgegen?
Scheider: Mit Prognosen zwischen den beiden Herstellern ist es immer schwieriger geworden, weil sich beide weiterentwickelt haben. Aber Valencia ist eine Strecke, auf der es generell schwierig sein wird, eine perfekte Runde zu treffen. Mit den verschiedenen Passagen, mal bergab, bergauf, mit blinden Kuppen und mit Scheiteln die hinter einer Kuppe liegen, hat man Faktoren, die einen Fehler mit sich bringen könnten. Da wäre ich vorsichtig, jemanden zu favorisieren. Ich glaube, da kommt es mehr darauf an, perfekte Runden zu treffen.
Hat sich denn überhaupt was trotz der Einfrierung der Technik geändert? Gibt es trotzdem Details, außer den Standards, die geändert werden?
Scheider: Die Autos sind, was unsere Erfahrung betrifft, natürlich schon sehr weit nach einer gewissen Zeit. Es gibt immer wieder andere äußere Umstände wie Gripverhältnisse der verschiedenen Strecken oder Außentemperaturen, die das ganze Thema wieder beeinflussen. Das bedeutet, dass das was gestern funktioniert hat nicht auch am nächsten Tag wieder funktioniert. Demzufolge gibt es an einem Rennauto stets Arbeit und man kann immer versuchen, das Set-up noch perfekter zu machen.
Und welche Möglichkeiten gibt es da?
Scheider: Wir haben nach wie vor die gleichen Möglichkeiten, z.B. unsere Stabilisatoren auf der Vorder- und Hinterachse, Dämpfer- und Federeinstellmöglichkeiten, die Fahrzeughöhe vorne und hinten, die Flügel auf der Hinterachse, die aerodynamischen Teile am Unterboden beziehungsweise am Heckflügel und an der Front des Autos. Dann gibt es noch die Getriebeübersetzung und das Differenzial. Wir haben viele Möglichkeiten das Auto von der Balance und der Abstimmung her zu ändern. Der Kreis, der es am Ende ausmacht, ein perfektes Auto zu haben, ist kleiner geworden - weil wir das Reglement eingefroren haben. Wir haben jetzt mehr Kenntnisse von dem Auto, weil wir es schon länger fahren. Aber das Wichtigste ist, dass es dem Sport keinen Abbruch tut. Deshalb war es für mich auch die richtige Entscheidung das Reglement einzufrieren. Ich glaube, zu einem guten Zeitpunkt. Ich bin sicher, dass wir eine noch engere Meisterschaft bekommen, als wir jemals hatten.
Welchen Eindruck haben Sie von den neuen Reifen?
Scheider: Die Reifen an der Hinterachse unterscheiden sich von den Reifen aus dem vergangenen Jahr. Die Flanke des Reifens macht einen stabileren Eindruck und hat weniger Bewegung in sich, weil sie steifer wirkt. Das ist etwas, was mir ein bisschen entgegenkommt, weil ich jemand bin, der eine gute Hinterachse im Rennauto braucht, um schnell zu sein.
Was wird im Titelkampf entscheidend, wo doch alle Autos nun auf dem Stand des vergangenen Jahres sind?
Scheider: Es wird sicher enger, weil die Autos von beiden Herstellern besser verstanden werden. Wenn das so verabschiedet wird, dass die fünf Kilogramm bei den Vorjahresfahrzeugen rauskommen, dann werden sie viel öfter eine Gefahr werden, als sie bereits waren. Es wird wieder zählen, von Anfang an soviel wie möglich Punkte zu sammeln. Dieses Jahr sind noch viel mehr Kandidaten ein Thema für den Titel.
Was entgegnen Sie Leuten, die sagen, es wird ohnehin alles genauso wie im vergangenen Jahr?
Scheider: Die Entwicklung der beiden Hersteller in Sachen Leistungsdichte am Saisonende zeigt, dass es extrem spannend weitergeht. Am Anfang war es noch ein bisschen unterschiedlich und streckenabhängig. Aber Ende 2009 wurde es dann plötzlich ganz ganz eng. Dass noch einmal fünf Kilos bei den Vorjahreswagen raus sind, lässt uns in den aktuellen Autos darüber nachdenken, wo die Vorjahresautos stärker sein werden.
Haben Sie sich denn ein Ziel gesetzt? Ich nehme an, es lautet Titelverteidigung?
Scheider: Als zweifacher Meister gibt es kein anderes Ziel. Aber ich kenne die DTM zu gut und habe alle Höhen aber auch schon viel mehr Tiefen mitgemacht. Deswegen weiß ich, wie vorsichtig man sein muss. Ich freue mich einfach nur auf die Meisterschaft. Aber Fakt ist Titelverteidigung Nummer zwei.
Neben der DTM dreht sich bei Ihnen momentan auch noch viel um Ihr Kart-Team. Wie ist der Stand der Dinge?
Scheider: Bei unserem Race-4-Kids in Kühtai hatte ich die Teampräsentation meiner sechs Fahrer. Ich habe sie zum ersten Mal mit ihren Outfits und ihren Helmen auflaufen sehen. Da hatte ich wirklich Gänsehaut. Das erste Mal auf der anderen Seite des Motorsports zu stehen, hat mich sehr stolz gemacht. Über die Osterfeiertage liefen die ersten Testfahrten. Man sieht hier die Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel. Es macht mich stolz, dass ich Nachwuchsfahrer habe, männlich wie weiblich, die das Konzept gut finden. Ich hoffe, dass ich ihnen die richtigen Tipps mit auf den Weg geben kann. Das ganze geht natürlich nur mit den richtigen Partnern und da hat Nintendo als Hauptsponsor meines Kart-Teams einen großen Teil dazu beigetragen.
Sind Sie auch bei den Rennen dabei?
Scheider: Ich möchte bei allen Rennen dabei sein, bei denen ich nicht selbst DTM-Rennen fahre. Das ist eine Leidenschaft, die nie weg gewesen ist. Kart fahren war der Grundstein meiner Karriere und es war immer ein Wunschtraum, mal ein eigenes Kart-Team zu besitzen. Jetzt habe ich es geschafft und freue mich riesig auf die Herausforderung. Es ist mit Sicherheit eine Menge Arbeit, die dahinter steckt, aber ich glaube, ich habe die richtigen Leute zusammen, die das mit mir voranbringen können.