Nach dem Unfall des Dacia Logan des Teams "Ollis Garage" beim 24h-Rennen Nürburgring kochten die Emotionen in den sozialen Medien hoch. Im TV war nichts zum Unfallhergang zu sehen und trotzdem meinten einige, der Dacia habe auf der Nordschleife inmitten der GT3-Renner nichts mehr zu suchen. Das sehen die unzähligen Fans der kleinen Mannschaft, für die solche Rennzwerge und das Herzblut wie das der Teamchefs Sabine und Oliver Kriese das Salz in der Suppe sind, natürlich ganz anders.
Tatsächlich gab es keine Strafe für den Unfall zwischen dem Dacia Logan und dem Walkenhorst-Aston Martin. Der Unfall sollte bei der Diskussion also zunächst einmal außen vorgelassen werden. Generell ist die Frage aber durchaus berechtigt, ob es sich das 24h-Rennen Nürburgring leisten kann, sowohl diese kleinen Autos wie Mini, Dacia Logan und VW Beetle als auch die GT3-Autos teilnehmen zu lassen.
Es ist das, was das 24h-Rennen Nürburgring seit jeher ausmacht. Groß gegen Klein. David gegen Goliath. Besonders in diesem Punkt hebt sich der Nordschleifen-Marathon von anderen 24h-Klassikern wie Le Mans, Daytona und Spa ab. Und viele Fans pilgern genau aus diesem Grund Jahr für Jahr in die Eifel – auch zur Nürburgring Langstrecken-Serie.
Motorsport für "Normalos"
Schließlich zeigen diese liebevoll bezeichneten "Garagen-Teams" den Zuschauern, die nicht mal eben einen der drei Supersportwagen aus der Garage holen, dass auch Normalos ihre Träume vom Rennfahrerdasein verwirklichen können. Und dass es mithilfe von Sponsoren, freiwilligen Helfern und Spenden der Fans möglich sein kann, Motorsport auf diesem Level zu betreiben.

Auch hinter den Kulissen von "Ollis Garage" geht es bodenständig zu.
Bestes Beispiel ist einer der Fahrer auf dem Dacia. Martin Kaffka kamen die Tränen, als er das Auto zum Adenauer Racing Day fahren durfte. Er selbst machte Schritt für Schritt seine Rennlizenz und seine Nordschleifen-Permit, nachdem er nach dem Unfall im Jahr 2023 seine Hilfe bei der Folierung des Dacias angeboten hatte. Teamgeist und Zusammenhalt werden groß geschrieben – auch nach dem Unfall, bei dem er nun am Steuer saß.
Beide haben Daseinsberechtigung
Natürlich sind die GT3-Renner nicht wegzudenken. Sie verleihen dem 24h-Rennen Nürburgring einen gewissen Status – auch auf der internationalen Bühne. Die Profi-Teams operieren auf einem ganz anderen Level, was ebenfalls eine gewisse Faszination besitzt. Hier liegt die Begeisterung aber eher darin, auf welchem Niveau und mit welchen Profi-Fahrern diese imposanten Autos eingesetzt werden.
Sprich: Beide haben ihre Daseinsberechtigung. Bei der Diskussion um die Geschwindigkeitsunterschiede darf man auch nicht nur den 280 PS starken Dacia in Betracht ziehen, sondern auch alle anderen langsameren Autos. Zwar liegt der Logan mit einer Rundenzeit von rund 11 Minuten am Ende des Feldes, aber es gibt auch BMW 330i und 325i, die mit Zeiten um die 10.30 Minuten unterwegs sind. Zum Vergleich: Die GT3-Renner fahren um die 8.10 Minuten.
Fahrer sind der Knackpunkt
Der eigentliche Knackpunkt sind nicht die Geschwindigkeitsunterschiede, sondern das, was sich zwischen Lenkrad und Sitz befindet: die Fahrer. Dem stimmen viele erfahrene Nordschleifen-Profis zu. Es hilft nichts, in einem stärker motorisierten Cup-Elfer zu sitzen, nur weil man es sich leisten kann, aber trotzdem nur einmal im Jahr das 24h-Rennen zu fahren und damit kaum Erfahrung beim Lesen des Verkehrs zu haben.
Denn am Ende geht es bei der Vermeidung von Unfällen vor allem um eine Qualität: So gut in Übung zu sein, dass das Fahren an sich so leicht von der Hand geht, dass man noch Kapazitäten frei hat, um die Situation um einen herum zu deuten und die Übersicht zu behalten. Und hier gilt, was in jedem Sport gilt: Übung macht den Meister.
Abgesehen davon ließe sich das Thema David vs. Goliath auch anders lösen. Beim 24h-Rennen Spa, das an diesem Wochenende stattfindet, gibt es eine eiserne Regel: Der Profi muss immer auf den Amateur-Fahrer achten – tut er das nicht, ist im Zweifelsfall der Profi schuld. Zwar sind bei diesem Langstreckenrennen die GT3-Renner unter sich, trotzdem könnte man darüber nachdenken, diese Regel auch auf der Nordschleife anzuwenden.