Super GT als bessere DTM? Class One steht zu 95 Prozent

Super GT als bessere DTM?
Class One steht zu 95 Prozent

Zuletzt aktualisiert am 08.05.2018

Es sind zwei ungleiche Partner. Die Zukunft der DTM ist ungewiss. Mercedes verabschiedet sich 2019, Audi und BMW murren. Für sie sind zwei Hersteller mindestens einer zu wenig. Serienboss Gerhard Berger läuft die Zeit davon. Sein Notplan muss bald stehen, um Audi und BMW zu besänftigen. Ansonsten droht der Kollaps. Immerhin war der Saisonstart in Hockenheim Werbung für eine angeschlagene Rennserie.

Anders sieht es in Japan aus. In der Super GT engagieren sich die großen Drei. Toyota, Nissan und Honda pumpen Unsummen in den Sport. Michelin, Bridgestone, Yokohama und Dunlop führen einen Reifenkrieg. Alle Teilnehmer sehen die Super GT als Spielfeld, technische Entwicklungen aufzuspüren und voranzutreiben. Die Autos der GT500-Topklasse sind komplex, was man ihnen auch ansieht. Details gibt es in unserer Fotoshow. Und sie sind schnell. Ein paar Sekunden schneller als ihre DTM-Pendants. Und nur wenige Sekunden langsamer als zum Beispiel ein LMP1-Auto. Die Pole-Zeit beim zweiten Saisonlauf in Fuji von 1:27,904 Minuten lag nur 4,4 Sekunden über der Marke der LMP1-Riesen von 2016 auf gleicher Strecke.

Angeblich besteht weitgehend Einigkeit

Die japanische Rennserie, die sieben ihrer acht Läufe im Mutterland austrägt, und einmal im Jahr nach Thailand expandiert, kooperiert seit 2012 mit der DTM. Mit dem in der Öffentlichkeit kommunizierten Ziel, ein einheitliches Reglement aufzulegen, das gemeinsame Rennen erlaubt, die Kosten drückt und die Sicherheit verbessert. DTM-Ex-Boss Hans-Werner Aufrecht hatte den Kooperationsvertrag im Oktober 2012 als „Meilenstein der Motorsportgeschichte“ gefeiert. Seit 2014 nähern sich DTM und Super GT technisch an. Es gibt einen Katalog an Gleichteilen. Die unter anderem wären: Monocoque, Überrollstruktur, Crashstruktur (vorn, seitlich, hinten), Getriebeölkühler, Antriebswellen, Pneumatik-Schaltsystem, Bremse, Lenkung, Dämpfer, Luftheber, Skipad-Rahmen, Reifenluftdruck-Kontrollsystem. Und weitere. Auch das Getriebe gleicht sich, wenn auch andere Übersetzungen gefahren werden.

Doch noch immer gibt es gravierende Unterschiede. Der offensichtlichste ist der Motor. In Japan fahren sie seit 2014 mit einem Vierzylinder-Turbo, der zwei Liter Hubraum fasst. Inoffiziell leistet der mehr als 650 PS. Die japanischen Hersteller hätten ihn auch ohne die Kooperation mit der deutschen Tourenwagenrennserie eingeführt. Die Super GT besteht darauf, dass die Entscheidung darüber schon vor den abgeschlossenen Verträgen gefallen war. Die DTM-Autos treibt weiter ein V8-Saugmotor an. Eigentlich wollte man schon 2017 auf die Turbo-Triebwerke umsatteln. Doch Mercedes blockierte. 2019 soll es endlich soweit sein.

Nissan GT-R - Super GT
ams

Das ist ein unabdingbarer Schritt, um das Class-One-Reglement auch wirklich aufzusetzen. Laut Super GT-Chef Masaaki Bandoh befinden sich die Verhandlungen dazu auf der Zielgeraden. „Wir sind uns zu 95 Prozent einig. Bei den letzten fünf Prozent geht es um Details zum Motor und mögliche Fahrzeugmodelle für die Zukunft. Da diskutieren wir mit der ITR noch über die festgeschriebene Fahrzeughöhe, die Position der A-Säule und die des Überrollbügels. Da müssen wir Anpassungen vornehmen, damit auch neue Fahrzeugmodelle homologiert werden können.“ Neue Modelle sind ein gutes Stichwort: Honda würde zum Beispiel ein neues Basismodell benötigen, sofern man unter den Class-One-Regeln fahren möchte. Im NSX sitzt der Turbomotor hinter der Fahrgastzelle. Die Class One erlaubt keine Mittelmotorautos. Sondern nur Autos mit Frontmotor. Honda winkt ab: „Aktuell haben wir keine Absichten vom NSX wegzugehen.“

Zwei Showrennen für 2019 geplant

Die Demonstrationsfahrten in Hockenheim 2017 und den Gegenbesuch der DTM in Motegi/Japan werteten beide Partner als Erfolg. 2019 soll es die ersten Schaurennen geben. „Eine Entscheidung fällt spätestens im Juni“, sagt Bandoh. In der Diskussion steht ein Rennen im November 2019 in Fuji. Weil es die Strecke im Super GT-Kalender ist mit der besten Infrastruktur. In Deutschland soll danach ein Exhibition Race in Hockenheim ausgetragen werden.

Damit die Autos der Super GT ihren DTM-Pendants nicht davon brausen, soll es eine Art Balance of Performance geben. Wie die aussieht, wird noch ausgeknobelt. Und es soll mit einem Einheitsreifen gefahren werden. Ansonsten würden die Super GT-Autos mit ihren deutlich klebrigeren Reifen einen gewaltigen Gripvorteil gegenüber den DTM-Rennern mit ihren Hankook-Reifen haben.

Super GT - Fuji 2018 - Race Queens
GTA

Ein Interesse der Japaner, irgendwann vielleicht einmal selbst in der DTM zu fahren, scheint es nicht zu geben. Warum auch: Japanische Hersteller führen auf dem deutschen Markt ein Statisten-Dasein. Warum also Millionen ausgeben? Vielmehr scheinen die Japaner die DTM-Verbindungen ausnutzen zu wollen, um die eigene Rennserie stärker ins Rampenlicht zu rücken und zu promoten. Showrennen würden da schon helfen. Die Grundpfeiler ihrer Rennserie will die Super GT ohnehin nicht verrücken. Die Hersteller sollen weiter Freiheiten bei der Aerodynamik-, Fahrwerks- und der Motorenentwicklung genießen. An einen Einheitsreifen denkt man nicht einmal im Traum. „Wir haben eine starke Reifenindustrie in Japan. Warum sollten wir den Reifenproduzenten nicht die Plattform geben?“, sagt Bandoh. Ein Nissan-Vertreter meint: „Die Super GT wird immer einen gewissen Grad ihrer Einzigartigkeit beibehalten. Wir haben unsere DNA. Die DTM ihre.“ Was nichts Anderes heißt, als dass es auch in Zukunft zwei getrennte Serien geben wird.

In der Super GT werden sie auch nicht müde, die Unterschiede zwischen beiden Serien aufzuzeigen und zu betonen. „Die deutschen Hersteller nutzen die DTM als Marketing-Plattform. Für uns zählt der technologische Aspekt. Und wir wollen, dass die Rennen über verschiedene Faktoren bestimmt und entschieden werden: Technik, Fahrer, Team, Reifen, Taktik, Nachtanken usw.“ Wie sollen diese beiden Motorsportphilosophien wirklich zusammenwachsen? Und was macht die Class One für einen Sinn, wenn die japanischen Hersteller nicht in die DTM kommen und umgekehrt? Gemeinsame Rennen, die über den Showcharakter hinausgehen, müssten schließlich finanziert werden.

In unserer Fotoshow zeigen wir Ihnen die drei Autos der GT500-Topklasse der Super GT: Lexus LC500, Nissan GT-R und Honda NSX GT.