Die 24 Stunden von Le Mans 2018 werden in die Geschichte eingehen. Weil Toyota endlich das Monster besiegte, das die Japaner in 19 Anläufen zuvor gequält hatte. Weil Fernando Alonso seinem Traum von der Triple Crown des Motorsports näher gekommen ist. Den GP Monaco hat der Spanier zweimal gewonnen. Le Mans ist abgehakt. Zwei Drittel der Mission erledigt. Es fehlt noch der Sieg beim Indy 500. Ansonsten hat uns Le Mans nicht vom Hocker gerissen. So ehrlich muss man sein. Toyota war dafür zu überlegen.
Party-Volk in Arnage
Doch die 24h von Le Mans sind weit mehr als nur ein Autorennen. Es ist eine Party, die mit der technischen Abnahme der Autos eine Woche vor dem Rennen startet und erst mit der Zielflagge vorbei ist. Sollten Sie Le Mans noch nie besucht haben, es aber vorhaben, ist Arnage ein Pflichttermin. Hier erleben Sie, was Le Mans heißt und warum es auch 2018 über 256.000 Menschen in seinen Bann gezogen hat. Arnage ist eine typische französische Gemeinde. Sie zählt etwas mehr als 5.000 Einwohner. Wir sitzen am Freitagabend in einem Restaurant direkt an der Hauptstraße unter einem Zeltdach.

Was neben uns auf zwei Spuren abgeht, muss man erlebt haben. Die Hauptstraße verwandelt sich in einen automobilen Laufsteg. Ferrari F12, Nissan GT-R Nismo, Porsche 911 GT3, Ford Shelby Mustang GT500, Mercedes-Benz 250 SL, Radical: Die Fans belagern den Kreisverkehr und bewaffnen sich mit Handys und Digitalkameras. In den Restaurants und am Straßenrand werden die Fahrer angestachelt. Die Fans grölen, heben die Arme, animieren: Sie wollen die Motoren hören. Sie wollen Burnouts und Launch-Control-Starts sehen. Selbst die Gendarmerie wird angefeuert. Die Gesetzeshüter drücken in den meisten Fällen ein Auge zu. Solange die Fahrer keine Unfälle bauen.
Journalisten-Kollege Gregor Messer brüllt über die Straße. Der Fahrer des 640 PS starken Lamborghini Huracán Performante Spyder solle doch bitte für ein Foto anhalten. „Stop“. Der Mann mit Lamborghini-Schirmmütze blickt nach links, sieht uns und tritt die Bremse. Sofort stoppt die Carbon-Keramikbremsanlage den offenen Supersportwagen mit V10-Saugmotor. Klick, das Bild ist auf der Speicherkarte.
Supersportwagen und Klassiker fluten die Parkplätze rund um die 13,626 Kilometer lange Strecke. Viele Parkplätze sind kostenlos. Gut so. Le Mans achtet auch auf den kleinen Mann. Die Besitzer von Ferrari 365 GTB/4 Daytona, Jaguar E-Type, Mercedes-Benz 190 SL würde es nicht jucken, 20 Euro pro Tag an Parkgebühr zu blechen.
Le Mans, das ist die große Spielwiese der Engländer. Sie lieben den Klassiker zweimal um die Uhr. Und reisen in Morgan Roadster, Lotus Elise, Caterham Seven, Austin Healey 3000 und wie sie alle heißen an die Sarthe. Auf den Parkplätzen verteilen sich Glasscherben. Sie sind überall. Es tut schon weh beim Zusehen. Der Nürburgring ist Hausmannskost. Einen Ferrari 488 GTB oder Lotus Seven S4 zwischen Wohnwagen und Zelt sieht man nur in Le Mans. Nebeneinander parken zwei Lamborghini Aventador SV, ein Aston Martin Vanquish S, zwei Porsche, ein McLaren 720S und ein Audi RS6. Dazwischen verirrt sich ein Seat Leon. Auch das ist Le Mans.