Ferrari 512 M Auktion: Porsche-Jäger zum Hammer-Preis

Ferrari 512 M aus Steve-McQueen-Film
Porsche-917-Jäger mit Hammer-Preis

Veröffentlicht am 03.02.2025

Enzo Ferrari war erbost. Als "Il Commendatore" von der Entscheidung des Automobil-Weltverbands erfuhr, das Reglement für das 24h-Rennen in Le Mans umzuwerfen, stellte er sein Prototypen-Programm ein und griff zum Äußersten: Das Werksteam boykottierte 1968 den Klassiker an der Sarthe. Basta!

Im Mittelpunkt des Streits standen reformierte Hubraum-Vorgaben. Offiziell von Sicherheitssorgen ergriffen, befanden die Regelhüter, dass die Spitzenautos (Gruppe 6) nur noch kleinere Drei-Liter-Aggregate benutzen sollen. Zu diesem Zeitpunkt tobte in Frankreich das Erzduell zwischen den Ford GT40 und Ferraris P-Serien-Evolutionen.

Übersetzt in Sound bedeutete dies: basslastiges 7-Liter-V8-Donnern vs. orchestrale 4-Liter-V12. Sowohl das mächtige blaue Oval als auch die rote Manufaktur hätten durch ihre parallelen Formel-1-Engagements die Basis für das Downsizing gehabt. Nur scheiterte es jeweils an der Bereitschaft. Ein Ausweg in Richtung mehr Hubraum wäre grundsätzlich die Gruppe 4 gewesen.

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Politischer Zoff und Porsches Regelzauber

In dieser Klasse hätte Ferrari zwar weiter große Motoren-Geschütze auffahren können, aber die anfängliche Regelfassung wies wegen des obligatorischen Straßenbezugs eine Homologations-Hürde von 50 Autos auf. Der schon damals mythischen Italo-Marke fehlte für solche Späße aber schlicht die Kohle. Zudem erkannte Enzo Ferrari in diesem Umstand den Versuch, vermögenden Konzernen eine Regellücke zu öffnen.

Schnell merkten die Großkopferten aus Paris, dass ihre Anbiederungsversuche an neue Hersteller wenig Erfolg brachten. Bis auf die heimischen Hersteller Matra und Renault-Alpine fiel das Interesse flach. Weder die Hubraum-Brücke zur Formel 1 noch Enzos These ebneten zunächst den Weg für Neulinge. Deswegen wurden in der Gruppe 4, die ab 1970 als Gruppe 5 firmieren sollte, aus den übermächtigen 50 mit Hängen und Würgen erreichbare 25 Autos für die Homologation. Formell wollte man so Stangenware von beispielsweise Lola oder McLaren samt simpler V8-Technik anlocken.

Porsche, zu diesem Zeitpunkt fernab vom Status eines Weltunternehmens, erkannte darin sofort die Chance für einen kreativen Neubau. In Zuffenhausen schuf man mit dem 917 nicht nur den ersten Porsche-Gesamtsieger, sondern einen der legendärsten Rennwagen aller Zeiten. In seinem Debütjahr 1969 folgte ihm allerdings noch der Ruf eines fahrenden Sargs.

Verspätete Antwort mit Schockmoment

Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, wie Enzo Ferrari gleichzeitig angesäuert und ambitioniert auf das Stuttgarter Projekt reagierte. Dank einer Geldspritze des neuen Anteilseigners Fiat waren schließlich die Mittel für eine Antwort da. Sie bekam den Namen 512 S verpasst und lieferte dank 5-Liter-V12 den Auto-gewordenen Mittelfinger in Richtung der Offiziellen. Ordentliche 550 PS katapultierte die erste Ausbaustufe auf den Asphalt. Dazu hatte der Renner wie sein deutscher Rivale Leichtbau als Maxime.

Aufgrund der extrem kurzen Vorbereitungszeit von drei Monaten wählte das Team unter Leitung von Ferrari-Legende Mauro Forghieri einige Konstanten. Das begann beim Leichtmetall-V12-Konzept, setzte sich beim Rohrrahmen auf P4/612-Basis fort und endete optisch bei Anleihen des Can-Am-Projekts. Giacomo Caliri zeichnete sich für die Karosserie verantwortlich und sparte durch Polycarbonat Gewicht. Eine geschlossene und eine offene Variante sollten alle Reglements-Abwandlungen abdecken.

Die Geschichte des 512 S startete furios. Bei den 24 Stunden von Daytona 1970 feierte er nicht nur sein Debüt, sondern bekam durch die Kurzheck-Version des Porsche 917 direkt einen neuen Rivalen vorgesetzt. Erwartbare technische Probleme mündeten in 48 Runden Rückstand auf den siegreichen John-Wyer-Porsche. Was sich wie eine brutale Klatsche liest, wird in Relation einfacher zu verstehen: Der 917K erhöhte durch eine tadellose Fahrt den damaligen Distanzrekord um über 280 Kilometer. Er sollte bis 1987 Bestand haben.

RM-Sotheby's-Auktion - Ferrari 512 M (1970/1971) - Le Mans
RM Sotheby's

Der doppelte Steve McQueen

Wenige Wochen später klappte die Revanche in einem aus diversen Gründen historischen Rennen. Dank der Teilnahme von Hollywood-Star Steve McQueen schaute die ganze Welt auf die 12 Stunden von Sebring. McQueen teilte sich mit dem ebenfalls hinreichend bekannten F1-Piloten Peter Revson einen Porsche 908/02. Sportlich setzte zunächst ein Ferrari 512 S die Schlagzeilen – Mario Andretti holte in Nummer 19 die Pole-Position. Reifenschäden und Technik-Ärger auf dem anspruchsvollen Kurs mischten das Feld im Rennen fleißig und dramatisch durch.

Im nächtlichen Schlussspurt sprach alles für den nächsten Porsche-Erfolg. Das 917K-Trio Kinnunen/Rodríguez/Siffert führte vor dem 908-Duo McQueen/Revson. Ferrari-Teammanager Forghieri wollte aber nicht kampflos untergehen und beorderte den Pole-Mann in die Nummer 21 von Giunti/Vaccarella. Der Indy-500-Star Andretti setzte das Vertrauen in eine wilde Aufholjagd um. Noch bevor er den 917K erreichte, fing selbigen schon das Schicksal ab: Wie der Schwester-917K hatte er einen Aufhängungsschaden zu beklagen.

Andretti überholte fix Revson, doch fiel nach einem Sprit-Notfallstopp wieder hinter diesen zurück. Auf den letzten Meilen rückte der spätere Formel-1-Weltmeister die Story gerade. Dem Vernehmen nach wäre Andretti extrem sauer über einen McQueen-Sieg gewesen. Nicht, weil er ihn nicht mochte. Er fand, dass die Presse Revson ausschlaggebende Leistung übersehen hatte bzw. wollte. McQueens harsche Niederlage spielte womöglich eine gewisse Rolle hinsichtlich des Drehbuchs für "Le Mans".

RM-Sotheby's-Auktion - Ferrari 512 M (1970/1971) - Le Mans
Motorsport Images

Chassis 1030 betritt die Bühne

Und damit wären wir nun endlich bei unserem Auktionshelden angekommen. Die Chassis-Nummer 1030 gehörte den 17 von 25 Autos an, die bei der Homologation wirklich fahrfertig gewesen sind. Im Frühjahr wurde es an das belgische Kundenteam Ecurie Francorchamps verkauft. Von Beginn an erhielt 1030 den Farbton "Giallo" (auf Deutsch: Gelb). Legende Derek Bell und Lokalmatador Hughes de Fierlant bestritten das Debütrennen, die 1.000 Kilometer von Spa-Francorchamps, aber sollten keine belgischen Bäume ausreißen. Das Wyer-917-Duo Siffert/Redman schlug knapp den Werks-Ferrari von Ickx/Surtees.

Für den zweiten Anlauf ging es bereits an die Sarthe. Dort verhaute ein 917K wie beim vorherigen 24-Stunden-Klassiker von Daytona die Konkurrenz. Eine Langheckversion und ein 908/02 sorgten für Porsches ersten Le-Mans-(Dreifach-)Sieg. Die restlichen Top 5 bestanden anschließend aus zwei Ferrari 512 S. Unsere belgischen Kunden mussten sich den US-Amerikanern von NART geschlagen geben.

Angesichts der vergleichsweise kleinen Ressourcen waren die Belgier hiermit dennoch zufrieden. Unsterblich wurde ihr Renner dank einer Nebenrolle in Steve McQueens "Le Mans". Ein paar Mal huschte Nennnummer 12 über die Leinwände der Welt. Laut RM Sotheby's wurde das Auto zudem bei Filmaufnahmen verwendet. Historisch ergibt dies Sinn, weil Ferrari angesichts des Skripts seine Unterstützung einstellte. So mussten die Kunden aushelfen.

RM-Sotheby's-Auktion - Ferrari 512 M (1970/1971) - Le Mans
RM Sotheby's

Aufgemöbelt und hochgeschätzt

In den Ergebnislisten spielte der Renner kaum noch eine Rolle. Für die Saison 1971 erhielt er ein Update, welches mit dem Kürzel M (kurz für Modificata) einherging. Bessere Bremsen, eine neue Aufhängung und ein leichterer sowie stärkerer Motor sollten die Porsche einfangen. Zudem wurde die Aerodynamik nachgebessert. Es sollte nichts bringen. Der 512 M wurde wie sein deutscher Konkurrent wenig später aus Le Mans verbannt. Ferraris erste Hochphase beim Klassiker war endgültig beendet.

1971 und 1972 bestritt Chassis 1030 kleinere Rennen und holte immerhin einen Sieg bei einer Veranstaltung in Zandvoort. Schnell fand es daraufhin den Weg in den historischen Rennsport. Die kurze Rennkarriere und der Übergang in pflegende Sammlerhände schenken dem Auto bei der Auktion am 5. Februar 2025 in Paris einen entscheidenden Vorteil: Es erlitt nie einen schweren Schaden. So wird der Erlös des gelben Ferrari auf neun bis zwölf Millionen Euro eingeschätzt.

Die Authentizität des 512 M wurde vom Werk offiziell anerkannt, obendrauf trägt das Auto die Original-Optik der 24 Stunden von Le Mans 1971 – und zusätzlich Goodwood-Sticker. Genretypische Feinheiten wie der Holzschalter lassen Traditionalisten-Herzen ebenfalls höherschlagen. Der kommende Eigentümer dürfte also viel Spaß haben. Ganz im Sinne von Enzo Ferrari!