Audi hat sich beim fünften Rennwochenende der Saison in Spielberg selbst in den Fuß geschossen. Statt über den tollen Sieg von Mattias Ekström diskutieren die Fans nur über den unfairen Abschuss-Befehl an Timo Scheider. Nach Anhörung aller Beteiligten haben die Kommissare noch am späten Abend erste Konsequenzen gezogen. Timo Scheider wurde aus der Wertung gestrichen.
Timo Scheider nach absichtlichem Foul disqualifiziert
Direkt nach dem Rennen hatte sich der zweifache DTM-Champion noch mit dem Argument verteidigt, die beiden Mercedes hätten vor Kurve 3 zu früh gebremst. Der Auffahrunfall wäre demnach keine Absicht gewesen. Doch diese Darstellung ließ sich offenbar nicht durch die Telemetrie belegen.
"Nach Ansicht der Sportkommissare muss aufgrund der Fahrzeugdaten und der vorliegenden Videoaufnahmen davon ausgegangen werden, dass die Kollision absichtlich herbeigeführt wurde", heißt es in der Begründung der Stewards. Das betroffene Audi Team Phoenix verzichtete auf eine Berufung.
So richtig einsichtig gab sich Scheider auch nach der Disqualifikation nicht: "Die Mercedes-Piloten haben mich hart attackiert und überholt. Die nächste Kurve habe ich wie immer angebremst, mein Vordermann anscheinend nicht und ich habe ihn erwischt. Das daraufhin beide von der Strecke gerutscht sind, war sicherlich nicht meine Absicht. Es tut mir für Robert (Wickens) und Pascal (Wehrlein) sehr leid. Ich weiß ganz genau, wie man sich in so einer Situation fühlt. Den Wertungsausschluss muss ich akzeptieren."
Ullrich entschuldigt sich für Funkspruch
Für mehr Aufregung als das Foul selbst sorgte allerdings der vorangegangene Funkspruch von der Audi-Kommandozentrale. 4 kurze Worte ließen viele Fans an den TV-Schirmen fassungslos: "Timo, schieb ihn raus", so der Abschuss-Befehl an Scheider. Nach dem Rennen bekannte sich ausgerechnet Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich zu der Aussage.
Der Österreicher versuchte das Kommando als verbalen Ausrutscher zu entschuldigen: "Natürlich kann ich die Aufregung bei den Motorsport-Fans verstehen. Es kam im TV wirklich so rüber, als hätten wir Timo (Scheider) die Anweisung gegeben, einen Konkurrenten von der Strecke zu schieben. Doch das war definitiv nicht der Fall. Dass ich in der ersten Emotion am Kommandostand gerufen habe: 'Timo, schieb ihn raus', tut mir leid. Ich funke während des Rennens nicht mit den Fahrern und wusste nicht, dass der Funk offen ist."
"Es war auf gar keinen Fall eine Anweisung an Timo. Ich kann mich für diesen Spruch nur entschuldigen. Eine solche Äußerung drückt nicht mein Verständnis von Motorsport aus, sondern war allein dem Adrenalin in diesem Moment geschuldet. Ich bin ein Racer und war wütend, wie mit Timo umgegangen wurde. Solche Spiele haben wir in der DTM schon häufiger gesehen. Es war von Timo auch ganz sicher keine Absicht, einen anderen Fahrer von der Strecke zu schieben", so Ullrich.
DMSB-Sportgericht leitet Untersuchung ein
Bei der Stuttgarter Konkurrenz wollte man die verbale Entgleisung nicht so einfach akzeptieren. Mercedes-Sportchef Toto Wolff fand direkt nach dem Rennen klare Worte: "Wenn es diesen Funkspruch gab, sollte derjenige nie mehr auf eine Rennstrecke gehen. Den Meisterschaftsführenden rauzuschieben ist indiskutabel. Das ist absolut unter jeder Würde. Das gehört sich nicht in dieser Serie." Wolff wusste zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht, dass es sich um Ullrich handelte.
Auch die Fahrer äußerten ihr Unverständnis: "Das war einfach unfair. Ich verteidige unsere Position und er haut uns beide raus“, ärgerte sich Wickens. Auch Wehrlein machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: "Das war einfach nur eine dreckige Aktion", schimpfte der ehemalige Tabellenführer. Auf Facebook postete der Schwabe noch eine deftige Ansage in Richtung Audi: "Karma kommt zurück, ihr Zwiebelringe."
Mercedes DTM-Teamchef Ulrich Fritz legte später ebenfalls nach: "Zwei Autos in den Punkterängen in der letzten Runde unverschuldet zu verlieren, ist nicht akzeptabel. Das Verhalten von Audi und Timo Scheider ist aus unserer Sicht grob unsportlich: Den Meisterschaftsführenden absichtlich und auf Ansage so aus dem Rennen zu nehmen, hat mit fairem Sport nichts zu tun."
"Es gehören immer zwei dazu. Einer der den Befehl - der für jeden klar zu hören war - gibt, und einer, der ihn ausführt. So etwas wollen wir in der DTM nicht sehen. Das Überholmanöver zuvor hingegen war hart, aber fair", so Fritz. Dass man Scheider bestraft habe, helfe Wehrlein in der Meisterschaft auch nicht weiter.
Den Rennstewards vor Ort in Spielberg war die Sache mit dem Funkspruch offenbar zu heiß. Sie gaben die Entscheidung über eine mögliche Strafe für Audi an die nächste Instanz ab. In einer offiziellen Mitteilung des deutschen Motorsport-Bundes (DMSB) heißt es: "Die Sportkommissare vor Ort leiten die Vorfälle rund um eine mögliche unsportliche Anweisung per Funk durch das Audi Team Phoenix bzw. Audi Sport an das Sportgericht des DMSB zur weiteren Untersuchung weiter. Bis zu einer Entscheidung des Sportgerichts bleibt das Ergebnis des 2. Rennens in Spielberg vorläufig."
Für den Leidtragenden Wehrlein ist die Sache damit nach eigener Aussage abgehakt. Auf Facebook setzte die Mercedes-Speerspitze allerdings noch einen kleinen Seitenhieb in Richtung Ingolstadt: "Die Sportkommissare haben es nach Auswertung der Videos und Daten als ABSICHT eingestuft. Viel Spaß beim Sportgericht."