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24h-Rennen Nürburgring
Sechs Top-Autos für die grüne Hölle

Vier deutsche Hersteller und zwei ausländische Außenseiter sind mit ihren GT3-Autos beim 24h-Rennen 2012 für das Kapitel Schlagzeilen, Rundenrekorde und Pokale zuständig: Audi und BMW, Porsche und Mercedes gegen Ford und McLaren. Die Fans am Nürburgring dürfen sich auf ein knüppelhartes Kopf-an-Kopf-Rennen freuen.

GT3-Modelle, Porsche, Audi, Ford, BMW, Mercedes, McLaren
Foto: Archiv

Nordschleife - der Mount Everest der Rennfahrer

Die Nordschleife ist die längste und gefährlichste Achterbahn aller Rennstrecken. Für die Piloten ist sie das Maß der Dinge, ein heiliger Gral. Sie pilgern aus fernen Ländern zum Rennsport-Mekka in die Eifel, so wie Extrembergsteiger, die sich mit dem Mount Everest oder der Eiger Nordwand messen. Im vergangenen Jahr waren Fahrer aus 33 Nationen beim 24-Stunden-Rennen vertreten. Es scheint nichts Besseres auf der Welt zu geben als die Nordschleife - und wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie neu erfinden.

Unsere Highlights

Der Strahlkraft des Nürburgrings ist bei Aktiven und Rennteams ungebrochen, wie die Erfolgsgeschichte des 24-Stunden-Rennens in den letzten 15 Jahren belegt. Früher war die 24-Stunden-Raserei ein Tummelplatz für Amateure und Privatfahrer, nur gelegentlich verirrten sich Hersteller in die Eifel. Heute bietet das 24-Stunden-Rennen dagegen ernst zu nehmenden Spitzensport. Weil es die Streckenvariante des 24-Stunden-Rennens mit einer Länge von 25.378 Kilometer den Veranstaltern erlaubt, fast 200 Autos zum Rennen zuzulassen, ist aber auch der Breitensport integraler Bestandteil des Klassikers am Nürburgring. Spitzensport und Breitensport in einem Rennen - diese Kombination ist ebenso einmalig wie die Streckenführung der Nordschleife.

Waghalsige Hochstände an der Highspeed-Strecke

Der Boom am Ring ist auch deshalb nachhaltig, weil die Fankulisse einmalig ausfällt: Beim 24-Stunden-Rennen werden die Wälder rings um die Nordschleife zum größten Rennsport-Camping-Revier der Welt. An den markanten Streckenpunkten wie Breidscheid, Wippermann, Brünnchen und Pflanzgarten campieren zehntausende Fans in Zelten und Wohnmobilen. Bei Lagerfeuer und Bier wird Rennbenzin gequatscht und der bevorzugte Hersteller auf der Rennstrecke angefeuert. Viele zimmern sich waghalsige Hochstände direkt an der Highspeed-Piste, um die eh schon atemberaubende Aussicht noch ein wenig spektakulärer zu gestalten. Bis zu 200.000 Menschen strömen jedes Jahr im Mai an den Nürburgring - und machen das Rennen zum Volksfest.

Auch die Hersteller haben mittlerweile die Zeichen der Zeit erkannt: Rennsiege auf der Kult-Strecke sind eine Zierde für das eigene Markenimage. Lange Jahre bestand für die Hersteller das Hauptproblem darin, dass sie keine passenden Autos in petto hatten, um beim 24-Stunden-Rennen werksseitig mitzumischen. Das hat sich mittlerweile grundlegend geändert: Die im Jahr 2006 von der FIA eingeführte GT3-Klasse für seriennahe GT-Sportwagen hat sich binnen kurzer Zeit zur Erfolgsformel gemausert. Fast jeder Sportwagenhersteller - egal ob aus Deutschland, Italien, England oder Amerika – hat mittlerweile ein Kundensportprogramm in der GT3-Klasse lanciert.

Audi, BMW, Porsche, Mercedes - alle Premium-Hersteller vetreten

2009 öffnete der Veranstalter am Nürburgring die Tore für die GT3-Rennwagen – und seither scheint es kein Halten mehr zu geben: Im letzten Jahr waren in der SP9-Klasse für GT3-Fahrzeuge knapp 30 Starter genannt. Diese Erfolgsgeschichte wird 2012 weiter fort geschrieben: Mit Audi, BMW, Porsche und Mercedes sind alle deutschen Premiumhersteller mit den Renn-Derivaten ihrer Top-Sportwagen am Nürburgring vertreten. Doch damit noch nicht genug: Mit McLaren, Ford, Corvette und Aston Martin finden sich vier weitere Marken aus der Boom-Kategorie GT3 im Feld. Wann hat es in der Historie jemals eine größere Markenvielfalt bei Langstreckenrennen gegeben?

Die Siegchancen der einzelnen Hersteller sind jedoch unterschiedlich: Der Grad der Werksunterstützung entscheidet ebenso über die Wettbewerbsfähigkeit, wie die Güte der Einsatzteams oder der Fahrer-Equipe. Und schließlich spricht der Veranstalter selbst noch ein gewichtiges Wort mit, weil alle GT3-Rennwagen über ein komplexes Einstufungssystem so gegeneinander ausgeglichen werden, dass sie bei der Rundenzeit alle nahezu gleich schnell sind.
Der Sinn dieser Maßnahme - im Fach-Englisch als Balance of Performance bezeichnet - ist klar: Je enger die Leistungsfähigkeit der Autos zusammenliegt, desto spannender wird das Rennen. Kein Hersteller kann heutzutage mehr einen Überflieger bauen und dann einen Sieg am Nürburgring im Bummeltempo einfahren. Hersteller wie Fans scheinen das Verfahren gleichermaßen zu goutieren – anders ist der überzeugende Aufmarsch am Nürburgring nicht zu deuten.

Und so wird es dann auch 2012 wieder ein heißes, hautenges Rennen geben. Welche Hersteller und welche Teams haben in diesem Jahr die besten Karten beim Ring-Poker? In vorderster Front stehen fraglos die vier deutschen Hersteller, doch es gibt schon hier Unterschiede: Für Audi und BMW sind die Ring-Einsätze 2012 ganz klar als Werksengagements deklariert.

Blickwinkel Kundensport

Bei Porsche und Mercedes liegt der Fall ein wenig anders: Diese beiden Hersteller sehen die GT3-Klasse im Moment nur und ausschließlich unter dem Blickwinkel Kundensport. Werkseinsätze sind also offiziell verpönt. Natürlich werden Porsche und Mercedes ihre Kunden am Ring 2012 unterstützen, zum Beispiel mit technischem Support oder dem Stellen von Werksfahrern.  Audi und BMW dagegen haben das Gaspedal einen Zacken schärfer durchgetreten: BMW hat sein langjähriges Kunden-Team Schubert Motorsport zum Werksteam befördert. Und das am Nürburgring ansässige Team Phoenix Racing ist bei Konkurrent Audi auch in der DTM in den Werkssport involviert und wird folgerichtig die Fahne der Audi Sportabteilung am Nürburgring hochhalten. Der Faktor Werksunterstützung katapultiert Audi und BMW also in die Rolle der Topfavoriten, denn jeder Motorsportexperte weiß: Mit der direkten Unterstützung eines Herstellers stehen mehr Ressourcen und eine bessere finanzielle Ausstattung zur Verfügung.

Audi will beim 24h-Rennen endlich siegen

Bei Audi ist die Marschrichtung 2012 klar: Im dritten Anlauf soll endlich ein Sieg beim Eifel-Marathon gelingen. Schon im vergangenen Jahr waren die Audi R8 LMS schnell und zuverlässig, doch leider war der Verbrauch des 5,2 Liter großen V10-Motors ein wenig zu hoch, was dazu führte, dass die Audi bereits alle acht Runden zum Boxenstopp abbiegen mussten - während die direkten Konkurrenten in aller Regel neun Runden schafften und somit über die Distanz von 24 Stunden zwei Boxenstopps weniger benötigten.

"In diesem Jahr werden wir mit dem neuen R8 LMS ultra die Vorgabe von neun Runden ganz sicher schaffen", behauptet Audi-Kundensportleiter Romolo Liebchen. Der Verbrauch konnte durch Feintuning der Motorsteuerung um fünf bis sieben Prozent gesenkt werden. Auch sonst hat die Kundensportabteilung über den Winter schwer geackert, um die Performance des drei Jahre alten GT3-Autos auf Basis des R8 zu liften: Das Fahrzeug speckte beim Gewicht deutlich ab, eine neue Sitzwanne erhöht die passive Sicherheit für die Piloten. Die Aerodynamik wurde noch einmal in allen Bereichen optimiert, erkennbar auch am neuen Heckspoiler. Schließlich sorgt ein neues Arrangement des Kühlerpaketes für eine höhere Effizienz. Die Aufhängungsgeometrie wurde ebenfalls komplett überarbeitet.

Am Nürburgring gehen die Audi R8 - vorbehaltlich der letzten Einstufungen durch den Veranstalter - mit einem Gewicht von 1.350 Kilogramm und 120-Liter-Tank an den Start. Die Leistung des V10-Triebwerks wird circa 540 PS betragen. Die Stärken des Mittelmotorsportwagens sind bekannt: Im Renntrimm produziert der R8 viel Abtrieb, was ihm Vorteile in den Highspeed-Passagen der Nordschleife verschafft. Dazu lenkt er präzise und agil ein und verfügt über eine gute Balance.

Auf Mischbedingungen, zum Beispiel mit Slicks auf feuchter Strecke, reagiert der R8 jedoch mit zackigen Ausfallschritten der Heckpartie, die dem vergleichsweise kurzen Radstand geschuldet sind. Das für 2012 neu homologierte Aero-Paket schärft die bekannten Stärken weiter – führt aber auch zu Abstrichen bei der Topspeed, wie auf der fast drei Kilometer langen Döttinger Höhe.

Was die weiteren Rahmenbedingungen wie die Qualität von Teams, Fahrern und Reifen betrifft, ist Audi bestens sortiert: Das Phoenix Team setzt zwei R8 ultra für die Ring-Profis Marc Basseng, Markus Winkelhock und Christopher Haase sowie für Marcel Fässler, Christopher Mies und René Rast ein. Frank Stippler ist auf beiden Autos als Springer genannt. Auch das Kundenteam Mamerow Racing ist mit Chris Mamerow, Armin Hahne, Michael Ammermüller und Christer Jöns gut besetzt. Dazu bringen die Teams Raeder Motorsport sowie die belgische WRT-Mannschaft jeweils einen weiteren Audi R8 an den Start.

Bei den Testrennen im Rahmen der Langstreckenmeisterschaft können sich die Audi-Teams mit guten Leistungen übrigens für die Verwendung der besonders griffigen Entwicklungsreifen von Partner Michelin qualifizieren – ein kluger Schachzug der Kundensportabteilung, der die interne Konkurrenzsituation in einen Vorteil umzumünzen versucht.

Stramme Fünf-Wagen-Flotte von Audi

Die stramme Fünf-Wagen-Flotte von Audi trifft auf vier werksunterstützte BMW Z4 der neuesten Spezifikation. Auch die BMW Sportabteilung hat den Z4 GT3 über den Winter in nahezu allen relevanten Punkten optimiert: mehr Abtrieb, mehr Motorleistung, neue Fahrwerksaufhängungen und eine Verfeinerung der umfangreichen Fahrzeugelektronik, die neben ABS und Traktionskontrolle auch ein regelbares Stabilitätsprogramm beinhaltet. Beim ersten Abtasten mit Hauptgegner Audi im Rahmen der Langstreckenmeisterschaft können die Münchner die besseren Ergebnisse vorweisen: Das Werks-Team von Torsten Schubert schaffte mit dem Z4 GT3 einen Sieg sowie zwei weitere Podiumsplatzierungen beim zweiten Saisonlauf.

Bei vielen Insidern wird das Schubert-Team daher als Topfavorit gehandelt. Die Fahrerbesatzung für das 24-Stunden-Rennen ist auch nicht von schlechten Eltern: Mit Dirk Adorf, Uwe Alzen, Jörg und Dirk Müller sowie Claudia Hürtgen, Nico Bastian und Dominik Schwager ist fahrerischer Sachverstand und Speed vorhanden. Das Schubert-Team setzt beim 24h-Rennen auf Dunlop-Reifen, während die beiden BMW Z4 GT3 des Vita4One-Teams von Ex-DTM-Pilot Michael Bartels mit Michelin-Pneus an den Start gehen werden. In der Vergangenheit erwies sich Michelin oft als der überlegene Reifenlieferant am Nürburgring, weil die französischen Pneus am besten mit den zum Teil dramatisch weit gespreizten Temperaturwerten in der Eifel zurechtkamen. Doch Dunlop hat in den letzten Jahren kontinuierlich aufgeholt.

Die Bartels-Truppe konnte zwar bisher wegen Elektronikproblemen keine herausragenden Rennresulate am Ring vorweisen, doch hier kurbeln beim 24-Stunden-Rennen ebenfalls bekannte Könner am Lenkrad: Pedro Lamy, F3-Youngster Marco Wittmann, Jens Klingmann oder Richard Göransson.

BMW Z4 GT3 mit ESP an Bord

Der BMW Z4 GT3 hat auf der Nordschleife bisher keine gravierenden Schwächen offenbart: Dank des hohen Abtriebniveaus gehört er in den vielen kurvigen Abschnitten zum Spitzenpulk. Zudem haben die Z4 ESP an Bord – bei Mischbedingungen sowie bei Regen ein klarer Vorteil, auch wenn der Einsatz dieser Technologie in der GT3-Klasse nach wie vor kontrovers diskutiert wird.

Ein Fragezeichen gibt es noch bei der Einstufung: Ob BMW in der 1.300-Kilo-Klasse weiterhin den 80 Millimeter großen Restriktor für den 4,4-Liter-V8-Motor verwenden darf, ist noch nicht final entschieden. Die Topspeedwerte auf der Döttinger Höhe bereiten den Ingenieuren eh schon Kopfzerbrechen, genauso wie die Traktion aus den langsamen Ecken.

Topspeed ist traditionell die Stärke von Porsche

Topspeed war am Nürburgring traditionell immer schon die große Stärke der Marke Porsche. Der 911 GT3 R weist nun einmal die kleinste Stirnfläche aller GT3-Wettbewerber auf - und damit ist er der einsame Vmax-König auf der fast drei Kilometer langen Döttinger Höhe.
Doch die Tatsache, dass Porsche in den letzten sechs Jahren fünf Gesamtsiege beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring einfahren konnte, hat relativ wenig mit der Topspeed der Elfer zu tun. Eine um 10 km/h höhere Topspeed auf der Döttinger Höhe bringt gerade mal mickrige acht Zehntelsekunden bei der Rundenzeit. Dennoch ist eine gute Höchstgeschwindigkeit ein wertvolles Pfund auf der Nordschleife: Weil die GT3-Wagen bei der Speed alle sehr nah beieinander liegen, erlaubt eine hohe Topspeed das aktive Überholen der Gegner. Nicht umsonst jammern also alle Audi- und BMW-Piloten fortwährend über den Topspeed-Vorteil des Porsche 911 GT3 R.

Trotzdem ist Topspeed nicht ausschlaggebend, wie man gerade an der phänomenalen Erfolgsserie von Porsche am Nürburgring belegen kann: Das fachkundige Einsatzteam von Olaf Manthey fährt alle zehn Saisonrennen zur Langstreckenmeisterschaft auf der Nordschleife und setzt dabei phasenweise bis zu acht Rennfahrzeuge ein - und das seit vielen Jahren. Wenn einer die Ring-Bibel also in- und auswendig kennt, dann Olaf Manthey, der in den letzten Jahren für die werksunterstützten Porsche-Einsätze beim 24-Stunden-Rennen verantwortlich war.

Die Fahrer sind das zweite Geheimnis der Manthey-Erfolge: Werkspiloten wie Marc Lieb, Timo Bernhard oder Romain Dumas bestreiten jedes Jahr mehrere VLN-Rennen auf der Nordschleife, ihr Erfahrungsschatz ist unermesslich, und ihre Fehlerquote staunenswert niedrig.

Ob Olaf Manthey im Jahr 2012 den sechsten Sieg holen kann, ist indes fraglich: Porsche hat aus Verdruss über die Einstufung der GT3-Fahrzeuge am Nürburgring die Werksunterstützung in diesem Jahr ausgesetzt. Doch Olaf Manthey gibt nicht auf: Ein 911 GT3 R wird weiterhin mit den Werksfahrern Marc Lieb und Romain Dumas sowie mit Vorjahressieger Lucas Luhr an den Start gehen. Außerdem erhält der wegen seines Designs als Nadelstreifen-Elfer titulierte Porsche wieder die extrem griffigen Entwicklungsreifen von Michelin.

Noch ist nicht entscheiden, mit welchem Gewicht und welcher Tankgröße Manthey an den Start gehen wird. Zur Auswahl stehen 1250 Kilo und 100-Liter-Tank oder 1.300 Kilo und 110 Liter Tankvolumen. Auch der Porsche 911 GT3 R wurde im vergangenen Winter mild überarbeitet, jedoch primär um seine Handhabung für die zahllosen Gentleman-Driver angenehmer zu gestalten.

Features wie die Wippenschaltung machen den Profi am Nürburgring sicher nicht schneller. Dennoch sollten die Gegner Porsche nicht unterschätzen: Das Manthey-Team konnte mit den Piloten Jochen Krumbach und Marc Lieb den zweiten Lauf zur Langstreckenmeisterschaft – gegen starke Konkurrenz von Audi und BMW – gewinnen.

Keine Werkseinsätze für AMG

Die erhabenen Flügeltürer mit der Chiffre SLS AMG GT3 runden das Quartett der deutschen GT-Wagen ab. Mercedes AMG setzt am Ring auf Kundensport; Werkseinsätze sind kein Thema. Drei Kundenteams stechen heraus, die jeweils zwei Autos mit zum Teil erlesener Besetzung an den Start bringen.

Bei Heico Motorsport sind beispielsweise die Profis Alexandros Margaritis, Kenneth Heyer, Lance David Arnold und Pierre Kaffer sowie AMG-Entwicklungsfahrer Bernd Schneider am Start. Bei Rowe Racing fahren unter anderem Klaus Graf, Thomas Jäger, Roland Rehfeld und auch das Ring-erprobte Black-Facon-Team wird eine Riege hochkarätiger Piloten beisteuern.
Dass Mercedes AMG auch mit gut eingespielten Privatteams am Nürburgring ganz vorne mitgeigen kann, bewies im vergangenen Jahr das Mamerow-Team. 2012 ist die Lage etwas undurchsichtiger: Erstens glänzten die SLS-Kundenteams bei den Vorbereitungsrennen auf der Nordschleife nicht eben mit herausragender Frühform. Doch vielleicht hielt man sich ja ganz bewusst bedeckt, um keine schlafenden Hunde zu wecken? Zweitens nutzte das Mamerow-Team 2011 Michelin-Reifen, doch in diesem Jahr treten alle SLS-Kundenteams mit unterschiedlichen Reifenpartnern (aber ohne Michelin) an: Heico setzt auf Hankook, Rowe auf Dunlop und Black Falcon auf Yokohama.

Der in Nürburgring-Spezifikation 1.335 Kilo schwere und 520 PS starke SLS AMG GT3 wurde – wie all seine Gegner auch – über den Winter milde weiterentwickelt. Am bedeutendsten ist der Umstand, dass die relativ schweren, serienmäßigen Flügeltüren nun durch leichte Carbon-Exemplare ausgetauscht wurden. Damit konnte das Massenzen-trum abgesenkt werden, zudem hat man mehr Ballast zur Verfügung, um die Gewichtsverteilung zu optimieren.

McLaren MP4-12C gegen die Phalanx der Deutschen

Mit Audi R8, Mercedes SLS AMG, BMW Z4 und Porsche 911 bringen die deutschen Hersteller beim 24-Stunden-Rennen 2012 ein extrem starkes und kompaktes Aufgebot an den Start – da werden sich die am Ring vertretenen Exoten schwertun, wie beispielsweise McLaren. Das Team Dörr Motorsport bringt zwei der britischen Sportwagen mit dem Kürzel MP4-12C GT3 an den Start. Doch erstens steckt die Entwicklung des GT3-Kundensportwagens noch in den Kinderschuhen, so dass die notwendigen Anpassungen an die sehr speziellen Bedingungen der Nordschleife mit ihren vielen Sprungkuppen und Bodenwellen eine große Herausfoderung darstellt. "Wir stehen erst am Beginn der Entwicklung, vor allem beim Fahrwerk", so das Zwischenfazit von McLaren-Pilot Arno Klasen, der sich unter anderem mit Peter Kox, Arndt Meier, Henri Moser und Kai Riemer ins 24-Stunden-Rennen stürzen wird.

Dazu ist der 3,8-Liter-V8-Biturbomotor des McLaren im Moment noch ein wenig zu durstig. Außerdem haben die Einsatzteams nicht wirklich viel Zeit, um die Adaptionen bei Fahrwerk und Abstimmung zu bewerkstelligen: Denn vor dem 24-Stunden-Rennen finden nur drei Rennen zur Langstreckenmeisterschaft auf der Nordschleife statt.

Neben dem Zeitdruck kam bisher auch noch Pech dazu: Sowohl Dörr Motorsport als auch Gemballa Racing hatten gleich mehrere kostspielige Unfälle zu beklagen - eine optimale Vorbereitung sieht sicher anders aus. Dennoch spekuliert Teamchef Rainer Dörr beim 24-Stunden-Rennen auf eine Zielankunft in den Top-Ten.

Bei der Bauhöhe wird der McLaren nur von einem einzigen GT3-Fahrzeug im Starterfeld unterboten: Der Ford GT3 aus dem Team von Jürgen Alzen macht sich mit 1005 Millimetern ganz flach. Dafür röhrt der 5,0-Liter-V8-Motor wie ein großer. Auch Jürgen Alzen rechnet sich ein gutes Ergebnis aus: "Eine Top-Fünf-Platzierung ist absolut machbar. Ohne diese Perspektive würde ich ja auch gar nicht antreten."

Es sind genau diese spektakulären Projekte, die das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring weltweit so einmalig machen. Natürlich können nicht alle Teams um Gesamtsiege, Podestplätze oder Klassensiege fahren – aber sie tragen alle zur besonderen Strahlkraft des Rennens bei.

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