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24h-Rennen auf dem Nürburgring
Der McLaren und ich - fast auf Du und Du

Pünktlich zum Freien Training des 40. 24h-Rennens lässt das Eifelwetter Gnade mit den Aktiven und Fans walten. auto motor und sport-Testchef Jochen Übler nimmt mit dem McLaren MP4-12C GT3 (Startnummer 69) die ersten Runden unter die Räder.

McLaren MP4-12C Dörr Übler 24h Nürburgring 2012
Foto: SB-Medien

Wir sind bei der Rundenanzahl im Plus - endlich. Die ersten beiden Runden auf dem McLaren MP4-12C GT3 sind absolviert. Ein erstes Abtasten zwischen Fahrer und Fahrzeug. Und die beiden scheinen sich auf Anhieb ganz gut zu verstehen. Auch wenn sich die Startnummer 69 noch etwas grimmig zeigt, den Fahrer schon beim Einsteigen Vieles abverlangt. Das rechtes Bein beginnt, dann der Kopf samt HANS-System durch die enge Luke fädeln, danach der ganze Kerl und halb ziehend, halb schiebend ist dann auch das linke Bein im Kohlefaser-Monocoque angekommen.

Unsere Highlights

Der V8 im Heck schnurrt wie ein etwas zu groß geratenes Kätzchen. Ein lockerer Zug am rechten Schaltpaddel arretiert den ersten der sechs Gänge und dann folgt die Sache mit der Kupplung. Grob, grimmig, widerwillig schnappt sie zu. Beißt zurück, will gefühlvoll gehalten, geschliffen, gestreichelt werden. Im zweiten Anlauf rollt die 69 dann doch los. "Denk daran, wir haben momentan keine Traktionskontrolle", tönt es nochmal ermahnend durch den Funk. Ist OK, wir gehen zunächst nur auf Schmusekurs und nicht auf Bestzeitenjagd.

Die erste Nordschleifen-Runde im McLaren MP4-12C

Und der MP4-12C zeigt sich dabei von seiner besten Seite. Zumindest bei den trockenen Bedingungen gibt die Flunder nicht die biestige Zicke von der Insel, sondern zeigt sich angenehm umgänglich. Wie Orgelpfeifen stehen die drei Pedale eng gedrängt im Fußraum. Das Kupplungspedal hat bis auf Weiteres seinen Dienst erfüllt. Bleiben also noch zwei Pedale übrig, die treffen rein zufällig auf zwei Füße, womit die Aufgabe mit dem Linksbremsen ganz nonchalant als gesetzt gilt.

Damit sind zunächst ein paar Ressourcen des Großspeichers unter dem Helm gebunden. Zum Glück sind aber von anderer Seite einige Kapazitäten frei, da sich das Schaltspiel mit den kleinen Wippen am Lenkrad als kinderleicht erweist. Gelb, rot, blau funkelt es am Display: Ein Fingerschnipp und die Übersetzung geht in die nächste Runde.

Runter von der Grandprix-Strecke, rein in die Nordschleife. Der McLaren hüpft vor Freude, zumindest die Vorderachse. Mit 26 Millimetern ist der Ausfederweg für die Anforderungen der Berg-und-Tal-Bahn zu gering. Also tun sich plötzlich Unebenheiten auf, die im Großhirn noch nie gespeichert waren. Mit der Zeit kommt das Vertrauen und die Sicherheit darüber, dass die Hinterachse dafür optimalen Grip generiert - auch ohne die Hilfestellung der Traktionskontrolle.

Hinunter in die Fuchsröhre - sechster Gang. So richtig will man es eigentlich gar nicht wissen, welchen Speed der MP4-12C gerade anlegt. Breidscheid, Hohe Acht, Brünnchen, der Brite ist wohl doch schon des Öfteren dagewesen, sonst würde er hier nicht so verlässlich seine Bahnen ziehen.

Wippermann, Pflanzgarten, Grillgeruch - egal, leider keine Zeit für eine Rennwurst. Rauf auf die ellenlange Döttinger Höhe - Top-Speed gute 270 Sachen. Naja, das Flügelwerk steht eben stramm im Wind. Startnummer 69 meldet über Funk: "Alles klar." Ingenieur Martin wirkt beruhigt: "OK, Benzinstand durchgeben und nach der nächsten Runde kommst du bitte rein." Jawoll Chef - auch wenn die ein oder andere weitere Runde auf dem imaginären Wunschzettel steht. Also noch einmal das gleiche in grün in der Grünen Hölle und dann ab nach Hause in die Boxengasse.

Briefing mit Renningenieur Martin Brinkel

Geschafft. Der McLaren und ich, wir sind zumindest im Ansatz auf Du und Du. Und um das Miteinander noch etwas zu vertiefen, wird eine Nachbesprechung angeordnet. Renn-Ingenieur Martin Brinkel nimmt die Eindrücke von Rudi Adams, Lucas di Grassi, Chris Goodwin und dem Vierten im Bunde unter wohlwollendem Nicken zur Kenntnis.

Die Gurte müssen noch leicht angepasst werden. Ein weiteres Rückenpolster wäre für einen optimalen Halt im Sitz nicht die schlechteste Idee. Und das dezente Untersteuern muss der Nummer 69 noch ausgetrieben werden. Die Abstimmung der Stabilisatoren soll es richten. Ziel: Das erstmals eingeführte Top-40-Qualifying zu erreichen. Die schnellsten 40 des gezeiteten Trainings dürfen sich dann am Freitag nochmal exklusiv um die Pole Position austoben.

McLaren mit Top-30-Zeit im ersten Qualifying

Aber das Ziel scheint am Abend zunächst aus dem Fokus zu verschwinden. Das Potenziometer des Gaspedals führt ein Eigenleben. Während der Rest der 170 Fahrzeuge starken Meute eine Top-Zeit nach der anderen in den Asphalt brennt, sind die McLaren-Techniker in die Untiefen des Fußraums abgetaucht. Mit einer knappen Stunde Verspätung geht die Nummer 69 auf Zeitenjagd. Mit dicken Hals und scharfem Blick platziert Rudi Adams den britischen Supersportler locker unter die ersten 30. Ein Zwischenziel, denn am Freitag steht noch ein weiteres Training auf dem Programm. Aber der Speed des McLaren kann sich sehen lassen. Die Top-40 sollten machbar sein.

Und dann schwappt langsam aber sicher die Nacht über die Nordschleife. Der MP4-12C bekommt eine andere Fronthaube mit Zusatzscheinwerfern und weitere zwei Runden, um die Freundschaft zu festigen. Die Änderungen zeigen Wirkungen, das fröhlich sprunghafte Verhalten der Vorderachse ist nur noch leicht vorhanden. An der Lichtausbeute bei der Hatz durch die stockdunklen Eifelwälder gibt es nichts zu mäkeln.

Aber während die Fan-Burgen in bunten Lichtkunstwerken erstrahlen, ist im Innenraum stockfinstere Nacht. Welcher Regler am Lenkrad nun Traktionskontrolle, ABS oder Motormapping steuert bleibt im Verborgenen. Diese Aufgabe scheint für die Mannschaft von Dörr-Motorsport ein geringeres Problem darzustellen.

Dörr-Mechaniker müssen Nachtschicht einlegen

Viel gravierender erscheint da schon das Problem im Schwesterfahrzeug mit der Nummer 59. Plötzlich führte das Getriebe ein Eigenleben und schaltete nach Belieben einen Gang herunter, was der V8 im Heck nicht klaglos über sich ergehen ließ. Nachtschicht - im Teamzelt geht das Licht bis zum Freitag wohl leider nicht aus.

Dafür hat sich das vergleichbar kleine Leiden mit der anfangs verloren gegangenen Traktionskontrolle relativ einfach lösen lassen. Denn zeitgleich zu unserer Trainings-Sessions führte McLaren mit dem Entwicklungs-MP4-12C einen Test im englischen Snetterton durch. Ein Plus, wer McLaren-Testfahrer Chris Goodwin als Teamkollegen hat und den kurzen Dienstweg nach England kennt.

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