Am Freitag (20.6.) wurde die Grüne Hölle mal wieder ihrem Ruf als gefährlichste Rennstrecke der Welt gerecht. Beim sogenannten Top-Qualifying, bei dem die stärksten GT3-Autos die Pole-Position ohne störenden Verkehr unter sich ausmachen, kam es zu einem heftigen Unfall, der den Fans rund um den 25,3 Kilometer langen Kurs den Atem stocken ließ.
Laurens Vanthoor war im Bereich Schwedenkreuz auf einer mehr als 250 km/h schnellen Linkskurve leicht aus der Spur geraten. Seinen Porsche 911 GT3 R hatte es etwas versetzt, als es über eine kleine Kuppe ging. Dabei geriet das Auto rechts in die Wiese, wo es kein Halten mehr gab. Der Belgier war nur noch Passagier, als sein Fahrzeug in der anschließenden Rechtskurve aus dem Gras quer über den Asphalt durch ein kleines Kiesbett schlitterte. Das Auto wurde dabei leicht in die Luft geschleudert.
Erst die Reifenstapel und der Fangzaun hinter der kurzen Auslaufzone fingen den außer Kontrolle geratenen Porsche wieder ein. Beim Aufprall riss es die Frontpartie ab, der blaue GT3-Renner schleuderte wild um die eigene Achse. Wie durch ein Wunder konnte der Pilot aber praktisch unverletzt und aus eigener Kraft aus seinem Cockpit klettern. Nach einem Check im Medical Center konnten die Ärzte zum Glück schnell Entwarnung geben.
Vanthoor-Crash sorgt für lange Unterbrechung
Beim Auto hinterließ die unfreiwillige Stunteinlage dagegen einen nachhaltigen Schaden. Nach genauer Begutachtung des Wracks entschied sich die Teamführung von Scherer Sport PHX, das Fahrzeug mit der Startnummer #16 vorzeitig zurückzuziehen. Mit einer nominell sehr starken Fahrerbesetzung musste somit einer der Mitfavoriten schon vor dem Start aufgeben.
Weil die Leitplanke und der Sicherheitszaun an der Unfallstelle eine aufwändige Reparatur erforderten, entschied sich die Rennleitung dazu, die roten Flaggen zu schwenken und die Session abzubrechen. Erst um 16 Uhr, also zweieinhalb Stunden nach dem ersten Startversuch, konnte der Quali-Spaß dann im zweiten Anlauf fortgesetzt werden. Um den Tageszeitplan einigermaßen einzuhalten, durften die Piloten nach dem Wiederanpfiff aber nur eine schnelle Runde drehen und nicht wie sonst üblich zwei.

Nach Gala der Le-Mans-Gala im Porsche 963 zeigte Kevin Estre auch am Nürburgring im Grello seine Klasse.
Dritte 24h-Nürburgring-Pole für Estre
Am besten kam Kevin Estre mit dieser Drucksituation zurecht. Der Franzose, der am vergangenen Wochenende mit dem Porsche-Werksteam den zweiten Platz beim 24h-Rennen in Le Mans eingefahren hatte, zeigte mal wieder, dass er auch im GT3-Renner eine Bank ist. Mit dem neongelben Manthey Porsche brauchte er 8:12.741 Minuten für die Eifelrundfahrt. Diese Zeit konnte keiner unterbieten.
Auf dem heißen Asphalt kämpften die Piloten mit niedrigem Grip. Auch die Tatsache, dass nach dem Abbruch nur eine schnelle Runde auf dem Plan stand, trug sicher dazu bei, dass die Rundenzeiten etwas höher ausfielen in den letzten Jahren. Estre hatte dennoch sichtlich Spaß: "Es gibt nichts Schöneres, als eine Runde im Grello mit frischen Reifen auf der freien Nordschleife zu drehen. Ich kann kaum erwarten, dass es morgen mit dem Rennen losgeht." Der Franzose sicherte sich damit schon zum dritten Mal die sogenannte James-Glickenhaus-Trophy für die Pole-Position beim 24h-Rennen am Nürburgring.

Thomas Neubauer fuhr im Ferrari 296 GT3 die zweitschnellste Quali-Runde.
Bortolotti-Strafe nach Flaggen-Verstoß
Thomas Neubauer sorgte mit Platz zwei für eine rein französische erste Startreihe. Der Rinaldi-Pilot verfehlte die Pole-Position mit seinem Ferrari 296 GT3 nur um 1,168 Sekunden. Auch Maro Engel auf Rang drei blieb mit 1,492 Sekunden Rückstand im Mercedes-AMG GT3 nicht weit von der Tagesbestzeit entfernt. Nico Menzel eroberte im Falken-Porsche knapp dahinter den vierten Platz. Der Lokalmatador hatte Glück im Unglück. Im ersten Anlauf der Session sah es vor dem Abbruch wegen eines Bremsproblems schon nach einer Pleite aus. Beim zweiten Durchgang lief das Auto dann wie geschmiert.
Der schnellste Lamborghini-Pilot hieß am Freitag Mirko Bortolotti. Der amtierende DTM-Champion reihte sich auf Rang fünf ein. Doch nach der Session erwartete den Italiener Ärger von der Rennleitung. Der Abt-Pilot hatte sein Tempo im ersten Teil der Quali-Session vor dem Abbruch erst nach dem Passieren mehrerer roter Flaggen reduziert. Außerdem überholte er einen Konkurrenten auf der Strecke. Für den Abt-Lambo mit der Nummer #27 bedeutete das eine Versetzung ans Ende der ersten Startgruppe. Nur mit Glück wurde Bortolotti nicht komplett vom Rennen ausgeschlossen.
Der erste Profiteur der Strafe war Markus Winkelhock im nun einzigen verbliebenen Scherer-Auto. Zweieinhalb Sekunden hinter der Spitze rückte der Schwabe mit seinem Audi R8 GT3 von P6 auf P5 nach vorne. Hinter dem zweiten Abt-Lambo von Luca Engstler folgte mit Christian Krognes dann auch schon der erste Aston Martin. In einem bunt gemischten Spitzenfeld fanden sich somit sechs verschiedene Marken unter den Top-Sieben wieder. Das verspricht viel Spannung für das Rennen, das am Samstag um 16:00 Uhr angepfiffen wird.