Die Revanche ist geglückt! 2024 konnte Porsche kurz vor knapp noch den Cadillac-Fahrern die beste Startposition rauben. Diesmal waren sie nicht einzufangen. Alex Lynn machte den #12-Jota-Caddy zum schnellsten Auto von Le Mans. Er bestreitet das Rennen mit Norman Nato und Will Stevens. Der letzte US-Pole-Setter braucht ein längeres Blättern im Geschichtsbuch: Bruce McLaren stellte 1967 einen Ford GT auf den beliebtesten Platz des Sports.
Earl Bamber rundete in der Nummer 38 die US-Party durch seinen zweiten Rang ab. Der frühere Porsche-Pilot hat mit Sébastien Bourdais und Jenson Button zwei Ikonen des Sports an seiner Seite. Für das britische Einsatzteam Jota, welches in Form von Football-Star Tom Brady unter anderem aber einen US-Star als Sponsor besitzt, ist es direkt die Pole als neuer Partner von Cadillac.
Porsches bester Vertreter (#5; Julien Andlauer, Michael Christensen und Mathieu Jaminet) hatte vorher einen Schreckmoment. Der 963 verlor in der ersten der zwei Abendsitzungen ein Rad. Das Porsche-Penske-Team reagierte jedoch schnell auf die "radlose" Situation. BMWs Qualifying-Spezialist Dries Vanthoor wurde derweil seinem Ruf komplett gerecht. Zwar reichte der Speed nicht für das Marken-Duo davor, aber der vierte Platz gibt der Nummer 15 eine gute Ausgangslage. Er tritt neben Raffaele Marciello und Ex-Formel-1-Star Kevin Magnussen an.

Cadillac-Fahrer Alex Lynn zeigte sich nach der Pole-Position ungewohnt emotional. "Es ist eine magische Strecke und ein wundervoller Ort. Hier kann man nur das Beste herausholen wollen."
Überarbeitetes Format bringt Spannung
Die Qualifikation umfasste drei Teile, deren K.o.-Modus grundsätzlich mit der Formel 1 vergleichbar ist. Bereits am Mittwoch (11.6.) wurde in allen drei Klassen zum ersten Mal ausgesiebt. Die Teams der LMGT3- und LMP2-Klassen kämpften um die besten zwölf Ränge. Bei den Hypercars reichte ein Platz innerhalb der Top 15.
Doch schon das bedeutete ordentlich Drama. Zwei Autos mit deutschem Hintergrund waren die großen Verlierer der Topklasse. Der #7-Toyota (De Vries/Conway/Kobayashi) wurde auf der entscheidenden Runde durch einen Alpine gestört. Somit musste der Vorjahres-Zweite des Kölner Teams am Donnerstag zuschauen. Beim #6-Werks-Porsche (Estre/Campbell/Vanthoor) war die Laune nach den 30 Minuten zunächst gut. Er kam locker weiter. Später befanden die Kontrolleure den 963 aber als zu leicht und disqualifizierten ihn. Die Nummer 6 startet so auf dem 21. und letzten Platz.
Der Held der Hypercar-Auftaktsitzung war der #009-Aston-Martin (Sørensen/De Angelis/Riberas). Durch das Aus des Porsche rutschte der britische Debütanten-Renner nachträglich in die zweite Session, die etwas missverständlich "Hyperpole 1" heißt. Fahrer Marco Sørensen jubelte: "Für unser junges Programm gibt das ordentlich Rückenwind. Ich konnte zum ersten Mal richtig in das Auto vertrauen und hätte es fast aus eigener Kraft geschafft. Logischerweise wollen wir zuallererst ankommen, aber Punkte sind nicht unrealistisch."

Porsche erlebte gleich mehrere schwierige Momente im Laufe der drei Quali-Teile. Trotzdem kann man in der Breite zufrieden sein.
LMH-Autos in Problemen
Wie befürchtet musste der Aston nach der H1-Session die Segel streichen. Er war dabei aber in guter Gesellschaft. Der #51-Werks-Ferrari (Calado/Giovinazzi/Pier Guidi) und der #83-Privat-Ferrari (Hanson/Kubica/Ye) teilten das Schicksal der verpassten Top 10. Diese setzten sich aus drei Cadillac, zwei BMW, zwei Porsche und jeweils einem Vertreter von Alpine, Ferrari sowie Toyota zusammen. Die LMDh-Renner nach US-amerikanischer Bauweise waren so klar in der Überzahl. Bei der bisher unerwähnten LMH-Marke Peugeot haderte man mit der BOP und scheiterte schon am Mittwoch.
Im 15-minütigen großen Finale blieb das Kräfteverhältnis erhalten. Die letztjährigen Sieger des #50-Werks-Ferrari (Fuoco/Molina/Nielsen) erreichten nur die siebte Position. Toyotas Nummer 8 (Buemi/Hartley/Hirakawa) lag am Ende der besten Zehn. Beide Truppen werden bis Samstag intensiv in die Daten schauen, allzu große Sorgen sollte ihnen das Grid aber nicht machen.
Mick Schumacher startet auf dem neunten Platz in sein zweites Le-Mans-Abenteuer. Nachdem die erste Sitzung etwas unrund gelaufen war, überwog im Alpine-Lager eine positive Grundstimmung. Jules Gounon und Frédéric Makowiecki wollen mit Schumacher den Aufwärtstrend der bisherigen Saison fortsetzen.

Für die amtierenden Sieger von Ferrari bot der Vorlauf des Klassikers mehr Schatten als Licht. Wie die Konkurrenz legte man zwar beim Speed im Vergleich zu 2024 zu, aber nicht so stark.
Aston Martin auf GT3-Pole, Rossi mit P3
Bei den Produktionswagen setzte Aston Martin den durchweg guten Speed in die Pole-Position um. Die Nummer 27, welche zum selben Team wie die LMH-Valkyrie gehört, wurde in der dritten Session von Mattia Drudi pilotiert. Außerdem gehören Teamboss Ian James als Gentleman und der Kanadier Zacharie Robichon zum Fahrertrio. Auf dem zweiten Rang lief der #21-AF-Corse-Ferrari ein (Hériau/Mann/Rovera).
Den größten Jubel erhielt allerdings Valentino Rossi im drittplatzierten #46-WRT-BMW. Auch abseits seines riesigen Fanlagers erntete er dafür Anerkennung, viele Profis in der H2-Session geschlagen zu haben. Gegensätzlich zu weiten Teilen der Konkurrenz fuhr der klare Profi der #46, Kelvin van der Linde, schon im H1. Der Amateur Ahmad Al Harthy legte den Grundstein durch den ersten Platz am Mittwoch.
Die Top 5 wurden von zwei deutschen Fabrikaten komplettiert. Mercedes gelang beim GT3-Debüt ein starker vierter Platz. Maxime Martin setzte die gute Vorarbeit der #61-Amateure Martin Berry und Lin Hodenius in die zweite Startreihe um. Die "Titelverteidiger" von Porsche (#92) fanden sich auf der fünften Position wieder. Richard Lietz hat mit Riccardo Pera und Ryan Hardwick aber zwei neue Teamkollegen. Die acht Autos der abschließenden LMGT3-Session stammten von acht unterschiedlichen Marken.

Während die LMH-Aston noch etwas Übung auf dem Circuit de la Sarthe brauchen, sind die GT3-Brüder bestens eingestellt. Generell ist der LMGT3-Klassenkampf aber sehr offen.
Viel Drama, wenig Aussagekraft?
Der beste Startrang der kleinen Prototypen ging an das traditionsreiche französische TDS-Oreca-Team. Mathias Beche schenkte dem heimischen Publikum einen weiteren Grund, die Nacht durchzufeiern. Er, Rodrigo Sales und Clément Novalak wollen nach dem 24h-Rennen ihre Nummer 29 bei den LMP2 ebenfalls ganz vorne sehen. Unter anderem haben der zweitplatzierte #43-Inter-Europol-Oreca (Dillmann/Yelloly/Śmiechowski) sowie der drittplatzierte #199-AO-Oreca (Hyett/Cameron/Delétraz) einiges dagegen.
Und wie viel sagt das nun über den kommenden Klassiker aus? Nahezu alle Hersteller-Vertreter winken bei der Frage ab. Natürlich freuen sich die Top-Vertreter über die Spitze und damit über mehr Abstand zum Start-Chaos im Mittelfeld. Dazu bot das neue Format beste TV-Unterhaltung. Durch etwas Glück bei Strategie und Verkehr soll allerdings jeder Rückstand aufholbar sein.
Die 93. Ausgabe startet am Samstag um 16:00 Uhr. Neben Eurosport überträgt der RTL-Ableger Nitro den Renn-Marathon. Außerdem bietet die WEC-Serie einen eigenen Stream auf ihrer Webseite an. Nach dem ersten Vorgeschmack der Hyperpole scheint der Klassiker den riesigen Erwartungen tatsächlich erneut gerecht zu werden.