Sind günstige Tesla-Gebrauchtwagen wirklich ein gutes Angebot?

Gebrauchter Tesla Model 3
Leiden gebrauchte Teslas unter dem Elon-Fluch?

Zuletzt aktualisiert am 20.05.2025

Schon lang steht ein Artikel über gebrauchte Tesla-Modelle weit oben auf der Liste mit Kandidaten für unsere Gebraucht-Kaufberatungen. Ist ein Auto erst mal ein paar Jahre unterwegs, zeichnet sich fast immer ein Trend ab, ob die Technik haltbar ist oder nicht, worauf man beim Kauf unbedingt achten sollte, und wie die Preiskurve aussieht. So wird es möglich, einen Gebrauchten ordentlich zu analysieren und letztlich sinnvolle Kauftipps auszusprechen.

Und genau das hat uns der Tesla Model 3 , eines der meistverkauften Elektroautos weltweit, alles andere als leicht gemacht. Die politischen und verbalen Entgleisungen des Firmengründers und das unberechenbare Auf-und-Ab der Neupreise bewirken für sich bereits spürbare Einbrüche der Gebrauchtpreise, die dann auch noch durch Berichte über teils heftige Qualitätsmängel manifestiert werden. Die wiederum schwanken je nach Baujahr und Fertigungsort erheblich. Und zu diesem ohnehin schon angekratzten Werterhalt gesellt sich noch der derzeit allgegenwärtige Preisverfall von E-Autos, die einst mit staatlicher Förderung gekauft oder geleast worden sind, und den Markt nun förmlich überschwemmen.

Nun, da all diese Faktoren schon seit einer Weile andauern, ist es höchste Zeit, den roten Fadem im gebrauchten Model 3 und seinem etwas durchwachsenen Ruf zu suchen, und seine Talente mit seinem Preis zu vergleichen.

Karosserie: Aalglatt – hoffentlich

Ein wichtiger Punkt zum Tesla-Verständnis muss ganz am Anfang stehen: konstante Änderungen. Als der Model 3 im Jahr 2017 auf den Markt kam, bestand die Taktik des Herstellers darin, sich die Breitenerprobung, die normalerweise vor dem Marktstart eines Autos stattfindet, zu sparen, indem man die ersten Exemplare an Mitarbeiter auslieferte. Ergo befuhr die gedrungene Mittelklasse-Limousine vorerst nur amerikanische Straßen und sammelte reihenweise Kritik aufgrund von Verarbeitungsfehlern ein – so weit, so nachvollziehbar. Ein Jahr später stand dann der Anlauf der Großserienproduktion im kalifornischen Werk Fremont an, und alles musste ganz schnell gehen. Also wurde eine temporäre Produktionsstraße in Zelten auf dem Fabrikhof errichtet, um möglichst viele Einheiten durchzuboxen. Wieder litt die Qualität.

Erst im März 2019 wird es für uns Europäer interessant, als der Marktstart hierzulande erfolgte. Die Qualität besserte sich immerhin von "schlecht" zu "durchwachsen". Mit dem Modelljahr 2020 kamen signifikante Aufwertungen wie die Einführung einer Wärmepumpe, Doppelverglasung vorn (zur Dämmung von Windgeräuschen und zur Thermo-Isolation), E-Heckdeckel und bessere Scheinwerfer. 2021 gab's das künstliche Außenfahrgeräusch (zum Fußgängerschutz) und wieder ein Jahr drauf wechselte Tesla die Infotainment-Hardware auf stärkere und zuverlässigere Teile und stellte zudem von Radartechnik auf rein kamerabasierte Fahrassistenz um. Dazwischen: Endlose kleine Software-Updates, die Tesla über Mobilfunk aufspielt, sowie unzählige Änderungen im Antriebsangebot und an der Modell-Nomenklatur.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Caroline Jüngling

Sie sehen: Schon im ersten Kapitel fällt es schwer, über typische Model-3-Probleme zu sprechen, weil das Auto Gegenstand ständiger Erneuerung war. Dabei sind wir noch gar nicht beim großen Facelift, genannt Highland, ab Herbst 2023 angekommen. Und genau hier liegt die Zäsur im Qualitätsproblem. Im Klartext heißt das, dass ungleichmäßige Spaltmaße, schief sitzende Leisten, Windgeräusche und sogar Rostprobleme aufgrund von Lackmängeln oder Scheuerstellen vom ersten Tag an zwar ein bestehendes Problem darstellten, jedoch mit der Zeit deutlich abnahmen. Während ganz frühe Exemplare häufig gleich mehrere dieser Probleme besaßen, beschränken sich Autos speziell nach dem "Refresh 2021" in der Regel nur auf einzelne Unzulänglichkeiten.

Seit Ende 2021 kommt der Model 3 zusätzlich auch aus dem Werk in Shanghai, wo durchweg bessere Qualität entsteht. Mit dem großen Facelift wechselte Tesla für die Europa-Modelle ausschließlich auf die Fertigung in Asien. Seitdem gibt es kaum noch Beschwerden über irgendwelche Mängel. Allein die Verklebung des serienmäßigen Glasdachs erzeugt in einigen Fällen noch ein Fahrtwind-Zischeln. Vor diesem Problem sind auch deutsche Premiumhersteller noch nie so ganz gefeit gewesen. Was bleibt: der nicht besonders saubere und vor allem sehr dünne Lackauftrag. Steinschläge produzieren sofort üble Krater und die empfindlichen Schwellerbereiche sind meist durch altmodische Spritzlappen geschützt. Immerhin platzt die Farbe bei späten Exemplaren nicht mehr ab. Der Unterboden ist fast lückenlos glattflächig verkleidet. Davon profitieren die Aerodynamik und die Akustik beim Fahren.

Innenraum: Ein sonniges Plätzchen

Wer sich dem Model 3 nähert, stellt fest, wie auffallend gedrungen und schlank die Mittelklasse-Limousine wirkt. Dass das der Aerodynamik dient, ist logisch, doch dass am schrägen Kammheck keine große Klappe lauert, sondern nur ein kurzer Heckdeckel, mag verwundern. Dahinter warten gut nutzbare 594 Liter Laderaum, das große Fach im doppelten Boden einkalkuliert. Damit übertrifft er Mittelklasse-Konkurrenten wie BMW 3er oder Mercedes C-Klasse. Die haben dann auch keinen vorderen Kofferraum, der abermals 88 Liter stiftet. Viele bewahren hier das oft schmutzige Ladekabel auf, damit innen alles sauber bleibt.

Apropos: wer nun am aerodynamisch versenkten Klapp-Türgriff zieht (Gewöhnungssache), öffnet eine elegant fensterrahmenlose Tür und entert einen der am besten aufgeräumten Innenräume überhaupt. Weder sichtbare Lüftungsdüsen noch unnötige Zierteile lenken von der Tatsache ab, dass sogar Kombiinstrument und (beim Facelift) Blinker- und Getriebewählhebel weggelassen wurden. Geblieben sind durchaus noble Materialien, die in der Regel auch tadellos verarbeitet sind, ein Lenkrad und ein großer, hochauflösender Bildschirm, der für die Bedienung des gesamten Autos erforderlich ist. In der Mittelkonsole sitzen sehr großzügig bemessene Fächer nebst Lade- und Lagerungsmöglichkeit des Smartphones (welches als Autoschlüssel dient), dahinter eine üppige Mittelkonsole sowie Luftausströmer im Fond. Die werden im Highland um ein weiteres großes Display für die Hinterbänkler ergänzt.

Serienmäßig gibt's immer Kunstledersitze, gegen Aufpreis in Weiß, ansonsten in Schwarz. Gemeinsam mit Alcantara-artigen Applikationen in den Türverkleidungen entsteht ein durchaus positiver Materialeindruck. Getrübt wird der nur in Einzelfällen, z.B. nach Autos mit mehreren 100.000 Kilometern auf dem Zähler, sowie bei Fahrern, die sich gern und viel Hautcreme verwenden. Das löst in einigen Fällen das Material ab, was besonders an den Lenkradbezügen häufig vorkommt. Hier löst sich zudem gern der Klebstoff, sodass sich Luftblasen unter der Lenkradoberfläche bilden.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Caroline Jüngling

Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig. Nicht schlecht, aber für erfahrene Fahrer auch nicht gerade intuitiv. Spätestens hier werden begeisterte Tesla-Jünger intervenieren. Es sei ja nur das weggelassen worden, was man nicht wirklich braucht. Dass viele den Blinkerhebel im öffentlichen Straßenverkehr ohnehin nicht gebrauchen, mag ernüchternderweise stimmen. Dennoch bleibt es fraglich, ob die zwei Pfeiltasten an der linken Lenkradspeiche – die ja logischerweise je nach Lenkwinkel immer woanders liegen – wirklich eine bessere Lösung darstellen.

Dass das Auge auf der Suche nach einem Tacho auf die linke obere Ecke vom Zentralbildschirm wandert, mag ebenfalls nicht ideal sein, ist aber doch Gewöhnungssache. Dass die Fahrtrichtung beim alltäglichen Rangieren jedoch vom Auto prophezeit und automatisch eingelegt wird, funktioniert auf gespenstische Weise gut. Die Kritik daran, dass statt eines Wählhebels beim Facelift ein digitaler Slider im Display die manuelle Fahrtrichtungswahl übernimmt, legen wir daher mal zur Wiedervorlage zu den Akten. Unterm Strich kann man sich das Ganze vorstellen wie die routinierte Bedienung eines Smartphones. Und zwar nicht mit Lesebrille und gespitztem Zeigefinger, sondern mit Wischgesten und Schnellbefehlen, die eine gewisse Zeit benötigen, um ihren Weg in den Alltag zu finden, dann aber wie natürlich von der Hand gehen.

Fraglich bleibt die Debatte über Sinn und Unsinn der Tatsache, dass man die Einstellung von Lenkrad, Spiegel und Luftverteilung nur in Untermenüs vornehmen kann. Tesla argumentiert, dass die Einstellung ja im Fahrerprofil abgespeichert wird, und dass man's in der Regel eh kaum ändert. Spätestens, wenn die Tönung des Glasdachs eben doch nicht ausreicht, um die sommerliche Sonne restlos vom Kopf fernzuhalten, nervt's.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Caroline Jüngling

Motoren: Beinahe zweitrangig

Vieles, was das Autofahrer-Herz bewegt, hat bei Tesla einen anderen Stellenwert. Motoren zum Beispiel. Mit zunehmender Verbreitung des E-Autos altert die Euphorie über den blitzartigen Schub eines potenten E-Motors. Und dafür braucht’s auch keine olympische Leistung, weil das Drehmoment nun mal sofort und ohne jegliche Verzögerung einsetzt. Noch mehr Leistung zu produzieren, ist hier keine Ingenieurskunst mehr und verströmt auch keine technische Faszination – alles nur eine kühle Rechnung darüber, wie viel Energie zum jeweiligen Zeitpunkt vom Akku freigegeben werden kann.

Jeder Model 3 verfügt über eine zwischen den Hinterrädern montierte permanenterregte Synchronmaschine, die einzeln und abhängig von Antriebsversion und -akku bis zu 235 kW (320 PS) liefern kann. Die meisten Versionen verfügen zudem über einen Frontmotor, eine Drehstrom-Asynchronmaschine, die wiederum bis zu 121 kW (165 PS) beisteuern kann. Übersetzt wird die Leistung der Motoren jeweils durch ein fixes Eingang-Getriebe. Als Systemleistung sind zahllose Antriebskonstellationen von 285 bis 460 PS und mit rund 400 bis knapp 700 Kilometer Reichweite erhältlich.

Genau hier liegt die tatsächliche Faszination. Denn die Effizienz, mit denen bereits frühe Model 3 unterwegs sind, ist beachtlich. Verbräuche von unter 15 kWh/100 km sind möglich und gar nicht so selten. Die sehr gute Laderoutenplanung, das dichte Netzwerk an Superchargern und Ladeleistungen, die noch heute auf relativ hohem Niveau liegen, ermöglichen entspanntes und vor allem zügiges Langstreckenfahren. Auch Technikbegeisterte dürften darin eine größere Faszination sehen als in stumpf-digitaler Beschleunigung.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Caroline Jüngling

Akkus: Problemarme Herzstücke

Wer ein gebrauchtes E-Auto kaufen möchte, zögert nicht selten aus Angst vor dem Akku als großem (und teurem) Unbekannten. Bevor wir zu tief in die Machbarkeit und die Kosten eines Akkuwechsels oder der Reparatur bei immer mehr spezialisierten Fachbetrieben einsteigen, machen wir es kurz und verständlich. Bis auf den Panasonic-NCA-2170L-Akku, der in Performance-Modellen zwischen dem vierten Quartal 2020 und dem ersten Quartal 2022 verbaut wurde und aufgrund von Problemen mittlerweile überall durch Tesla ersetzt sein dürfte, gelten alle Akku-Versionen der in Europa erhältlichen Exemplare durchweg als problemlos und haltbar. Wassereinbrüche wie z.B. im Model S und Model X sind nicht bekannt.

Die langfristige Kurve des SoH-Werts (State of Health) zeigt fast immer einen sichtbaren Abfall innerhalb der ersten fünf Jahre und grob 60 bis 100.000 Kilometern um 10 bis 15 Prozent, nachdem die Kapazität über viele Jahre konstant bei meist weit über 80 Prozent bleibt. Das belegen unzählige Tesla-Taxis weltweit. Hier gilt also definitiv die von EV-Fahrern gern genutzte Relativierung: "Wenn du Angst vor einem Akkutausch hast, müsstest du auch Angst vor einem unerwarteten Motorschaden beim Verbrenner haben."

Alle Versionen bis auf den Standard ab 2021 (dessen Lithium-Eisenposphat/LFP-Akku auch bei ständigem Hochleistungs-Laden auf 100 Prozent als besonders haltbar gilt) nutzen Lithium-Ionen-Akkus. In jedem Fall sind die unzähligen Digital-Features und Handy-Apps wie TezLab oder Tessie eine bemerkenswerte Möglichkeit, sich mit der Fahrzeugtechnik zu vernetzen, sowohl als gelungene Spielerei wie auch für sinnvolle Informationszwecke.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Caroline Jüngling

Lobenswert ist außerdem die großzügige Werksgarantie, die Akku und Antrieb über 8 Jahre und 192.000 km absichert. So genießen zumindest dem Alter nach alle Europa-Auslieferungen den Garantieschutz. Der stellt übrigens auch sicher, dass der Akku nicht unter 70 Prozent rutscht. Werkstattleistungen, ob über Garantie oder nicht, können bequem und zuverlässig über die Tesla-App gebucht werden.

Fahrwerk: Kein Glanzstück

Im Fahrwerkskapitel wird aufs Neue relevant, ob es sich beim Gebraucht-Kandidaten um ein Modell vor oder nach der großen Modellpflege handelt. Und zwar aus gleich zwei entscheidenden Gründen. Zum einen besitzt der Highland eine erheblich gefühlvollere und komfortable Fahrwerksabstimmung, während frühere Exemplare markentypisch unwirsch und holzbeinig über Unebenheiten rumpeln, ohne dass sich diese in Form von Lenk-Feedback ankündigen. Mit dem noch strafferen Performance-Fahrwerk wird jede Buckelpiste zur Tortur. Verstellfahrwerke gibt's generell nicht. Zum anderen leidet der rund 1.800 Kilogramm schwere Model 3 an chronischem Fahrwerksverschleiß, der mit der etwas sanfteren Facelift-Federung zumindest teilweise etwas zurückgeht.

Der sprichwörtliche Kasus-Knacktus liegt bis dahin in den oberen Querlenkern der vorderen Radaufhängungen. Die besitzen ein Kugelgelenk, an dem der Achsschenkel nach unten hin geführt wird. Genau über diesem bis dato nur durch etwas Plastik geschützten Gelenk liegt der Wasserablauf der Frontscheibe. So dauert es nicht lange, bis jegliche Schmierung weggespült ist und die Bahn freimacht für Korrosion und Verschleiß. Deshalb geben hier fast alle Vorfacelift-Model-3 (gilt übrigens auch fürs Model Y) ein hörbares Quietschen und Knacken von sich. Die Kugelgelenke im Highland-Querlenker sind von unten eingesetzt und oben geschlossen.

In jedem Verschleißfall raten wir zu den Ersatzteilen von Meyle, einem Hersteller von hochwertigen Fahrwerkskomponenten aus Hamburg. Die Firma bietet bereits seit 2022 ein erheblich verbessertes Ersatzteil an, das trotz höherer Festigkeit und des Umgehens des Konstruktionsfehlers deutlich leichter ist als das Original. Materialkosten für beide Seiten: Rund 230 gut angelegte Euro. Auf die gleiche Weise gibt es verbesserten Ersatz auch für andere neuralgische Fahrwerksteile am Tesla, so etwa die hinteren Längslenker, die am stärksten unter dem oft schlagartig genutzten Antriebsdrehmoment leiden. Es lohnt sich also, den Elektro-Schub nicht ständig voll auszunutzen. Übrigens auch, weil beim Model 3 üblicherweise die Reifen enorm lang halten. Hier stellt sich nur sehr geringer Verschleiß ein, weshalb die allermeisten Exemplare noch immer mit tadelloser Werksbereifung unterwegs sind.

Gebrauchtwagencheck Tesla Model 3
Meyle

Mängel: Angstgegner Hauptuntersuchung

Der eher zweifelhafte Ruf der Model-3-Qualität wird schon seit einer ganzen Weil dadurch manifestiert, dass manche Autos bereits an ihrer ersten Hauptuntersuchung nach drei Jahren scheitern. Bremsen, Fahrwerk und Beleuchtung: Diese drei Krisenherde nennen die HU-Prüfer als Begründung. Gehen wir dem mal auf den Grund.

Die Bremsanlage sorgt bei sehr vielen Elektroautos für Probleme bei der Hauptuntersuchung. Der Grund dafür ist simpel: im normalen Alltagsgebrauch erledigen die meisten EVs die Verzögerung einfach durch die Rekuperation, also die Energie-Rückgewinnung. Ein sanfter Tritt aufs Bremspedal steigert die Rekuperation und somit den Rollwiderstand. Erst bei kräftigen Bremsungen werden ganz herkömmlich die Radbremsen angesteuert. Für die Haltbarkeit der Bremse ist das super, allerdings birgt diese Technik den großen Nachteil, dass der Flugrost, der sich zwangsläufig auf Stahl-Bremsscheiben bildet, nicht regelmäßig durch die Beläge abgeschliffen wird. Tritt dann der Prüfer kräftig ins Pedal, sind die Werte zunächst ungenügend. Erster Tipp für jeden E-Autofahrer: Immer mal beherzt aufs Pedal treten, damit alles schön gangbar bleibt. Mit einer kleinen Lampe können Sie außerdem durch die Öffnungen der Felge oder Radkappe den Zustand der Scheibe betrachten und dann vor dem Prüftermin nochmal freibremsen.

Die Mängel im Fahrwerk haben wir bereits im letzten Kapitel erläutert. Allerdings kommt es bei den allermeisten schweren und schnellen Fahrzeugen regelmäßig zu Fahrwerksverschleiß. Warum also ist das ein so deutliches Tesla-Problem? Die Antwort ist simpel: Weil der Hersteller keine Inspektionsintervalle vorgibt und Wartungen nur bedarfsweise erfolgen sollen. Weil Fahrwerkskomponenten nicht von heute auf morgen ausschlagen, bemerken die Fahrer meist nicht, wie allmählich das Handling unpräziser wird und Klötergeräusche auftreten. Spannend wäre eine HU-Statistik, wenn alle Teslas regelmäßig gewartet werden würden.

Das gilt selbstverständlich auch für die Beleuchtung. Zum Teil entlastet das den kritischen Markenruf. Andererseits ist auch klar, dass die Qualität der Fahrwerksteile stark verbesserungswürdig ist, und dass ein selbsttätiges Anlegen der Bremsbeläge in gewissen Intervallen eine simple Fingerübung für die Software-Entwickler darstellen würde. Eine vergleichbare Technik wird im Autobau seit Jahrzehnten verwendet, um bei Nässe die Bremsscheiben zu trocknen.

Tesla 3 Performance
Achim Hartmann

Ein weiterer wichtiger Prüfpunkt an jedem Model 3 besteht in der Befestigung der oberen Lenksäule. Wackeln Sie mal kräftig am Lenkrad. Hier darf naturgemäß kein Spiel bestehen. Leider kommt das trotzdem immer wieder vor, weil Anzugsmomente von Schrauben nicht korrekt eingehalten wurden. Zumindest lässt sich das halbwegs kostengünstig (oder idealerweise auf Garantie) beheben.

Andere Mängel beschränken sich auf kleinere Einzelbaustellen, die nicht chronisch an jedem Exemplar vorkommen müssen. Schiefe Passformen von Leisten, Karosserieteilen oder dem Glasdach wurden mit den Jahren immer seltener und beschränken sich dann meist auf Einzelteile. Trotzdem: Kommt es mal zu Scheuerstellen, etwa an Türen und Klappen, tritt nicht selten schon früh ein Rostbefall auf, weil der Lackauftrag so dünn ist. Beim Kauf sollten Sie außerdem darauf achten, dass die Fahrberechtigungen in Form von Smartphone-Zugängen zurückgesetzt werden. In diesem Fall funktioniert ein kleiner Transponder als Autoschlüssel, der unbedingt mit ausgehändigt werden muss.

Preise: Ein guter Deal?

Verglichen mit den großen Zulassungszahlen ist die Zahl von rund 800 Inseraten, die sich hierzulande auf den einschlägigen Gebrauchtwagenportalen finden, erstaunlich gering. Das liegt zum einen am regen Export nach Skandinavien, wo die einst subventionierten Neuwagen aus Deutschland gebraucht noch deutlich höhere Preise erzielen, und zum anderen daran, dass viele Gebrauchtangebote von Tesla selbst angeboten werden. Dort beginnen zertifizierte Exemplare bei gut 20.000 Euro, mit Laufleistungen im Großraum zwischen 50 und 100.000 Kilometern.

Weil es keine große Optionsvielfalt gibt, bekommt man dort jedoch keine Bilder vom tatsächlichen Fahrzeug angezeigt, sondern nur standardisierte Ansichten mit Katalogbildern in den entsprechenden Farben. Auch wenn in den Tesla-Inseraten die Rede von geprüftem Zustand mit nur kleinen Gebrauchsspuren ist, bleibt eine gewisse Unklarheit über den Zustand. Die Tesla-Servicebetriebe gelten nicht flächendeckend als flexibel, freundlich und kompetent.

Um 18.000 Euro beginnen auf dem freien Markt gepflegte Exemplare mit Laufleistungen zwischen 150 und 200.000 Kilometern. Verglichen mit den Tesla-Angeboten ist das nur ein geringer Preisvorteil, der nicht im Verhältnis zur deutlich höheren Laufleistung steht. Zumindest lässt sich beim Privatverkäufer im Idealfall nachvollziehen, welche Wartungsmaßnahmen bereits getroffen worden sind. Im direkten Vergleich zu anderen Mittelklasse-Limousinen im vergleichbaren Gebrauchszustand fällt jedoch auf, dass die gebrauchten Model 3 zurzeit auffallend günstig sind. Gemessen an ihrem sehr hohen Nutzwert schlummert hier also ein guter Deal.