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Gebrauchtwagencheck Audi A4
Was kann ein A4 nach über 170.000 km?

Nach Jahren macht der gerade abgelöste A4 noch immer eine gute Figur. Nur: Kann da auch die Technik mithalten? Wir nehmen ein Exemplar mit über 170.000 km unter die Lupe.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Foto: Sven Krieger

Heute geht's um einen Audi A4 der gerade abgelösten Baureihe B9. Der brachte es seit der Erstmontage der Kennzeichen im Mai 2019 auf bislang 171.000 Kilometer – also auf über vier Erdumrundungen. Die, so viel sei schon verraten, nicht völlig spurlos an ihm vorübergingen. Doch der Reihe nach: Den Audi A4 Avant 2.0 TDI Quattro S-Line hat uns der Vertragshändler Spreckelsen in Zeven geliehen. Der ausgeschilderte Kaufpreis in Höhe von 19.490 Euro macht noch rund ein Drittel des einstigen Neupreises aus.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Karosserie: Sitzt gut, ist aber nicht üppig

Verteilt auf 4,76 m Außenlänge gewann der A4 über die Jahre und Generationen so viel an Statur, dass er bei flüchtigem Hinsehen auch als A6 durchgeht. Anders als bei regulären Vorderradantriebs-Mittelklässlern wie VW Passat oder Opel Insignia, sieht man ihm sein Längsmotor-Konzept an. Den relativ langgestreckten Vorderwagen hat der A4 nämlich auch dann, wenn nur die Vorderräder angetrieben werden. Diesen Spleen gibt's so nur noch bei Audi. Frühere Plattform-Verwandtschaften zum Passat bescherten auch dem Wolfsburger dieses eigentümliche Layout. Warum das wichtig ist? Weil er dadurch etwas mehr Raum für den Antrieb opfert, statt ihm den Insassen zukommen zu lassen. Deshalb ist der A4 eher ein hübsch geschnittenes Designer-Appartment, als eine luftige Großraumwohnung. Gerade im Fond darf keine zu große Raumfülle erwartet werden. Passform und Finish der Karosserieverarbeitung sind wie immer bei Audi top. Knarrt's bei Ihrem Exemplar trotzdem, finden Sie den Grund möglicherweise weiter unten im Mängelkapitel.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Sven Krieger

Verwechslungsgefahr: Der A4 hat über die Jahre so viel an Statur ­zugelegt, dass er bei flüchtigem Hinsehen auch als A6 durchgeht.


Innenraum: Vorsprung durch Verarbeitung

Im Interieur setzt Audi das Premiumkonzept auf gewohnte Weise fort. Fabelhafte Sitze, eine Verarbeitung, die gleichsam massiv, wie chirurgisch präzise wirkt, und dazu eine Fülle von optischen und haptischen Schmankerln. Aber: So viel Wonne ist nicht serienmäßig. Absolut basische A4 sind zwar selten, wirken aber mit Kunststofflenkrad und völlig manuellen Sitzen im Vergleich zur Konkurrenz arg mager. Der Testwagen ist ein gutes Beispiel für den Geschmack vieler Erstbesitzer. Die Ausstattung ist hochwertig, aber nicht übertrieben, Leder war beim Neukauf nicht gewünscht, die einfache Serien-Klimaautomatik mutet in dieser Liga fast schon geizig an. Zum Glück hat Audi selbst beim B9 schon einiges an Knickerigkeit abgelegt und dem A4 zumindest Xenon- und später LED-Scheinwerfer ohne Aufpreis spendiert – Mercedes funzelte da noch mit Halogenlicht herum. Auch ein Abstandsregeltempomat ist nicht an Bord, aber das ist dann schon Klagen auf hohem Niveau. Immerhin sorgt das S-Line-Paket für eine standesgemäße Optik, schon wegen des Sportlenkrads und der Alublenden. Das vielleicht Wichtigste zum Schluss: Diesem Ambiente können auch hohe bis sehr hohe Kilometerstände praktisch nichts anhaben, der guten Qualität sei Dank.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Sven Krieger

Viel üppiger ist die Premiumkonkurrenz im Interieur auch nicht dimensioniert - das macht auch nichts, da A4 und Co. einfach aus ergonomischen Gesichtspunkten unheimlich gut sitzen, auch ohne XXL-Platzangebot.


Motor: Haltbar, aber nicht immer fein abgestimmt

Eine Sache nervt – zumindest bis man sich dran gewöhnt hat: die Anfahrschwäche, die seit Umstellung auf den WLTP-Zyklus viele Diesel und auch einige Benziner plagt. Spontane Starts sind Glückssache, wobei der TDI die verlorene Zeit später jedoch wieder aufholt. Er ist die stärkste Ausführung des Zweiliters mit 190 PS, den Nachschlag auf 204 PS unter Hinzufügung eines zweiten Turboladers gab es erst im Rahmen der Modellpflege ab Juni 2020. Darüber rangiert der Dreiliter-V6 in Leistungsstufen zwischen 218 und 286 PS sowie ab Mai 2019 auch als S4 TDI mit bis zu 347 PS und einem zweiten, elektrisch angetriebenen Lader. Ein ähnliches Bild bietet sich auf der Benziner-Seite: Einstiegsmotorisierung war bis zur ersten Modellpflege ein 1.4 TFSI mit 150 PS aus der 211er-Familie, also mit Zahnriemenantrieb der Nockenwelle. Die stärkeren Vierzylinder-Aggregate waren 888er, ausschließlich als Zweiliter.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Sven Krieger

Schlangengrube: Auch der 2.0 TDI als alter Bekannter wirkt im Audi-Motorraum mit abgenommener Verkleidung raumgreifend und komplex.

Das waren die Motoren, die anfänglich wegen erhöhten Ölverbrauchs in der Kritik standen, im B9 war dies freilich kein Problem mehr. Sie treiben die Nockenwelle mit einer Kette an, die als standfest gilt. Im Internet wird manchmal zwar das Gegenteil behauptet, aber Steuerkettensätze für den 888 sind nicht gerade die Bestseller im Aftermarket. Jenseits der Vierzylinder locken die V6, die jedoch lediglich in martialischer S4- oder RS4-Aufmachung verfügbar waren. Bliebe noch das Kapitel alternative Antriebe. Dieses bleibt dem Erdgas-Tanker G-Tron vorbehalten, der es lediglich im Frühjahr 2019 in homöopathischen Dosen in den Markt schaffte und gebraucht nur eine Statistenrolle spielt. In Sachen Haltbarkeit lässt der A4 kaum was anbrennen. Neben den zuverlässigen Benzinern gelten gerade die Vierzylinder-Diesel als ausgesprochen haltbar. Und wenn mal was kaputtgeht, bedeutet dies noch lange nicht finanziellen Ruin. Ein undichter AGR-Kühler, der für Kühlmittelverlust oder Öleintrag in selbiges führen kann, kostet im Tausch in der guten freien Werkstatt meist unter 1.000 Euro. Mit den sehr hohen Audi-Werkstattsätzen ist das freilich nicht zu schaffen.

Getriebe: Ruckt’s?

Genug zu den Motoren, widmen wir uns den Kraftübertragungen. Die gute Nachricht zuerst: Mit Einführung des B9 warf Audi endlich die unselige Multitronic aus dem Sortiment. Die schlechte: Stattdessen hielt ziemlich flächendeckend ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe Einzug. Das sich mittlerweile zwar durchaus resistent gegen Schäden zeigt, aber hinsichtlich des Anfahrkomforts nicht mit einer guten Wandlerautomatik mithalten kann. Diese These stützt ebenso der Testwagen, der nach 171.000 Kilometern stets eine Gedenksekunde zwischen dem Lösen der Bremse und dem Herstellen des Kraftschlusses benötigt – der kürzlich hier geprüfte VW Tiguan mit knapp 190 000 Kilometern zeigte sich in diesem Punkt erheblich souveräner. Doch es gibt Alternativen – neben der lediglich in den Basismotorisierungen verfügbaren Sechsgang-Handschaltung auch den mittlerweile legendären Achtgangautomaten von ZF. Allerdings nur in Verbindung mit den Top-Triebwerken, also in S4, RS 4 sowie den Dreiliter-Dieseln mit Allradantrieb.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Sven Krieger

Handschmeichler: Der Automatikwählhebel fasst sich nicht nur klasse an, sondern dient auch als Handauflage für's Infotainment-Bedienrad.

Fahrwerk: Muss es S-Line sein?

Mit dem bereits erwähnten S-Line-Paket liegt das Auto etwas tiefer, 20 mm, um genau zu sein. Im Paket ist auch die so nüchtern bezeichnete "sportliche Fahrwerksabstimmung" enthalten. Die ist prägend für den Fahreindruck, denn darunter leidet besonders der Langsamfahrkomfort. Schade, denn mit den Standard-Federelementen liegt der Audi beinahe so ruhig wie die Mercedes C-Klasse und fährt dennoch fast so agil wie ein BMW 3er, jedoch ohne dessen hibbeligen Geradeauslauf. Überhaupt haben die Ingolstädter den B9 gut hinbekommen. Wir sitzen zwar in einem Quattro, der von Haus aus keine Traktionsprobleme kennt, aber auch den Fronttrieblern ist kaum mehr anzumerken, dass die Pferde vorn ziehen. Störend ist allenfalls die etwas taube Lenkung, deren Mitteilungsbedürfnis über die Reibungsverhältnisse zwischen Reifen und Straße nicht sehr ausgeprägt ist.

Audi A4 B9 Gebrauchtwagen
Sven Krieger

Der A4 lässt sich mit spielerischer Handlichkeit auch zügig um enge Ecken zirkeln. Allzu viel Rückmeldung erscheint der Lenkung dabei aber zu indiskret.

Störender ist da der inhärente Fahrwerksverschleiß rund um Traggelenke, die äußerst schrauberunfreundlich gelöste obere Querlenkerschraube, die Lagerbuchsen des hinteren Vorderachslenkers (dessen innere Buchse immer zuerst verschleißt, was laut Audi-Serviceanweisung an zu intensivem Rangieren liegen soll ...), zerbröselnde Anschlagpuffer und knarrende Dämpferlager. Immerhin: Die Kugelköpfe der Spurstangen und die gesamte Lenkung sind dagegen absolut unauffällig.

Mängel: Der TÜV meckert selten, Kunden dagegen öfter

Doch genug der Theorie, wie schlagen sich der A4 und sein Plattform-Derivat A5 in der Praxis? Der ADAC ist jedenfalls voll des Lobes, der Pannendienst hat wenig Arbeit mit dem B9, in allen Baujahren zeigt die Statistik ein fettes Dunkelgrün. Der BMW 3er hält da noch mit, die Mercedes C-Klasse jedoch muss sich mit dem geringfügig schlechteren Hellgrün bescheiden. Auch bei der Hauptuntersuchung reicht es für den Audi zu Topnoten, trotz erschwerter Umstände. Denn die B9-Fahrleistung liegt um etwa 44 Prozent über dem Durchschnitt aller geprüften Fahrzeuge, die Mängelquote trotzdem deutlich darunter. Kurios sind Fehlermeldungen der sich bei einem Fußgängeraufprall pyrotechnisch anhebenden Fronthaube: Sollten diese häufiger auftreten, empfiehlt Audi, beim Parken nicht bis gegen die Garagenwand zu fahren. Oder die Sache mit den Geräuschen aus dem vorderen Fußraum: Knarrt es dort bei Verwindungen der Karosserie, reiben zwei Bleche innerhalb der Längsträger aneinander. In diesem Fall soll die Werkstatt gemäß Maßangaben einen ungefähr einen Dreiviertelmeter langen Dorn aus einem angespitzten Rundstahl anfertigen und damit diese Bleche durch eine Öffnung im Längsträger auseinanderkloppen. Auch sonst stören Geräusche zahlreiche Kunden, Knistern und Knarzen werden im Premium-Segment eben nicht geduldet. Wobei das Fotoauto in diesem Punkt absolut unauffällig ist, trotz rütteligen Sportfahrwerks.

Unauffällig bleibt weiterhin ein ärgerliches Problem des A4, zumindest bis zur nächsten Hauptuntersuchung. Wenn der Prüfer dabei seinen HU-Adapter anstöpselt, fällt leider viel zu oft ein defektes Steuergerät für den automatischen Notruf (eCall) auf, Pflicht für alle seit 31. März 2018 zugelassenen Fahrzeuge. Sollte der nicht funktionieren, gilt das als erheblicher Mangel! Der Ersatz des Steuergeräts kostet ungefähr 1.200 Euro. Viel Holz, aber Premium-Produkte haben halt ihren Preis ...

Preise: Gesalzen und doch angemessen

Letzterer war im Fall dieses gebrauchten A4 offenbar relativ günstig war, denn schon kurz nach unserem Besuch fand das Auto einen Käufer. Alle übrigen A4 B9 inklusive Allroad, A5 Sportback, A5 Cabrio und Coupé bringen es auf rund 13.500 Gebrauchte in Deutschland. Das Gros davon Avant 2.0 TDI mit 150 oder 190 PS und Automatikgetriebe. Eher ein Exot: der g-tron mit Erdgasantrieb, von dem 85 Exemplare herumstehen. Die Preise bei durchschnittlicher Laufleistung starten bei 14.000 Euro. Wobei dann kaum ein Kreuzchen in der Optionsliste gesetzt wurde. Ein Sweet Spot liegt zwischen 18 und 22.000 Euro. Hier haben Käufer nicht nur die größte Auswahl an Exemplaren, sondern können auch recht frei aus dem Verhältnis von Laufleistung, Leistung und Ausstattung wählen.

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Fazit

Kein Wunder, dass der A4 so beliebt ist. Die Technik hält, Schwächen der Vorgänger haben die Ingolstädter beseitigt, und die Sache mit den ausgenudelten Achsgelenken lässt sich mit optimierten Teilen des freien Handels in den Griff bekommen. Was das Design betrifft: Mit dem riesigen, einst als zu aggressiv empfundenen Single-Frame-Grill hat Audi nur vorweggenommen, was heute alle bauen. Also Vorsprung durch Optik gewissermaßen.

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