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Toyota Avensis im Gebrauchtwagen-Check
Mister Zuverlässig

So ein Avensis mag zwar beim ersten Treffen keine Schmetterlinge im Bauch erzeugen – dafür erobert er die Herzen seiner Fahrer mit Treue und Zuverlässigkeit. Pannen? Sind unter der Würde dieses Wagens.

asv2017, Gebrauchtwagentest,Toyota Avensis
Foto: Dani Heyne

Oh, ein seltener Gast„, ruft Meister Wünsch, zeigt auf die Toyota-Limousine und erklärt: “Dieser Typ lässt sich bei uns nur höchst selten blicken.„ Was in den Ohren von Autobesitzern traumhaft klingt, ist durchaus real: Ein Blick in die aktuellen Mängelstatistiken von TÜV und DEKRA bestätigt, dass der Avensis nur sehr selten mit Problemen in die Werkstatt muss. “Wer den Wagen regelmäßig warten lässt, hat einen zuverlässigen Freund in der Garage„, murmelt der Meister und sucht daher zuerst nach dem Serviceheft.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial
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Dani Heyne
Der Toyota Avensis punktet mit Treue und Zuverlässigkeit bei seinen Fahrern.

“Alle Stempel drin?„, fragt er laut und kommt ins Grübeln: “Dieses Modell wurde im Herbst 2010 das erste Mal zugelassen, war jedes Jahr beim Service und soll noch nicht mal 10.000 Kilometer runter haben? Das muss ein Schreibfehler sein!„ Aber es ist keiner, der Kilometerzähler bestätigt es: 6.350 steht da. “Wenn das kein Jackpot ist„, scherzt Meister Wünsch, drückt die Beifahrertür sanft ins Schloss und umrundet die Limousine mit Adleraugen. Nutzen wir die Zeit: Toyota brachte den Avensis Ende der 1990er-Jahre als Nachfolger des Carina auf den Markt, ein wichtiges Auto also für die Marke. Ähnlich wie der Passat für VW – nur nicht so erfolgreich. Um das zu ändern, kam der Nachfolger 2003 nicht mehr aus Japan, sondern aus Europa – von der ersten Skizze bis zur letzten Schraube. Eine Entscheidung, die dem Modell sichtlich gutgetan hat. Der Avensis tritt seitdem nicht mehr ganz so konservativ und steif auf. Wobei er auch in der zweiten Generation (2003 bis 2008) kein großes Design-Feuerwerk zündete. Er macht auf klare Linien, ein unverschnörkelter Typ. Außen wie innen. Etwas schwungvoller wurde die Front der dritten Modellgeneration, die von 2009 bis 2015 erhältlich war. Ein solches Exemplar sehen wir hier.

Nicht mal Waschstraßenkratzer hat er

“Hab ich’s doch gewusst„, unterbricht Meister Wünsch und wedelt mit dem Fahrzeugbrief. “Der Vorbesitzer war eindeutig im Rentenalter. Kein Wunder, dass der Lack keine typischen Waschstraßenkratzer aufweist – schaut euch mal an, wie gut der nach fast sieben Jahren noch glänzt. Ich wette, der wurde jedes Jahr mehrmals gründlich poliert.„ Oder gewissenhaft von Hand gewaschen.

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Dani Heyne
Schrammen? Die bleiben nicht aus, vor allem ohne Parkpiepser.

Auch wenn es keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu gibt: Mittelklasse-Limousinen wie der Avensis gehören zur bevorzugten Beute von älteren Semestern. Vermutlich weil ihre Form an Zeiten erinnert, in denen die Mehrzahl der Autos diesem Baumuster folgte. Mit reichlich Platz in zwei Reihen und einem Kofferraum, der es locker mit dem Reisegepäck der Familie aufnehmen konnte. Damals fuhr man ja noch regelmäßig mit dem Wagen in die Ferien. “Die dünnen Dichtungen der Seitenfenster zeigen keinen Ansatz von Moosbildung – dieser Avensis wohnte ziemlich sicher in einer Garage„, mutmaßt der Meister und wischt über die hintere Stoßstange: “Da sich so ein Stufenheck nicht sonderlich gut einsehen lässt und Parkpiepser bei Toyota meist nur als Bestandteil eines teuren Pakets zu bekommen waren, könnten wir hier Schrammen finden.„ Und tatsächlich, ein tiefer Kratzer bestätigt die These. Nach Unfallschaden sieht das Heck allerdings nicht aus, alle Spaltmaße verlaufen sauber und gleichmäßig. Meister Wünsch schaut trotzdem genauer nach – sicher ist sicher. Doch auch unter der Matte im Kofferraum verlaufen alle Bleche schön gerade, sind die Versiegelungen der Schweißnähte noch original. Keine Überraschungen – auch nicht beim Blick in den Motorraum.

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Dani Heyne
Diagnose-Check: Moderne Autos speichern Fehler ab, mit einem speziellen Auslesegerät kann die Werkstatt diese auswerten.

Ein Zweiliter-Benziner mit 152 PS wohnt hier – der stärkste, den Toyota damals für den Avensis im Angebot hatte. Wie alle in seiner Clique musste auch er ohne Turboaufladung auskommen – was heute, im Zeitalter der Aufladung, nicht nur leicht altmodisch wirkt, sondern auch etwas Geduld im Alltag erfordert. Sauger wie dieser hier geben ihre volle Leistung erst bei höheren Drehzahlen ab. Da sind bei 2000 Touren längst noch nicht alle Pferde einsatzbereit. Aber: Kein Nachteil ohne Vorteil – die Benziner des Avensis leisten sich dafür keinerlei Allüren und laufen mit ausreichend Öl und Wasser sehr lange. Beim Zweiliter-Benziner wird zudem kein Zahnriemenwechsel fällig – er besitzt eine Steuerkette. “Und zum Glück kein CVT-Getriebe„, murmelt Meister Wünsch während der Probefahrt. “Ich mag die Dinger nicht, damit klingen alle Motoren beim Beschleunigen immer so, als würde man sie quälen.„ Recht hat er, zumal Toyota bei dieser Avensis-Generation bereits serienmäßig ein Sechsgang-Schaltgetriebe verbaute. Für die Dieselmotoren gab es optional eine Wandlerautomatik. Während der Toyota langsam auf der Hebebühne nach oben schwebt, überlegt Meister Wünsch, was ihn an diesem Modell stört: “Wir werden auch am Unterboden keine Überraschungen finden„, sagt er überzeugt und fügt beim Blick auf die Bremsscheiben der Vorderachse hinzu: “Überraschend sind höchstens die Ersatzteilpreise – viele Kunden staunen, wie hoch die im Vergleich doch sind.„

Hohe Preise für Ersatz und Verschleißteile

Die Rede ist nicht nur von normalen Verschleißteilen, sondern auch von speziellen Ersatzteilen. “Vermutlich schlägt Toyota da etwas mehr zu, weil die Autos ja so selten kaputtgehen„, scherzt der Meister und inspiziert weiter die Bremse. Scheiben und Beläge der Vorderachse haben noch ein langes Leben vor sich, hinten sieht es ähnlich gut aus. Beim Funktionscheck die Handbremse nicht vergessen, hier können im Winter Salz und Dreck die Bremssättel angreifen, wodurch sich die Parkbremse nicht mehr lösen lässt. “Motor und Getriebe sind staubtrocken„, ruft Meister Wünsch unter dem Bug hervor.

“Auch die Achsmanschetten zeigen keinerlei Risse.„ Der Flugrost an den Achs- und Traggelenken wirkt schlimmer, als er tatsächlich ist: “Wenn wie hier Schrauben und Gewinde noch gut aussehen, braucht man sich darum nicht zu kümmern„, erklärt der Meister und arbeitet sich nach hinten durch. An allen wichtigen Stellen ist Unterbodenschutz aufgetragen, hier und da sieht man Hohlraumschutz. “Rost an einem Toyota ist fast immer ein Zeichen von schlampiger Unfallinstandsetzung.„

Am Ende des Gebrauchtwagen-Checks gibt es einen klaren Sieger: den Avensis. “Ich hab’s euch ja gesagt, die Typen sind selten in der Werkstatt – nicht ohne Grund.„ Ganz sicher sogar. Das Erfolgsrezept: Toyota hat bei dieser Avensis Generation keine Experimente gewagt, keine modernen Motoren eingebaut, kein raffiniertes Fahrwerk. Stattdessen wurde ganz einfach bewährte Technik zuverlässig zusammengesetzt.

Typenkunde und Motoren-Check

Willkommen bei der kleinen Typenkunde zum Toyota Avensis. Er ist quasi die japanische Antwort auf den VW Passat – also ein Wagen im Mittelklasse-Format – und beerbte im Herbst 1997 den Carina. Drei Versionen gab’s: Stufenheck, Schrägheck und einen Kombi. Nach drei Jahren schminkte Toyota etwas nach, das Ergebnis ist vor allem an den Klarglasscheinwerfern zu erkennen. Interessant wird es 2003 mit der zweiten Modellgeneration (Typ: T25). Sie wurde nicht nur speziell für Europa entwickelt, sondern auch hier gebaut – der erste Toyota made in Europe überhaupt. Er wurde übrigens auch in Japan verkauft. Das Design entstand in Frankreich, die Motoren in Jelcz-Laskowice (Polen) und der Wagen selbst in Burnaston, Derbyshire (GB). Es blieb vorerst bei drei Modellversionen, wobei der Kombi die größte Fan-Gemeinde fand. 2006 startete das überarbeitete Modell mit neuer Frontschürze, LED-Blinkern in den Außenspiegeln und Klarglasleuchten rundum. Nur die Executive-Version strahlte ab Werk mit Xenon-Scheinwerfern. Zwischen 2001 und 2005 wurde der Avensis auch zum siebensitzigen Van mit dem Beinamen Verso, er war jedoch nicht so erfolgreich wie erhofft.

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Dani Heyne
Der 2009er Kombi ging als dritte Modellgeneration an den Start.

2009 ging die von Meister Wünsch vorgestellte Version des Avensis als dritte Modellgeneration (Typ: T27) an den Start – frischer in der Optik und mit moderneren Motoren bestückt. Nur die Schrägheck-Fans trauerten damals: Ihr Lieblingsmodell war nicht mehr dabei, Toyota beschränkte sich fortan auf Limousine und Kombi. Unter der Haube: drei Benzinsowie drei Dieselmotoren. Bei den Fremdzündern handelt es sich um Vierzylinder (1,6 bis 2,0 Liter Hubraum) ohne Aufladung. Ihr Leistungsspektrum? 132 bis 152 PS. Bei den Vierzylinder-Dieselmotoren (1.6 bis 2.2) sorgen Turbolader für mehr Schwung, was sich auch in Zahlen ausdrücken lässt. Die Motoren leisten von 112 bis 173 PS und von 270 bis 400 Newtonmeter Drehmoment. Ein Sechsgang-Schaltgetriebe ist bei allen serienmäßig verbaut.

Fazit

Der Avensis ist ihr Typ, wenn Sie den Kauf eines Gebrauchtwagens grundsätzlich überlegt angehen, sich nicht von Emotionen leiten lassen. Und nicht sonderlich viel Wert auf ein modisches Karosseriekleid legen. Wenn Sie eine geräumige Limousine oder einen noch geräumigeren Kombi im MittelklasseFormat suchen und dabei Zuverlässigkeit und Sicherheit wichtiger sind als spritzige Motoren, knackig gestufte Getriebe und sportliche Sitze. Kurz: Wenn Sie einen Wagen wollen, mit dem Sie nichts wagen müssen, weil er mit regelmäßiger Pflege lange halten wird – dann ist so ein Avensis Ihr Typ.

Das gefällt uns:

Dass ihn keiner so richtig auf dem Zettel hat: zu brav, zu unscheinbar, zu was-auch-immer. Dabei frisst dieser Toyota ohne Murren Kilometer, während angesagte Bestseller auch außer der Reihe mal in die Werkstatt müssen. So etwas passiert dem Avensis sehr selten, bestätigen die TÜV- und DEKRA-Prüfer. In angenehmer Regelmäßigkeit.

Das stört uns:

So richtig stören? Die emotionslosen Benziner vielleicht, die vor allem in Verbindung mit dem CVT-Getriebe eine gequälte Vorstellung abliefern. In die Schublade „bedauerlich“ fällt, dass der Avensis seine kalkulierte Mittelmäßigkeit nicht sonderlich geschickt verbirgt: Egal was du in diesem Wagen anfasst, es könnte sich hochwertiger anfühlen.

So ist die Marktlage:

Vorbildlich! In den gängigen Gebrauchtwagenbörsen im Internet parken reichlich gebrauchte Avensis. Mit etwas Glück findet man darunter auch ein Modell mit außergewöhnlich wenig Kilometern auf den Achsen. So wie dieses Exemplar hier – ein tadellos gepflegtes Rentnerfahrzeug, das stets in der Garage hauste.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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