Drei Generationen lang heißen die Kleinstwagen von Hyundai i10 . Dabei wurden sie immer niedriger und ein bisschen länger, verloren dabei das praktische Minivan-Layout, das frühere Korea-Minis auszeichnete, gewannen dafür jedoch bei soliden Materialien, einer hochwertigen Verarbeitung und vernünftigen Fahreigenschaften. Und das Platzangebot? Keine Sorge, Platz hat auch die hier geprüfte zweite Auflage des i10 in ausreichendem Maß. Vor allem bietet er jedoch einen Vorteil, den Sparfüchse und Fahranfänger heute immer seltener finden: den Verzicht auf unnötige Komplikationen, ohne dabei auf moderne Annehmlichkeiten zu verzichten. Der neue Inster beerbt nun den i10 und greift genau diese Eigenschaften auf. Höchste Zeit also, sich einmal mit den Vorgängern zu beschäftigen, die als günstige Gebrauchte auf den Online-Verkaufsportalen zu finden sind. Genauer geht es heute um die von 2013 bis 2019 gebaute Generation zwei.
Karosserie: Da schebbert nix!
Martin Winterkorn ist ja derzeit wieder in den Medien. Aber erinnert sich noch jemand an den legendären Auftritt des damaligen VW-Chefs auf der IAA 2013? Dort inspizierte er mit Zentimetermaß und Taschenlampe den neuen Hyundai i30, betätigte mehrfach die Lenkradverstellung und blaffte dann in bestem Schwäbisch den neben ihm sitzenden Golf-Designer Klaus Bischoff an: "Da schebbert nix!"

Das Wörtchen "Erwachsen" ist in unzähligen Texten über Kleinst- und Kleinwagen arg abgenutzt. Beim i10 passt es aber dennoch.
Jene Szene geht mir durch den Kopf, als ich in diesem gebrauchten Hyundai i10 über typisch niedersächsische Polterpisten fliege. Denn auch hier scheppert nichts, die ganze Karosserie wirkt wie aus einem Guss. Bemerkenswert, schließlich zeigt der Kilometerzähler bereits fast 135.000 an, auch die Erstzulassung des in Stardust-Metallic lackierten Winzlings liegt schon nahezu neun Jahre zurück. Rund 6.000 Euro verlangte die Autowelt Michael in Beckdorf dafür. Die Vergangenheitsform ist bewusst gewählt, denn ein paar Tage nach unseren Fotoaufnahmen hatte der i10 schon einen neuen Besitzer. Und der darf sich über die solide Verarbeitung des stets fünftürigen Kleinstwagens freuen. Denn egal, ob bei den sauberen Spaltmaßen oder der Bearbeitung und Abdichtung von Blechkanten am Unterboden: Überall fällt die Sorgfalt auf, mit der dieses günstige Auto vor rund zehn Jahren gebaut wurde. Einzig und allein der Rostschutz fällt nicht so üppig aus, wie es theoretisch möglich wäre – da merkt man den günstigen Preis dann doch. Wie so oft stellt es aber kein Problem dar, einfach selbst mal zum Konservierungswachs zu greifen, speziell am leicht rostgefährdeten Motorträger.
Innenraum: Nüchterne Einrichtung
Ob Mini, Fiat 500 oder Smart: Viele Klein- und Kleinstwagen opfern wertvolles Innenraumvolumen für knuffiges Design – entweder mit rundlichen Knutschkugel-Karossen oder mit platzraubenden Armaturenträgern. Der i10 mag weniger putzig wirken, nutzt dafür aber die knappe Grundfläche äußerst praxisgerecht aus. 252 bis 1.046 Liter Kofferraumvolumen hinter einer großen Klappen lassen sich bestens nutzen und auf allen Sitzplätzen reisen zumindest normalgroße Mitteleuropäer relativ würdevoll. Anders als viele in seiner Klasse bietet der i10 außerdem eine vernünftige Schalldämmung und verzichtet weitenteils auf sichtbar nacktes Blech im Innenraum. Auch das Cockpit und die Bedienelemente folgen dem Credo "Form follows Function". Tasten sind groß und sehr logisch verteilt. So wirkt der i10 spürbar hochwertiger als viele Konkurrenten.

Auf den ersten Blick kann dieses Cockpit auch deutlich größeren und teureren Autos gerecht werden. Funktionalität und Bedienfreundlichkeit verdienen Bestwerte, das sauber verarbietete Hartplastik gehört zur Kleinstwagen-Klasse schlicht dazu.
Motor: Kein Grund zur Sorge
Gemessen an Baujahr und Laufleistung liegt unser Fotoauto am unteren Ende der Preisskala. Zwar beginnt diese bei rund 3.500 Euro, sofern man das Kilometermaximum bei 150.000 zieht, aber das sind dann nackte Kisten mit dem kleinen Motor. Das Testwägelchen jedoch tritt mit dem Big Block an, dem Zwölfhunderter, und 87 PS. Die geben allerdings keinen Grund zur Euphorie, obwohl sie nur auf rund eine Tonne Leergewicht treffen. Denn das maximale Drehmoment rafft sich erst bei 4.000/min zu einem Gipfel von 121 Newtonmetern auf. Und ja, die sieben PS in der Leistungsangabe sind wichtig in diesen Regionen unterhalb der Turbodiesel- und Elektro-Wuchtbrummen.
Größter Nachteil des 1,2-Liters: Er ist auch gebraucht deutlich teurer und seltener als die Einliter-Maschine, die ziemlich genau in zwei Dritteln aller i10 steckt und mit drei Zylindern auskommen muss. Die liefern dann 67 PS und 95 Newtonmeter. Das klingt nach nicht viel weniger als im 1.2, doch der Fahreindruck ist anders. Zwar liegt das Drehmomentmaximum 500 Umdrehungen früher an als beim Vierzylinder, trotzdem wirkt der Einliter seltsam blutleer. Das kräftige Anfahrmoment, das andere Dreitöpfer, wie etwa den VW Up, auszeichnet, geht ihm völlig ab. Da auch beim Verbrauch nur Vorteile in der Größenordnung um sechs Prozent zu erwarten sind, geht die Empfehlung klar an den größeren Motor. Doch halt, einen haben wir noch vergessen: Den kleinen Motor gab es auch als LPG-Ausführung, wenn auch nur in homöopathischen Dosen. Der ist noch lahmer als der Benziner, womit alles gesagt wäre.

Die Motoren entstammen der "Kappa" Familie des Hyundai-Kia-Konzerns. In stärkeren Ausbaustufen kommt es gelegentlich zu Kettenproblemen, die sind den eher luftig motorisierten i10 jedoch fremd.
Immerhin gehen die Dinger nicht kaputt, wie überhaupt der ganze Antrieb mechanisch als äußerst resistent gilt. Oder wie Händler Michael Szewczenko es ausdrückt: "Die Kisten laufen 250.000 ohne Ärger, in der Zeit hast du bei einem VW TSI schon dreimal den verkokten Ansaugtrakt reinigen müssen, wenn nicht vorher die Steuerkette reißt." Wahre Worte, der Aspekt der Problemlosigkeit gerät bei vielen Marken immer mehr ins Abseits. Turbolader und Direkteinspritzung in Verbindung mit immer strengeren Umweltauflagen sorgen zuverlässig für Ärger, den es früher nicht gab, und zwingen den Gebrauchtwagenkäufer zu teuren Reparaturen, die oft den Zeitwert des Fahrzeugs übersteigen.
Da kann es unterm Strich preiswerter sein, einen Saugrohreinspritzer wie den i10 zu nehmen und ein paar Zehntelliter mehr Sprit zu investieren. Wobei auch so ein kleiner Hyundai nicht unzerstörbar ist.
Getriebe: Automatik gibt’s auch
Weil das Drehmoment nun mal knapp bemessen ist, ist Schalten angesagt, was mit der leichtgängigen und präzisen Gangwahlmechanik keine Strafe darstellt. Zumal sich Hyundai, gegen den allgemeinen Trend, mit nur fünf Gängen begnügte. Sinnvoll abgestuft halten diese für jedes Tempo die passende Übersetzung bereit. Beide Benziner waren auch mit Automatikgetriebe zu haben. Das ist gar nicht so selten, rund zwölf Prozent der i10 besitzen eins. Es ist noch so ein alter Viergang-Apparat, wie sie eigentlich seit der Jahrtausendwende als ausgestorben galten. Verbrauch und Beschleunigungszeiten nehmen damit erheblich zu, die Höchstgeschwindigkeit in gleichem Maße ab – das ist also wirklich nur was für die Stadt.

Mit einem Finger: So spielerisch lassen sich im i10 die Gänge einlegen. Und das muss auch so sein. Wenn nicht, sollte dringend die Einstellung des Kupplungszugs überprüft werden.
Fahrwerk: Fährt fluffig, aber mit Verschleiß
In den Statistiken der Prüforganisationen hat das Fahrwerk nicht den besten Ruf – obwohl es so simpel konstruiert ist und das Auto mit seinem geringen Gewicht kein echter Verschleißtreiber ist. Warum dann der erhöhte Verschleiß? Warum teilen so vielen Stadtflitzer dieses Schicksal? Das liegt am vielen Stadtverkehr – natürlich verstärkt auch im Einsatz bei Liefer- und Pflegediensten. Und: Kurven kann der i10 auch, die Lenkung ist feinfühlig und präzise. Lediglich bei niedrigen Geschwindigkeiten leidet ihre Rückmeldung unter der extremen Leichtgängigkeit, aber das wird heute von vielen Kunden so gewünscht. Und verleitet zum äußerst verschleißträchtigen Lenken im Stand. Wie sieht unser Fotoauto nach 135.000 Kilometern aus? Erstaunlich gut – offenbar ging es häufig über Land. Selbst die Vorderachse, ebenfalls ein typischer Schwachpunkt bei der Hauptuntersuchung, präsentiert sich klapper- und polterfrei.

Am häufig unsauberen Tragbild der Bremsscheiben (die gibt's übrigens auch hinten) ist nicht selten die Einsparung von Schutzblechen für die Bremsanlage schuld. So machen es auch die meisten Franzosen.
Wäre dem nicht so, wären die Koppelstangen oder auch Pendelstützen genannten Bauteile die ersten Verdächtigen. Sie verbinden den Stabilisator mit dem Federbein. Der Austausch ist simpel, im freien Handel gibt es sogar eine verstärkte Version von Meyle mit vier Jahren Garantie. Schwieriger wird der Fall bei ausgeschlagenen Querlenkerbuchsen. Hier ist meistens das hintere der beiden Gummilager eingerissen; das vordere geht eigentlich nicht kaputt. Allerdings bekommt auch das Radführungsgelenk mit der Zeit Spiel, was sich als Poltern und unpräzises Fahrverhalten mitteilt. Alle diese Buchsen und Gelenke lassen sich einzeln erneuern. Oder man spart sich viel Arbeit und ersetzt den kompletten Querlenker. Bei 50 Euro geht’s los, Qualität kostet ab 90 Euro. Und immer dran denken: Bei Arbeiten an radführenden Teilen ist anschließend eine Fahrwerksvermessung zwingend erforderlich – selbst wenn in Internet-Foren gern das Gegenteil behauptet wird.
Mängel: Viel vermeidbarer Kleinkram
Beim i10 gibt es außerdem gelegentlich Probleme mit dem Lenkgetriebe, fortwährendes Lenken im Stand führt, wie gesagt, zum Verschleiß der Führungsbuchsen. Die Spurstangenköpfe fallen dagegen bei der Hauptuntersuchung seltener auf, eher rügen die Prüfer die Bremsanlage. Wirkung und Gleichmäßigkeit sowohl der Fuß- als auch der Handbremse stehen in der Kritik, außerdem missfällt das Tragbild der Bremsscheiben zu oft den prüfenden Augen. Oder sie sehen nichts, wenn sich etwa Scheinwerfer und übrige Beleuchtung in Dunkelheit hüllen. Licht ist ein großes Mängelthema beim i10, also öfter mal die Lampen kontrollieren und die Lichtaktionswochen des Kfz-Handwerks nutzen, um kostenlos die Einstellung des Abblendlichts zu kontrollieren.

Der Motor- bzw. Vorderachsträger ist an seinen Kanten nicht sonderlich wirkungsvoll vor Rost geschützt. Konservierungsmaßnahmen können jedoch ohne größeren Geldeinsatz in Eigenregie erfolgen.
Der ADAC spart ebenfalls nicht mit Kritik, in der aktuellen Pannenstatistik gehört speziell das Baujahr 2018 zu den schlechtesten in seiner Klasse und kassiert ein tiefes Dunkelrot. Fehlerquelle Nummer eins ist die Batterie, aber auch die Zündkerzen sorgen für Probleme. Hyundai traut den Iridiumkerzen eine Lebensdauer von 155.000 Kilometern zu, doch viele i10-Fahrer klagen bereits deutlich früher über unruhigen Motorlauf und schlechtes Anspringen. Im Zweifel also früher wechseln, im freien Handel kosten die Funkenspender um 16 Euro (pro Stück). Denn ansonsten lassen sich die beiden Aggregate nichts am Zeug flicken. Die Steuerketten sind haltbar, wie die ganze Mechanik recht anspruchslos ist; allenfalls die Nockenwellenversteller können bei verschlampten Ölwechseln schwergängig werden. Motoren und Getriebe neigen zum Ölverlust, zumindest attestieren das die Überwachungsvereine. Ursache soll eine durchrostende Ölwanne sein. Unser Foto-Kandidat hingegen präsentiert sich überall trocken und lässt sich auch sonst nicht am Zeug flicken.
Wenn etwas Stress macht, dann die Kupplung, deren Betätigungszug regelmäßiges Nachstellen verlangt – spätestens, wenn das Einlegen des ersten Gangs mehr Kraftaufwand fordert. Denn sonst scheppert es doch noch, und zwar im Getriebe.
Preise: Was gut ist, ist nicht billig
... aber zumindest günstig, gemessen an der Abwesenheit von wirklich teuren Baustellen und dem ohnehin sehr kostenschonenden Unterhalt. Dass der i10 ein wenig teurer ist, als die Gebraucht-Konkurrenz liegt auch am überschaubaren Angebot. Denn das ist nicht sehr üppig, nur rund 850 i10 der zweiten Auflage bevölkern die Online-Börsen. Ab 3.500 Euro geht’s los, wenn der Tachostand die 150.000 noch nicht überschritten hat. Bis 10.000 Euro Maximalbudget können im Prinzip sämtliche i10-Wünsche erfüllt werden. Zwei Drittel haben den Einliter-Dreizylinder im Bug, der Rest den "großen" 1,2-Liter. Eher eine Randerscheinung: die LPG-Versionen mit 15 Exemplaren. Was auffällt: i10-Käufer tendieren eher zu den besseren Ausstattungen. Bei den Versicherungs-Typklassen macht die Motorisierung keinen Unterschied, alle i10 der zweiten Generation sind gleich und günstig eingestuft: Typklasse 15 in Haftpflicht und Teilkasko, 12 in der Vollkasko.