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Gebrauchtwagen-Trends
Obere Mittelklasse zum Schnäppchenpreis

Gute Zeiten für Gebrauchtwagen-Käufer – schlechte Zeiten für Händler. Die Preise für Autos aus zweiter Hand fallen dramatisch; besonders hart trifft es Modelle oberhalb der Mittelklasse.

Obere Mittelklasse zum Schnäppchenpreis

„Die Kunden kaufen keine Autos, sie kaufen Rabatte.“ Joachim Wurst, Verkäufer beim Gebrauchtwagen-Händler Autowelt in Backnang versteht manchmal die Welt nicht mehr. Während potenzielle Autokäufer einst eine genaue Vorstellung davon hatten, ob sie nun einen Kombi oder eine Limousine wollen, scheint heute vor allem der größte Preisvorteil entscheidend zu sein. „Die kommen in mein Büro und fragen gezielt nach dem BMW-Werkswagen mit dem größten Preisvorteil. Da ist erst mal egal, ob es ein BMW 1er, 3er oder 5er ist.“ 

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Besonders Mercedes E-Klasse, Audi A6 und BMW 5er sind betroffen

Im Jahr nach der Abwrackprämie dehnen die Schnäppchenjäger ihr Revier auf die Verkaufsflächen der Gebrauchtwagenhändler aus. Eigentlich kein Wunder, denn hier bröckeln an vielen Fronten die Preise. Besonders hart treffen die Folgen der weltweiten Finanzkrise die klassischen Dienstwagen vom Schlage einer Mercedes E-Klasse, Audi A6 und BMW 5er. Mit aggressiven Leasingraten, die auf hohen Restwerten beruhten, machten sich vor allem die Premiumhersteller gegenseitig die Kunden streitig. Solange die Wirtschaft florierte, bereiteten die meist drei Jahre alten Rückläufer den Händlern kaum Kopfzerbrechen. Denn große Kombis mit dicken Dieselmotoren waren vor allem im aufstrebenden osteuropäischen Ausland gefragt. Was der heimische Privatmarkt nicht abnahm, ging per Transporter über die Grenzen. Und die Flottenmanager deutscher Unternehmen orderten munter weiter.

Gefragt sind sparsame Modelle mit geringem Schadstoffausstoß

Dann kam der rasante Anstieg der Ölpreise im Jahr 2008, der den Preisvorteil des Diesels oft zunichte machte. Es folgten die ökologischen Reizthemen CO2-Ausstoß und Feinstaub. Mit der Einführung der Umweltzonen waren plötzlich hubraumstarke Dieselmodelle nicht mehr ganz so beliebt, denn vielen mangelte es an Partikelfiltern oder der Euro 4-Einstufung, die ihnen eine grüne Umweltplakette beschert hätte. Angesichts drohender Fahrverbote waren sie nun praktisch unverkäuflich.

Gefragt waren auf einmal sparsame Modelle mit geringem Schadstoffausstoß. Selbst wenn nicht jeder sofort auf Kleinwagen umsteigen wollte: Kombis der oberen Mittelklasse und große SUV schienen plötzlich out zu sein, die Nachfrage brach ein. Mit der Wirtschaftskrise erfasste die Nachfrageflaute dann den einst boomenden Osten. Die Folge: Immer mehr Gebrauchte blieben im Land.

Und was machen Händler, wenn der Absatz stockt? Sie senken die Preise. „Bevor man ein Auto ein Jahr stehen lässt und 10.000 Euro kaputt macht, senkt man lieber den Preis um 5.000 Euro“, verrät Verkäufer Wurst. Wie eine Analyse des Autoverkaufsportals mobile.de zeigt, scheinen die meisten Händler so zu denken.

Mehr als 40 Prozent des Neuwertes zahlt kaum ein Kunde mehr

Seit Juli 2009 sind die durchschnittlichen Angebotspreise zum Beispiel bei drei Jahre alten Mercedes E-Klassen um noch einmal rund 15 Prozent gefallen. Schlecht für die Händler, die völlig überbewertete Leasingrückläufer auf den Hof bekommen. Mehr als 40 Prozent des Neuwertes zahlt kaum ein Kunde mehr, vor vier Jahren lag der Wert noch bei mehr als 50 Prozent. Da frohlocken Autokäufer mit entsprechend gefüllten Geldbeuteln. Denn plötzlich erscheint ein junger Gebrauchter aus der oberen Mittelklasse in einem Preissegment, in dem sonst neue Kompaktvans oder Mittelklassekombis zu finden sind. Selbst die Furcht vor höheren Unterhaltskosten ist nicht berechtigt: Ein BMW 5er kostet monatlich gerade mal 30 Euro mehr als der kleinere 3er. Da ist der Aufstieg in die höhere Klasse für viele Kunden plötzlich mehr als eine Überlegung wert.

Hauptsache, man findet Abnehmer

Wie wichtig den heimischen Herstellern der Gebrauchtwagenmarkt mittlerweile geworden ist, zeigen Programme wie „Junge Sterne“ bei Mercedes, „BMW Premium Selection“ oder auch „Audi Gebrauchtwagen Plus“: Sonderfinanzierungen, Garantieverlängerungen und kostenlose Wartungsverträge sind neue Mittel, um die Kunden in die deutlich gewachsenen Gebrauchtwagenbereiche zu locken. Hauptsache, man findet Abnehmer. So breit das Angebot an günstigen hochwertigen Modellen auch sein mag, es zeigt nur eine Seite der Medaille. Denn selbst wenn Preise um 20.000 Euro in Relation zum Neupreis verlockend klingen, liegen sie für viele Kunden außerhalb der finanziellen Möglichkeiten. Die breite Masse möchte maximal 10.000 bis 15.000 Euro für einen jungen Gebrauchten investieren. Gesucht werden vor allem Kleinwagen wie etwa der VW Polo.

Viele Kunden scheuen den Aufstieg in eine höhere Klasse

Doch die sind Mangelware. „In diesem Segment sind die Preise eigentlich unverhältnismäßig hoch“, berichtet Frank Eschen, Gebrauchtwagen-Verkaufsleiter im Volkswagen-Zentrum Karlsruhe. „Wir verteilen Kleinwagen mehr, als dass wir sie verkaufen.“ Selbst Autos aus der Drei-Wege-Finanzierung kommen selten wieder zurück auf den Händlerhof. Die Kunden übernehmen die Fahrzeuge meist.

Wer dennoch einen Gebrauchten erwerben möchte, muss relativ tief in die Tasche greifen. Ein Polo Baujahr 2006 mit rund 40.000 Kilometern auf dem Tacho kostet rund 8.000 Euro. Zum Vergleich: Das gleiche Modell als Jahreswagen gibt es für knapp 12.000 Euro. Alternativ kann man aber auch schon einen vier Jahre alten Golf bekommen, für rund 9.000 Euro. Allerdings, so Eschen, scheuen in diesem Bereich viele Kunden den Aufstieg in eine höhere Klasse: „Die Leute haben die Nebenkosten im Blick und sind nicht bereit, 30 Euro im Monat mehr in den Unterhalt zu investieren.“

Weitestgehend leer gefegt ist der Markt von soliden Gebrauchtwagen in der Preisklasse bis 5.000 Euro. Fand man vor zwei Jahren noch vereinzelt entsprechende Schnäppchen bei den großen Händlern, so herrscht derzeit Flaute. Zahlreiche Modelle endeten 2009 als Altmetall-Würfel – der Abwrackprämie fielen eben auch durchaus passable Autos zum Opfer.

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