MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"6741294","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"6741294","configName":"ads.vgWort"}

Autokauf als Frau
Ein Selbstversuch mit Überraschungen

Wenn eine Frau ein Auto kaufen will, wird sie bei der Beratung meistens als Doofchen behandelt. Heißt es. auto motor und sport-Mitarbeiterin Bérénice Schneider hat in Stuttgart den Selbstversuch gewagt. 12 Autohäuser und 3 Kostümierungen später zieht sie Bilanz.

Autohändler
Foto: Archiv

Rot. Er ist rot lackiert. Und klein. Es muss etwas mit dem Sexappeal rot lackierter Fingernägel zu tun haben, anders kann ich mir nicht erklären, wie der Themenwechsel geschah - vom VW Up zu meinen Fingernägeln. "Wenn Sie Ihre Nägel meistens rot lackieren, dann können Sie einen roten Wagen nehmen." Der Verkäufer lacht und zieht die Brauen in die Höhe, und ich frage mich, wie er auf meine Nägel gekommen ist, denn die sind unlackiert.

Es hatte so harmlos begonnen. An einem verschneiten Samstag bin ich losgefahren, um mir ein Auto zu kaufen. Zumindest tue ich so. Mehr als die Autos interessieren mich aber deren Verkäufer und die Frage, wie sie Frauen behandeln. Man kennt ja das Klischee, dass die Herren den Frauen in dieser Männerbranche etwas von oben herab begegnen. Also habe ich mir Jeans, Winterjacke und Sneakers angezogen und beginne meinen ersten Versuch. 12 sollen es insgesamt werden.

Szene 1: Das junge Mädchen

Samstag, 10.00 Uhr. "Tut mir leid, ich habe gar keine Ahnung von Autos", flöte ich, als der Verkäufer des VW-Autohauses in Stuttgart-West sich nach meinen Wünschen erkundigt. "Das macht nichts, dafür bin ich ja da." Ich betrachte einen Up. Bei der Sitzprobe zeige ich auf den Hebel der elektrischen Feststellbremse: "Was ist das?"

"Die Handbremse. Sie funktioniert automatisch. Sie hält den Wagen, wenn Sie halten, und wenn Sie anfahren, löst sich die Bremse." Ich nicke und inspiziere die Schalter in der Tür. Bemerke, dass das Beifahrerfenster sich nicht von der Fahrerseite aus öffnen lässt. Er grinst. "Das ist unser Extra für Sie. So kommen Sie Ihrem Beifahrer näher, wenn Sie das Fenster öffnen wollen." Schluck. Anschließend erkundige ich mich nach den Farben. Er rät mir zu Rot: Das passe dann zu meinem Nagellack. Ich betrachte meine unlackierten Nägel.

12.00 Uhr. In der BMW-Niederlassung drängen sich Kunden zu einem Sekt-und-Häppchen-Event in den Verkaufsräumen, wandern in Gruppen und als Paare von Modell zu Modell. Ich schlendere mit, bleibe stehen, gucke, warte. Ohne Sekt und Häppchen. 3 Verkäufer stehen plaudernd in meiner Nähe, sehen zu mir herüber, gucken wieder weg. Ich fixiere einen; er wendet sich ab, und ich verlasse das Autohaus.

Einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge besitzen heute im Schnitt fast 40 % der deutschen Frauen ein eigenes Auto. Vor 10 Jahren waren es noch 28 %. Darauf müssen die Hersteller reagieren. Sie müssten "der Lebenswelt der Frauen folgen", sagt Doris Kortus-Schultes, Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Auto, einem Marktforschungsinstitut der Hochschule Niederrhein. Aber nicht nur das Angebot müsse auf Frauen zugeschnitten, auch die Ansprache im Autohaus müsse für Frauen akzeptabel sein.

Szene 2: Die elegante Dame

Mittwoch, 10.00 Uhr. Es hat wieder geschneit. Ich beginne den Tag bei Ford in Stuttgart-Mitte. Heute habe ich mich schick gemacht. Will sehen, ob die Beratung in Strickkleid, High Heels und Perlenkette eine andere ist.

"Wie viel fahren Sie denn so im Jahr?" fragt der Verkäufer, ein junger Mann. Ich rechne. Zwei Mal im Monat eine Tour nach Norddeutschland, macht rund 2.000 Kilometer, mal zwölf - 24.000 allein Langstrecke. Dazu die Fahrten zur Arbeit. "Da lohnt sich für Sie schon ein Diesel." Aber wie ist das mit der Kurzstrecke? Die fahre ich dazwischen sehr viel. Das sei, erklärt er, kein Problem, so lange wenigstens ein Mal im Monat eine längere Autobahnstrecke dabei wäre. "So kann sich der Rußpartikelfilter freibrennen. Darum geht es eigentlich nur."

11.28 Uhr. Ich betrete die Ausstellungsräume des Honda-Vertragshändlers in Bad Cannstatt. Der Verkäufer telefoniert, ich sehe mich um. Es ist ruhig, außer mir sind keine Kunden da. 2 Civic stehen da, außerdem ein Jazz und ein Accord. Der Verkäufer hat sein Telefonat beendet, kommt hinter seinem Tisch hervor und auf mich zu. "Kann ich was für Sie tun?" fragt er. "Ich suche einen Kompaktwagen", sage ich. Und dass ich viel fahre.

"Kennen Sie den Civic?" Ich verneine. Er nickt und baut sich vor dem Wagen auf. "Er ist 4,30 Meter lang, sportlich-coupéhaft, ein Viertürer." Er unterbricht und fragt, ob ich häufig allein fahre. Ja, sage ich, aber manchmal hätte ich meine kleine Nichte an Bord. Sie säße noch im Kindersitz. Er verweist auf die Isofix-Halterungen für die äußeren Plätze hinten, beugt sich dann vor und hantiert unter den Rücksitzen. "Wenn Sie doch einmal mehr Zeug dabei haben", sagt er und klappt die Sitzfläche hoch, "hilft Ihnen die Kinobestuhlung. Jetzt haben Sie im Fußraum hinten mehr Platz." Er klappt die Rückenlehne um, dass eine ebene Fläche mit dem Kofferraum entsteht. "Nun testen Sie mal", sagt er und lässt es mich ausprobieren. Und so fährt er fort, bis er mir den ganzen Wagen vorgestellt hat.

Bei Honda ist scheinbar angekommen, dass 37 % der Pkw heute schon auf Frauen zugelassen sind.

Szene 3: In Begleitung

Trotzdem ist die Auto-Branche noch immer eine Männerdomäne. Sie beschäftigt vor allem Männer, sie interessiert überwiegend Männer. Und wenn es an die Wahl des Autos geht, entscheiden meistens Männer. Also nehme ich einen Kollegen mit.

Mittwoch, 14.54 Uhr. Wir betreten das Renault-Autohaus in Stuttgart-Mitte, der Berater eilt herbei, begrüßt uns. "Ich suche ein neues Auto für mich", sage ich. Er nickt und fragt, was ich mir denn vorgestellt hätte? Den Clio. Diesel oder Benziner? "Ich fahre viel auf der Autobahn." Er führt mich zum Datenblatt neben einem Clio. "Dies ist der 75-PS-Diesel. Wir haben noch einen mit 90 PS." Den würde er mir empfehlen, sagt er und greift nach der Preisliste. Blättert, hält sie mir hin und tippt mit dem Finger auf einen Wert. "Der verbraucht 3,6 Liter, der gleich starke Benziner", sein Finger fährt die Zeile entlang, "schluckt 4,5."

Automatik gäbe es im Clio erst ab dem Sommer. So geht es weiter. Er lässt mich Platz nehmen, die Rückbank umlegen und die Isofix-Halterungen auf dem Beifahrersitz suchen. Mein Kollege steht dabei, blättert in der Preisliste und erkundigt sich schließlich nach dem Preis. Der Verkäufer nickt und erwidert an mich gewandt: "So wie er hier steht: 19.200 Euro."

15.42 Uhr. Beim VW-Händler in Zuffenhausen sind wir zu zweit inzwischen ein Mal komplett durch den neuen Golf gekrabbelt und wollen schon gehen, als endlich der Geschäftsführer auftaucht. "Kann ich Euch helfen?" Ja. Wir sehen uns noch einmal den Golf VII an. "Dieser hier hat 140 PS", sagt der Mann zu meinem Kollegen. "Oder ist Ihnen das zu viel?" Er meint mich. "Es ist aber ein Benziner", bemerke ich. Ich wollte einen Diesel, da ich viel fahre, 20.000 Kilometer kämen im Jahr locker zusammen. "Da brauchen Sie keinen Diesel. Wenn Sie sagen, Sie fahren 30.000 oder 40.000, würde ich sagen, nehmen Sie einen Diesel, aber so ...". Er lächelt dabei.

Ich versuche es noch einmal, erkundige mich nach den verschiedenen Hinterachsen beim neuen Golf. Der Geschäftsführer runzelt die Stirn. Schüttelt den Kopf. "Also das höre ich zum ersten Mal. Ich weiß nicht, was Sie glauben, da verstanden zu haben ..." Er guckt zu meinem Kollegen und grinst überlegen. Wir sehen uns an und grinsen ebenfalls. Wir gehen. Da lobe ich mir dumme Sprüche zum roten Nagellack.

Fazit

Ich ging los, um zu beweisen, dass Frauen beim Autokauf noch immer schlechter beraten würden als Männer. Ich hatte mich getäuscht. Die Beratung war mit 3  Ausnahmen sehr gut, egal, ob ich gar keine oder ein wenig Ahnung vortäuschte. Nervig waren Bemerkungen wie die zur Wagenlackfarbe - aber alles völlig harmlos. Über solche Sprüche kann Frau eigentlich nur lachen - und das macht den Autokauf wenigstens vergnüglich.

Zahl weiblicher Autobesitzer steigt

Laut Kraftfahrtbundesamt gingen 37 % aller Neuzulassungen 2012 auf Frauen zurück, 2008 rund 32 %. 1984 waren lediglich 16 % aller Halter weiblich. Dagegen besitzt gut die Hälfte aller Frauen inzwischen einen Führerschein, bei den 18- bis 30-Jährigen sind es sogar 95 %. Mit 14,12 Millionen hat die Zahl weiblicher Kfz-Besitzer 2012 einen neuen Höchststand erreicht.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten