Williams ist der neue Störenfried im Revier der Top-Teams. Zwei Mal in Folge haben Alexander Albon und Carlos Sainz Ferrari, Mercedes und Red Bull geärgert und ihnen WM-Punkte geklaut. Mit 51 Zählern ist der Traditionsrennstall mit großem Abstand Fünfter im Gesamtklassement. Haben die zuletzt schnellen Strecken Williams geschmeichelt, oder steckt da Methode dahinter?
Die Wahrheit ist: Der Williams FW47 ist ein Allrounder geworden, auch wenn das Auto schnelle Strecken immer noch besser kann als langsame. Dabei sparen die Ingenieure in Grove aktuell schon mit Upgrades und konzentrieren sich lieber auf 2026. Für Teamchef James Vowles ist die nächste Saison die erste, in der die bessere Infrastruktur und die neu formierte Mannschaft erste Ergebnisse zeigen sollen.
Da man jetzt schon den Eindruck von spürbaren Fortschritten hat, ist Williams seiner Zeit quasi voraus. Selbst die wenigen Entwicklungsschritte haben das Auto deutlich nach vorne gebracht. Schlüssel ist laut Vowles ein neuer Frontflügel, der in Suzuka debütierte. Der hat den Abtrieb stabiler gemacht, was den Ingenieuren in der Konsequenz mehr Freiheiten bei der mechanischen Abstimmung gibt.

James Vowles setzt alle Karten auf die kommende Saison.
Upgrade ohne Windkanal-Test
Nach Meinung von Vowles ist eine stabile aerodynamische Plattform auch das Geheimnis des McLaren. "Das Auto rutscht einfach weniger. Es produziert extrem viel Abtrieb auf einem verlässlichen Niveau. Das gibt ihnen mehr Spielraum an anderer Stelle. Und das hält die Reifen in Schuss."
Williams will an seinem Plan festhalten, so wenige Upgrades wie möglich zu bringen, um sich voll auf die Entwicklung des 2026er-Autos zu stürzen. "In Barcelona kommt noch ein Frontflügel, der die neuen Regeln erfüllt und die Anpassungen, die dafür nötig sind. Das war’s dann praktisch für den Rest der Saison", verrät Vowles.
Ein Hintertürchen lässt sich der frühere Chefstratege von Mercedes aber noch offen: "Es könnte sein, dass wir nach der Sommerpause noch einmal neue Teile ans Auto bringen. Das Budget dafür ist da. Sie werden aber nicht im Windkanal getestet. Die erlaubten Testläufe brauchen wir für 2026. Wenn sich die Neuentwicklungen auf der Strecke bewähren, bleiben sie am Auto."
Damit könnte Williams zu einem Zeitpunkt in der Saison Boden gutmachen, wenn alle anderen ihre Entwicklungsarbeit am 2025er-Auto längst abgeschlossen haben. Möglicherweise ein Faktor im Schlussspurt, sollte es noch darum gehen, sich in der WM-Tabelle zu verbessern oder seine Position zu verteidigen.

Carlos Sainz und Alex Albon haben jetzt schon 51 WM-Punkte gesammelt - mehr als in den beiden letzten Jahren zusammen.
Die richtige Fahrerwahl
Der fünfte Platz in der Konstrukteurs-WM würde dem Neunten der abgelaufenen Saison im nächsten Jahr rund 27 Millionen Dollar mehr in die Kasse spülen als jetzt. Der warme Regen ist willkommen, auch wenn Eigentümer Dorilton die Investitionen in die Zukunft längst abgesegnet hat. Williams kann langfristig planen und steht nicht so extrem unter Erfolgsdruck wie die Werksteams.
Am Ende des Jahres sind der neue Simulator und das neue Fabrikgebäude in Grove fertig. Im Laufe der nächsten beiden Jahre werden Prüfstände modernisiert und die Eigenproduktion hochgefahren. "Wir lassen immer noch zu viel außer Haus produzieren. Das behindert uns", ärgert sich Vowles. Dazu kommt: "Unsere Mannschaft ist jetzt gefestigt. Wir haben keine Abgänge mehr. Alle sehen, dass die Richtung stimmt."
Der 45-jährige Engländer sieht sich auch in seiner Fahrerwahl bestätigt. Mit Carlos Sainz und Alexander Albon hat er zwei alte Hasen im Cockpit. "In einem so eng gestaffelten Feld machen am Ende die Fahrer den Unterschied. Deshalb haben wir auf Erfahrung gesetzt." Und wenn man dem Fahrerlager-Funk glauben darf, dann hat Williams mit Mercedes auch den bestmöglichen Motor-Partner für die neuen Antriebs-Regeln.