Vorschau GP Kanada: Wer kann am besten Stop-and-Go?

Vorschau GP Kanada 2025
Wer kann am besten Stop-and-Go?

GP Kanada 2025
Veröffentlicht am 12.06.2025

McLaren hat in den letzten Wochen nicht viel anbrennen lassen. Sieben Siege in den ersten neun Rennen sprechen eine eindeutige Sprache. Zuletzt sprang in Barcelona sogar ein Doppel-Erfolg heraus. Da muss man nicht lange über die Favoritenfrage für das nächste Rennen in Montreal diskutieren.

Zu sicher sollten sich Lando Norris und Oscar Piastri aber auch nicht sein. Die nicht permanente Rennstrecke auf der Île Notre-Dame hat in der Vergangenheit schon die ein oder andere Überraschung hervorgebracht, was vor allem am speziellen Layout liegt. Der Circuit Gilles Villeneuve besteht praktisch nur aus Geraden und langsamen Kurven.

Einige Fahrer vergleichen die kanadische Grand-Prix-Strecke sogar mit dem Stadtkurs von Monte-Carlo, nur dass die Vollgaspassagen zwischen den engen Ecken und den Schikanen deutlich länger sind. Das sorgt dafür, dass in Montreal auch deutlich flachere Flügel zum Einsatz kommen und der Abtriebslevel sinkt.

Der GP Monaco hat gezeigt, dass McLaren mit Gegenwehr rechnen muss, wenn sich die Konkurrenz mit dem Setup auf einen speziellen Kurventyp konzentrieren kann. Ferrari, Red Bull und Mercedes reisen also nicht chancenlos über den Atlantik. Max Verstappen muss sich allerdings etwas zügeln. Wenn er sich nur einen einzigen Strafpunkt einfängt, muss er beim Rennen danach in Spielberg aussetzen.

Auch die Temperaturen sprechen nicht für eine langweilige McLaren-Show. Der Papaya-Renner ist bekanntlich immer dann besonders stark, wenn es richtig heiß ist und die Reifen gefordert werden. Für das kommende Wochenende sollen die Höchsttemperaturen in Montreal jedoch im gemäßigten Bereich, knapp über der 20°C-Marke, bleiben.

Zur Freude der Fans wird auch Lokalmatador Lance Stroll mitmischen. Der Aston-Martin-Pilot hatte das Rennen in Barcelona aussetzen müssen, weil er an den Folgen einer Handgelenkverletzung aus der Saison 2023 laborierte. Nach einer erfolgreichen Operation meldete sich der Pilot pünktlich zum Heimspiel wieder einsatzbereit.

Die Strecke: Circuit Gilles Villeneuve

Nach Melbourne, Jeddah, Miami und Monaco steht in Montreal schon der fünfte Stadtkurs des Jahres auf dem Programm. Vom Layout hat der Circuit Gilles Villeneuve auf der Île Notre-Dame mitten im Sankt-Lorenz-Strom, wie schon eingangs erwähnt, einige Besonderheiten zu bieten, die ihm einen eigenen Charakter verleihen. Sechs Mal beschleunigen die Autos auf der 4,361 Kilometer-Runde auf mehr als 250 km/h. Und ebenso oft steigen die Piloten wieder knallhart in die Eisen.

Um schnelle Rundenzeiten zu erreichen, müssen die Autos in den Schikanen aggressiv über die Kerbs, was mit den flachen Rennwagen der Groundeffect-Generation immer problematisch ist. Gefahr droht auch durch die engen Mauern am Kurvenausgang. Vor allem die Bande in der Zielschikane ist schon vielen großen Piloten zum Verhängnis geworden, was ihr den Spitznamen "Wall of Champions" einbrachte. Überholen ist in Kanada dank der langen Geraden und drei DRS-Zonen normalerweise kein Problem.

Die Strecke wurde nach der Saison 2023 frisch asphaltiert. Wegen der harten Winter in Montreal entstehen aber immer relativ schnell wieder neue Bodenwellen in der Fahrbahn, die im restlichen Jahr vor allem dem öffentlichen Auto-Verkehr und Fahrrädern als Unterlage dient.

Lewis Hamilton - Formel 1 - GP Kanada 2024
Wilhelm

Fast Facts

  • Streckenlänge: 4,361 Kilometer
  • Rundenzahl: 70
  • Renndistanz: 305,270 km
  • Anzahl Kurven: 14 (6 links / 8 rechts)
  • Rundenrekord (Rennen): 1:13.078 Min. (Valtteri Bottas, 2019)
  • Absoluter Rundenrekord: 1:10.240 Min. (Sebastian Vettel, 2019)
  • Distanz von der Pole-Position bis zur ersten Bremszone: 152 Meter
  • Länge der Boxengasse: 405 Meter
  • Zeit in der Boxengasse bei Speedlimit: 18 s
  • Vollgas-Anteil (Rundendistanz): 72 Prozent
  • Top-Speed: 347 km/h
  • DRS-Zonen: 3 (T7-T8, T12-T13, T14-1)
  • Reifensorten: C3, C4 & C5
Pirelli-Grafik - Formel 1 - GP Montreal 2025
Pirelli

Das Setup

Die langen Geraden verlangen nach einem guten Top-Speed. Rund 70 Prozent einer Runde haben die Piloten den Gasfuß voll durchgedrückt. Mit zu viel Luftwiderstand verliert man Rundenzeit und wird für die Konkurrenz im Zweikampf zur leichten Beute. Die Flügel werden deshalb ähnlich flach gestellt wie in Baku. Die Ingenieure müssen in Sachen Anpressdruck aber einen guten Kompromiss finden, um in den kurvigen Abschnitten nicht zu viel Zeit zu verlieren.

Wegen des Stop-and-Go-Charakters der Strecke sind auch Bremsstabilität und die Fahrbarkeit des Motors zwei sehr wichtige Faktoren. Die vielen Bremsvorgänge belasten Mensch und Material. Die Teams müssen für eine ausreichende Kühlung der Carbon-Stopper sorgen. Bei den harten Verzögerungen werden regelmäßig Werte von über 5g gemessen.

Aus den engen Ecken heraus zählt vor allem eine gute Traktion. Auf der Hinterachse sollten deshalb etwas weichere Federn verbaut werden. Wegen der hohen Kerbs und der vielen Wellen im Asphalt kann das Fahrwerk generell nicht maximal tief heruntergeschraubt werden, was auf Kosten des Abtriebs geht.

Die Ingenieure sollten bei der Wahl des Setups auch einkalkulieren, dass der Grip auf der nicht permanenten Rennstrecke über das Wochenende immer stark zulegt. Auch der wechselnde Wind ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Der Reifenverschleiß ist wegen des glatten Asphalts normalerweise kein großes Problem. Eher könnte es bei niedrigen Temperaturen zum Körnen kommen. Pirelli schickt wie immer die drei weichsten Mischungen über den Teich. Nach Imola und Monaco kommt also zum dritten Mal der neue C6-Reifen zum Einsatz. Wir sind gespannt, ob das andere Strategie-Varianten ermöglicht.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Kanada - Bilder des Jahres 2023
Wilhelm

Die Upgrades

Montreal hat seinen Platz im Rennkalender mal wieder mitten in der Europa-Saison gefunden. Die große Entfernung zu den heimischen Fabriken spricht eigentlich eher gegen ein Upgrade-Festival. Dennoch erwarten wir zumindest kleinere Neuerungen an den Rennwagen. Zwei Wochen Pause nach dem Spanien-GP und zwei Wochen Abstand zum nächsten Grand Prix in Spielberg dürften einige Ingenieure dazu verleiten, doch ein paar neue Teile zu bringen.

Mercedes hat bereits angekündigt, den Silberpfeil noch einmal im Detail nachzurüsten. Zu erwarten ist auch, dass einige Teams für Kanada noch einmal neue Heckflügel für minimalen Abtrieb vorbereitet haben. Bei Haas gibt es zumindest ein optisches Upgrade. Zum 200. Grand Prix reist das US-Team mit einer grauen Retro-Lackierung, die an die ersten F1-Auftritte in der Saison 2016 erinnert.

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Die Favoriten

Wie zu Beginn der Vorschau schon geschrieben, sollten nur risikobewusste Zocker gegen McLaren wetten. Die Papaya-Autos präsentierten sich dieses Jahr auf allen Strecken siegfähig. Nur der Abstand zur Konkurrenz variierte. Montreal sollte auf dem Papier eher eine Strecke sein, auf der die Überlegenheit nicht ganz so groß ausfällt. Auf dem anspruchsvollen Kurs dürfen sich Norris und Piastri keine Fehler erlauben.

Ferrari hat in Monaco gezeigt, dass Überraschungen möglich sind, wenn das Setup perfekt auf langsame Kurven angepasst wird. Allerdings präsentierte sich Charles Leclerc hier zuletzt als Einzelkämpfer. Das gleiche gilt auch für Max Verstappen bei Red Bull und George Russell bei Mercedes. Wenn die Tagesform stimmt und im Qualifying alles glatt geht, muss McLaren die drei Speerspitzen der Konkurrenz auf dem Zettel haben.

Im Mittelfeld sind Prognosen fast unmöglich. In den letzten Rennen wechselten die ersten Punkteanwärter aus dem Verfolgerfeld immer wieder durch. So überraschte in Barcelona Sauber mit einem fünften Platz von Nico Hülkenberg. Die Ingenieure befürchten aber, dass der Kurs in Montreal dem Schweizer Auto nicht so gut schmeckt.

Nach der leichten Formdelle in Spanien erwarten wir Williams wieder stärker. Auch den Toro Rosso und den Aston Martin dürfte die schnelle Strecke schmecken. Alpine haben wir wegen des PS-Nachteils eher nicht auf der Rechnung. Und Haas ist dieses Jahr eine komplette Wundertüte. Eins ist allerdings klar: Bei Rundenzeiten knapp über der 70-Sekunden-Marke wird es im Qualifying wieder auf jedes Tausendstel ankommen.

In unserer Galerie zeigen wir zur Einstimmung noch einmal die Highlights vom GP Kanada 2024.