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Verstappen-Sieg gegen schnellere Gegner
Red Bull-Downgrade schlägt Mercedes-Upgrade

Red Bull hat beim GP Kanada auf einer seiner Angststrecken gewonnen. Der Schlüssel waren Max Verstappens Extraklasse und eine perfekte Exekution des Rennens. Mercedes bekam für die Niederlage Spott ab.

Max Verstappen - GP Kanada 2024
Foto: xpb

Es gab viele Favoriten für den Sieg beim GP Kanada. Ferrari stolperte schon am Samstag in der Qualifikation. McLaren sah lange wie ein möglicher Sieger aus, bremste sich aber durch falsches Boxenstopp-Timing aus. Mercedes tauchte wie aus dem Nichts auf und hätte den Grand Prix vielleicht gewinnen können, hätte sich George Russell nicht drei Ausrutscher geleistet.

Red Bull traute man am wenigsten zu. Der Kurs in Montreal zählt mit seinen Bodenwellen und Randsteinen nicht zu den Lieblingsstrecken des Red Bull RB20. Am Freitag sorgte ein Defekt an der MGU-K für viel Standzeit, und das wechselhafte Wetter ließ keine vernünftige Setup-Arbeit zu, die Red Bull mit seinem heiklen Auto dringend gebraucht hätte.

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Umso besser lief es bei Mercedes. Die jüngsten Upgrades zeigten Wirkung, und die Strecke mit ihren langen Geraden und ausschließlich langsamen Kurven kam den Silberpfeilen entgegen. Technikchef James Allison erlaubte sich angesichts von Red Bulls jüngsten Schwierigkeiten das Urteil: "Es sieht so aus, als wäre ihr letztes Upgrade eher ein Downgrade."

Am Ende lachte Red Bull. Nach Verstappens sechstem Saisonsieg schlug Red-Bull-Teamchef Christian Horner verbal zurück: "Unser Downgrade hat das Mercedes-Upgrade geschlagen." Das hatte mehrere Gründe: Der Red Bull funktionierte in Montreal besser als erwartet. Max Verstappen war wieder in Top-Form. Und das Team traf im Rennen die richtigen Entscheidungen.

Max Verstappen - GP Kanada 2024
Motorsport Images

Zu Beginn des Rennens fuhr Verstappen noch hinterher.

Lehren aus Monte-Carlo

Die Ingenieure hatten aus der Niederlage von Monte-Carlo ihre Lehren gezogen. "Da lagen wir mit dem Setup total daneben und sind viel zu hart gefahren. Das haben wir in Montreal besser hingekriegt", erklärte Sportchef Helmut Marko.

Da half auch das Streckenlayout. Red Bulls Problem mit den Randsteinen ist immer dann besonders groß, wenn mit maximalem Abtrieb gefahren werden muss. Wie letztes Jahr in Singapur und jüngst in Monte-Carlo. Da hat man nicht viel Spielraum mit der Federung, weil das Auto zu schnell aus seinem Aerodynamikfenster fällt.

In Montreal ist eine Spezifikation mit viel weniger Anpressdruck gefragt. Da ist das Fenster größer und Red Bull konnte deshalb etwas weicher fahren. Aber immer noch so steif, dass sich die Fahrer ständig beklagten. Horner sah es positiv: "Trotzdem waren wir im dritten Sektor bei der Musik, und da musst du in der Schikane voll über die Randsteine drüber."

Das Thema ist aber laut Verstappen und Horner noch nicht vom Tisch. Man kann das Problem im Moment je nach Streckentyp begrenzen, aber nicht aus der Welt schaffen. "Wir müssen viel Arbeit investieren, um diese Schwäche abzustellen. Sie hat uns in den letzten drei Rennen in unruhiges Fahrwasser gebracht", gibt Horner zu.

Max Verstappen - GP Kanada 2024
Motorsport Images

Auf abtrocknender Strecke war der McLaren das schnellere Auto.

Verstappen zahlt nicht für Fehler

In Montreal brauchte es aber mehr als nur den bestmöglichen Kompromiss beim Setup. Verstappen fuhr zwar im Q3 exakt die gleiche Zeit wie Russell, doch der Holländer gab zu: "Die Rundenzeiten der Mercedes im Q2 hätte ich nie und nimmer fahren können." Der Mercedes war am Samstag auf eine Runde das schnellere Auto. Russell fuhr seine Q3-Zeit auf gebrauchten Soft-Gummis, Verstappen auf frischen.

Schon da zeigte sich die Qualität von Red Bull. Fahrer und Ingenieure machten bei der Vorbereitung der Reifen für die entscheidende Runde alles richtig. Bei Mercedes blieb etwas auf der Strecke. Bei Ferrari noch viel mehr. Der Favorit verspekulierte sich total mit zu niedrigen Startdrücken und dem Speed der Aufwärmrunden.

Im Rennen setzte sich dieses Bild fort. Auf Max Verstappen kann man sich verlassen. Auch der Weltmeister macht Fehler, aber der eine, der ihm in der ersten Kurve unterlief, kostete nur zwei Sekunden. Russell verlor bei jedem seiner Ausrutscher eine Position. Zuerst an Verstappen, dann an Norris und zum Schluss an Teamkollege Lewis Hamilton. Nur den konnte er noch korrigieren. Auf Norris fehlten am Ende 0,4 Sekunden, auf Verstappen 3,8 Sekunden. Russell meinte im Rückblick zerknirscht: "Ich hatte den Speed zu gewinnen."

Max Verstappen - Formel 1 - GP Kanada 2024
xpb

Beim ersten Stopp stellte Red Bull die richtigen Weichen zum Sieg.

Setup-Änderungen beim Boxenstopp

Den hatte Verstappen ab Hälfte des ersten Stints nicht mehr. Der Reifendruck passte für die abtrocknende Strecke nicht, und seine Intermediates nutzten sich zu schnell ab. Norris fuhr ihm pro Runde zwei Sekunden davon, und Russell saß ihm im Nacken. "Da hatten wir den Sieg schon aufgegeben", räumte Horner ein.

Doch dann spielte das Safety-Car Verstappen einen Joker zu, so wie ihm in Miami in einer vergleichbaren Position einer genommen wurde. "Wir wären so oder so reingekommen, egal, was Norris gemacht hätte", beteuert Horner. "Unsere Intermediates waren nicht mehr in bestem Zustand. Sie hätten die zweite Regenphase nicht überstanden."

Nicht nur das Timing war für Verstappen perfekt, auch das, was beim Boxenstopp passierte. Die Ingenieure passten den Reifendruck und die Frontflügeleinstellung an. "So haben wir Max wieder ein Auto an die Hand gegeben, mit dem er bei den geänderten Bedingungen kämpfen konnte. Das Auto lag danach in einem besseren Fenster", erklärte Horner. Es war eine Maßnahme, nicht ohne Risiko. Der Eingriff am Flügel hätte fast eine Position gegen Russell gekostet. Verstappen fädelte sich knapp vor dem Mercedes ein.

Max Verstappen - Formel 1 - GP Kanada 2024
xpb

Für den 60. Sieg in seiner Karriere musste Verstappen so hart kämpfen wie selten zuvor.

Luxus des Spitzenreiters beim Re-Start

Red Bull fand danach auch den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel zu Slicks. Nicht so früh wie Hamilton, nicht so spät wie Norris. Horner verrät: "Der erste Sektor war noch ziemlich nass. Das hat den Aufwärmprozess der Slicks verzögert. Wir haben mit dem Stopp so lange gewartet, bis der Zeitverlust beim Aufwärmen akzeptabel war."

Danach durfte Verstappen nur den Re-Start nach der zweiten Safety-Car-Phase nicht verschlafen. Der Weltmeister erledigte auch das meisterlich. Er ließ sich bis zum letztmöglichen Moment bis kurz vor der Schikane Zeit, das Tempo anzuziehen. Während er durch Zickzackfahren die Reifen auf optimale Temperatur brachte, blieben seine Verfolger in der Spur, um den Moment nicht zu verpassen, an dem es losgeht. "Das ist der Luxus des Spitzenreiters beim Re-Start. Er kann die Reifen besser vorbereiten und hat dann besseren Grip", bedauerten die Mercedes-Strategen.

Es dauerte keine Runde, und Verstappen hatte seine Verfolger aus dem DRS-Bereich abgeschüttelt. Ihm kam zugute, dass die McLaren auf Slicks das langsamste der drei Autos waren. Russell hätte ihm mit seinen frischen Medium-Reifen gefährlich werden können, doch er brauchte zu lange, bis er an Oscar Piastri vorbeikam.

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