So tief war Max Verstappen in dieser Saison noch nie gefallen. Platz acht am Start, Rang neun im Ziel. Der Weltmeister war froh, es in der Qualifikation überhaupt ins Q3 geschafft zu haben. Schon da sagte er: "Ich fahre nicht mehr um den Titel. Es geht jetzt nur noch darum, bei jedem Rennen das Maximum herauszuholen."
Das waren auf dem Hungaroring zwei WM-Punkte. Sportdirektor Helmut Marko merkte kritisch an: "Wir müssen eigentlich froh sein, dass wir nicht überrundet wurden." Tatsächlich waren Verstappen und sein Red Bull im Rennen besser als das Resultat. Der Niederländer steckte nur von Anfang bis Ende in einem DRS-Zug fest. Als er mal frei fahren konnte, drehte er die drittschnellste Rennrunde.
Zu Beginn des Rennens machte Verstappen noch mit Überraschungsangriffen in der Schikane Positionen gut. Doch irgendwann hatten die Gegner auch diesen Trick durchschaut. Liam Lawson ließ sich im zweiten Stint kein zweites Mal vom Meister ausbremsen. Der Neuseeländer hielt Verstappen 20 Runden lang in Schach. Ein Toro Rosso vor einem Red Bull in einem offenen Schlagabtausch: Wann war das zum letzten Mal passiert?

Max Verstappen kämpfte in Ungarn auf verlorenem Posten.
Einmaliger Ausrutscher für Red Bull?
Die Vorstellung auf dem Hungaroring war vermutlich ein einmaliger Ausrutscher. Alle Indizien sprechen dafür. Verstappen klagte das ganze Wochenende darüber, dass er keinen Grip spüre. "Egal, was wir am Auto geändert haben. Die Rundenzeit blieb immer die gleiche." Das ist die Übersetzung dafür, dass die Reifen nicht in ihr Arbeitsfenster kommen wollten.
Und trotzdem war der GP Ungarn auch ein Weckruf für Red Bull. Er steht symptomatisch für die Probleme mit dem Auto. Das Fenster, in dem es funktioniert, ist trotz aller Upgrades klein. Da änderte auch ein neuer Frontflügel nichts. Der RB21 ist zu stark abhängig vom Streckenlayout, den Asphalttemperaturen und vom Setup. Da kann auch Verstappen nicht mehr zaubern.
Man kann den Red-Bull-Ingenieuren nicht vorwerfen, dass sie der Überlegenheit von McLaren tatenlos zugesehen hätten. In zwölf von 14 Rennen kamen Upgrades ans Auto. Insgesamt wurde die Aerodynamik des RB21 seit Saisonbeginn in 29 Details verändert. Damit liegt man zumindest mengenmäßig deutlich vor McLaren (24), Ferrari (22) oder Mercedes (14).

Yuki Tsunoda wartet nun schon seit sieben Rennen auf WM-Punkte. Der einzige andere Fahrer, mit solch einer Negativ-Serie: Franco Colapinto.
Mit zwei Tsunodas letzter
Der Erfolg hielt sich in Grenzen. McLaren fährt weiter in einer eigenen Liga. Ferrari hat Red Bull überholt, Mercedes ist seit dem Rückgriff auf die alte Hinterachse wieder ein Gegner. Trotz aller Bemühungen gelingt es Red Bull nicht, dauerhaft stabilen Abtrieb zu generieren und das Auto auszubalancieren. Marko gibt zu: "Uns fehlt die Konstanz."
Wie gut der RB21 wirklich ist, lässt sich schwer beurteilen. Verstappen überfährt so manches Defizit. Tsunoda ist seit sieben Rennen punktelos. Einer im Fahrerlager spottet: "Hätte Red Bull zwei Tsunodas im Auto, wären sie jetzt Letzter in der WM." Das Saisonziel wurde schon korrigiert. "Es geht jetzt darum, zur alten Form zurückzufinden und unseren Platz hinter McLaren wieder einzunehmen", fordert Marko.
Seit Imola hat Max Verstappen kein Rennen mehr gewonnen. Red Bull war auch letztes Jahr in ein Sommerloch gefallen, doch die Ausschläge waren nicht so groß. Aus Sicht des Weltmeisters sind die letzten sieben Rennen eine Bilanz des Schreckens: 4-10-2-Ausfall-5-4-9.

Will Verstappen dieses Jahr noch was reißen, muss das Team beim Setup und der Strategie mehr Risiko gehen.
Verzweiflung im Duell mit McLaren
Zur Wahrheit gehört auch, dass Red Bull in dieser Saison immer öfter gezwungen war, mit der Fahrzeugabstimmung oder der Strategie ins Risiko zu gehen, um McLaren überhaupt unter Druck setzen zu können. Das war aber nur in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt. Beispiele sind die Pole-Position in Silverstone oder der Sprint-Sieg in Spa.
Meistens ging der Schuss nach hinten los. In Monte-Carlo, Barcelona und Budapest spielte man mit Boxenstopps außerhalb der Norm Vabanque und fiel auf die Nase. In Silverstone war man im Rennen mit zu wenig, in Spa mit zu viel Abtrieb unterwegs. Beide Male spielte das Wetter nicht so mit, wie es Red Bull wollte. In Silverstone war es anfangs zu nass, in Spa zu früh zu trocken.
Verstappen kam seit Imola nur noch ein Mal vor den McLaren ins Ziel. Ausgerechnet in Montreal, auf der Rennstrecke, auf der man es am wenigsten erwarten durfte. Mit 97 Punkten Rückstand ist das Unternehmen Titelverteidigung gelaufen, zumal Verstappen ja nicht nur gegen einen McLaren-Fahrer antreten muss, sondern beide. Red Bulls Nummer eins muss sich jetzt nach hinten orientieren. George Russell hat in den letzten sieben Rennen zehn, Charles Leclerc 27 Punkte aufgeholt.
Immerhin ist an einem Punkt Ruhe eingekehrt. Verstappen hat in Budapest bestätigt, dass er 2026 für Red Bull fährt. Damit ist auch im Team die Zeit der Ungewissheit vorbei, und jeder hat den Kopf frei für seine Aufgabe. Verstappen hat bereits gesagt, was er sich erwartet: "Wir müssen zeigen, dass wir in der Lage sind, das Auto zu verbessern. Auch im Hinblick auf nächstes Jahr."