Dass Andrea Kimi Antonelli von den Fans in Shanghai zum Fahrer des Rennens gewählt wurde, überraschte den Piloten am Ende selbst etwas. Von den reinen Zahlen her hatte der 18-Jährige eigentlich keine besondere Leistung abgeliefert. Der Italiener war auf Rang acht gestartet. Und er war am Ende auch auf Rang acht über die Ziellinie gerollt. Auf Sieger Piastri fehlten 53,7 Sekunden, auf George Russell im Schwesterauto immerhin noch 42,6 Sekunden.
Die Disqualifikation der beiden Ferrari spülte den Youngster nachträglich noch auf Rang sechs nach vorne. Nach dem Rennen verriet der Youngster, dass er sich irgendwo einen Schaden am Unterboden eingefangen hatte, der seine Pace beeinträchtigte. Vor diesem Hintergrund musste man die Leistung des Silberpfeil-Piloten natürlich ganz neu bewerten. Es blieb nur die Frage offen, wie und wo der Unterboden in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Nach genauer Analyse der TV-Bilder und der Untersuchung des Autos lieferte Chefingenieur Andrew Shovlin mit ein paar Tagen Verspätung die Auflösung: "Leclerc hatte das rechte Hinterrad von Lewis getroffen. Dabei ist die Endplatte seines Frontflügels abgebrochen. Kimi hat das zwar gesehen, aber er konnte leider nicht mehr ausweichen, weil andere Autos neben ihm lagen. Er ist über die Trümmerteile gefahren, die unter das Auto flogen und die Leitbleche am Eingang des Unterbodens beschädigt haben."

Der Schaden am Unterboden führte dazu, dass sich Antonelli nicht gegen den Haas von Esteban Ocon wehren konnte.
Schaden kostet zwei bis drei Zehntel
Dieser sensible Bereich des Autos hat extreme Auswirkungen auf die Aerodynamik und damit auch auf die Performance. Allerdings war der Abtriebsverlust nur schwer zu beziffern, bedauert Shovlin: "Es hat auf jeden Fall jede Menge Performance gekostet. Wie viel es in der Rundenzeit ausgemacht hat, ließe sich besser kalkulieren, wenn es vorher schon ein paar Runden gegeben hätte. Hier passierte es aber gleich in der ersten Runde. Deshalb kann man das nur schätzen. Mit Blick auf die Aero-Daten gehen wir davon aus, dass der Abtriebsverlust zwei bis drei Zehntel pro Runde gekostet hat."
Problematisch war auch, dass der Schaden das Auto einseitig betraf. Der Abtriebsverlust machte sich vor allem auf der Hinterachse bemerkbar. "Kimi hat sich sehr schnell am Funk gemeldet und geklagt, dass er hinten keinen Grip hat. Damit begannen die Reifen zu rutschen, sie wurden heiß und haben Grip verloren. Mit diesem Problem hatte er den Großteil des Rennens zu kämpfen. Beim Boxenstopp konnten wir das über den Frontflügel nur ein wenig lindern", so Shovlin.

Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin zeigte sich von den Leistungen seines Rookies beeindruckt.
Da kommt noch mehr von Kimi
Am Ende musste der Pilot irgendwie selbst damit klarkommen: "Wenn man solch einen Schaden am Auto hat, dann kann sich das in einem inkonstanten Fahrverhalten auswirken. Je nach Kurve oder Windrichtung ist es mal besser oder schlechter. Die Balance verschiebt sich in verschiedene Richtungen. Er hat da wirklich einen guten Job abgeliefert. Aber natürlich war es etwas frustrierend, wenn man seine starke Pace zu Beginn des Wochenendes sah. Da hat er mit den beiden Ferrari und mit Max gekämpft."
Generell stellt Shovlin seinem jungen Schützling für den Start beim Werksteam ein glänzendes Zeugnis aus: "Er passt brillant in unser Team. Es war ja ziemlich schwierig, die Nachfolge eines Fahrers anzutreten, der so erfolgreich war wie Lewis. Jeder hier im Team arbeitet gerne mit Kimi zusammen. Und er hat einfach Spaß. In Melbourne war es mit dem Regen im ersten Rennen besonders schwierig. Aber er hat sich gut daran angepasst. Ich denke, da wird noch viel mehr kommen von Kimi."