Die Fahrbarkeit stellte bei der aktuellen Auto-Generation lange ein großes Problem dar. Der Wechsel von V8-Saugern zu V6-Turbomotoren im Jahr 2014 bereitete den Technikern zumindest in der Anfangszeit ordentlich Kopfschmerzen. Ingenieure und Piloten mussten sich erst einmal an das komplizierte Zusammenspiel der einzelnen Power-Unit-Elemente gewöhnen.
Es gibt seitdem eine Elektromaschine namens MGU-K, die direkt an der Kurbelwelle andockt und beim Verzögern Energie rekuperiert. Daneben gibt es mit der MGU-H noch eine zweite Elektromaschine, die auf der Welle des Turboladers zwischen Turbine und Kompressor sitzt. Ähnlich wie bei einem Dynamo kann immer dann Energie abgezweigt werden, wenn der Turbo auf längeren Vollgaspassagen schneller dreht, als es für den optimalen Ladedruck nötig wäre.
Beide Elektromaschinen sammeln natürlich nicht nur Energie, sondern steuern aktiv einen Teil zum Antrieb bei. Bei der MGU-K kommt der Einsatz der Hybrid-Power über die Kurbelwelle direkt an der Hinterachse an. Die MGU-H greift immer dann ins Spiel ein, wenn Ladedruck gebraucht wird. Bei niedrigen Drehzahlen wird der Turbo also künstlich hochgespult, damit es beim Beschleunigen nicht zu einem Turboloch kommt.
Mittlerweile wurde die Software der Steuereinheiten bei allen Teams so verfeinert, dass sich die Turbo-Motoren von der Charakteristik fast wie Sauger anfühlen. Den Piloten steht Leistung in allen Lebenslagen zur Verfügung. Beim Drehmoment überbieten die aufgeladenen Aggregate ihre Vorgänger sogar deutlich.

Die MGU-H sitzt auf der Turbowelle. Turbine und Kompressor sind beim sogenannten "Split-Layout" voneinander getrennt.
Mehr Power von der MGU-K
Nach zwölf Jahren kommt es aber 2026 zur nächsten großen Regel-Reform auf der Antriebsseite. Die MGU-H fällt komplett weg. Dafür muss die MGU-K mehr arbeiten. Über sie soll fast die Hälfte der Gesamtpower auf die Kurbelwelle übertragen werden – insgesamt 350 kW (475 PS). Aktuell trägt der Hybrid-Schub nur zu 15 Prozent (120 kW / 165 PS) zur Systemleistung bei.
Die große Frage lautet, welche Auswirkungen der Wegfall der MGU-H auf die Fahrbarkeit hat. Künftig müssen die Abgase wieder alleine die Turbine antreiben. Hywel Thomas verspricht aber, dass die Piloten beim Gasgeben nicht viel von einem Turboloch spüren werden. Der 52-jährige Engländer trägt seit 2020 die Verantwortung für die Mercedes-Motorenentwicklung im britischen Brixworth.
Der Experte erklärt: "Wir haben ja diesen unglaublichen 350-Kilowatt-Elektromotor, mit dem man jedes Loch stopfen kann. Allerdings ist elektrische Energie eine begrenzte Ressource. Man versucht, das Ansprechverhalten also noch auf anderen Wegen zu verbessern."

Mercedes-Motorenchef Hywel Thomas macht den Piloten beim Thema Fahrbarkeit Hoffnung.
Ausfall-Dramen in der Anfangsphase?
Wie seine Kollegen von den anderen vier Herstellern lässt sich der Mercedes-Motorenchef natürlich noch keine genauen Performance-Zahlen entlocken. Nur so viel: Der maximale Power-Output, den die Fahrer zu Beginn der Geraden abrufen können, soll auf einem ähnlichen Niveau wie bei den aktuellen Motoren liegen. Die Frage lautet nur, wie schnell der Elektro-Anteil aufgebraucht ist und wie früh die Piloten vor einer Kurve wieder vom Gas gehen müssen. Effizienz spielt eine noch größere Rolle.
Bleibt noch das Thema Haltbarkeit, das bei der letzten großen Reglement-Revolution im Jahr 2014 zu größeren Dramen geführt hatte. Dieses Mal sollten eigentlich alle Motorenhersteller wissen, was auf sie zukommt. Dazu hat sich die Prüfstandstechnik in den letzten Jahren deutlich verbessert. Zudem fällt ja wie erwähnt die MGU-H weg, die zum letzten Reglementstart für viele der Probleme verantwortlich war.
Frühzeitig Entwarnung geben will Thomas aber nicht: "Immer, wenn sich große Teile des Reglements ändern, besteht die Gefahr, dass es bei der Zuverlässigkeit zu Problemen kommt. Aktuell ist die Haltbarkeit im ganzen Feld sehr gut. Der nächste V6 unterscheidet sich auch nicht dramatisch von dem, was wir jetzt haben. Trotzdem befürchte ich, dass wir Anfang nächsten Jahres noch einige Dramen erleben werden."