McLaren ist nicht zu bremsen. Die strengeren Frontflügel-Tests gingen in Barcelona spurlos am WM-Spitzenreiter vorbei. Zwei Autos in der ersten Startreihe, der dritte Doppelsieg. Der Vorsprung in der WM beträgt nun schon 197 Punkte. Red Bull störte nur deshalb kurz McLarens Kreise, weil Max Verstappen durch die Dreistopp-Strategie immer mal wieder in die Nähe der Papaya-Renner kam.
Doch Red Bull lebt vom Verstappen-Faktor. Das Auto ist so auf den Niederländer zugeschnitten, dass kein anderer damit fahren kann. Das zeigt der letzte Startplatz von Yuki Tsunoda. Ferrari hat mittlerweile das bessere Auto. Wenn da nur nicht die Qualifikationsschwäche wäre. Die kehrt sich im Rennen in eine Stärke um. Nur McLaren schont seine Reifen besser. Bei Mercedes kehrt immer öfter das alte Problem zurück. Das Auto überfordert im Dauerbetrieb seine Reifen.
Im Mittelfeld wurden die Positionen kräftig durchgemischt. Das lag aber nur zu einem kleinen Teil an den steiferen Frontflügeln. In der zweiten Hälfte des Feldes nutzte man mit Ausnahme von Alpine das Verbiegen nicht so effektiv wie an der Spitze. Damit musste man auch nicht so viel aufgeben. Die Formschwankungen hatten eher mit Upgrades und den Vorlieben der Autos für bestimmte Strecken zu tun.

Nico Hülkenberg konnte aus eigener Kraft einen Ferrari überholen.
Sauber springt nach vorne
Wenn 20 Autos innerhalb von 0,834 Sekunden liegen, dann entscheiden Nuancen. Der Williams und der Haas mögen keine Kurven mit langen Radien. Wenn das Auto um die Längsachse rollt und die Vorderräder eingeschlagen sind, verliert man zu viel Abtrieb. Toro Rosso, Aston Martin, Alpine und Sauber profitierten von ihren jüngsten Technik-Entwicklungen.
Bei Sauber waren der neue Frontflügel, Unterboden und Seitenkasten ein Volltreffer. Im direkten Vergleich brachten die Neuentwicklungen drei Zehntel und im Kopf der Fahrer noch ein bisschen mehr. Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto haben jetzt wieder Vertrauen in ihren C46. Der fünfte Platz im Rennen war kein Zufall.

1. McLaren
McLaren lieferte in der offiziellen FIA-Upgrade-Liste ein weißes Blatt Papier ab. Die Ingenieure hatten lediglich den Frontflügel so versteift, damit er den neuen Test bestand. In den lang gezogenen Kurven und bei der großen Hitze zeigten die Papaya-Renner zwei ihrer herausragenden Qualitäten: Aerodynamische Stabilität, gute Kühlung, perfektes Reifenmanagement.

2. Ferrari
Ferrari verbessert sich in kleinen Schritten. Leclercs dritter Platz war jetzt schon das dritte Podium, das zweite in Folge. Der Ferrari-Trumpf sticht aber immer erst am Sonntag. Nur McLaren beherrscht das Reifenmanagement besser. Ferrari versucht durch weichere Reifenmischungen den Unterschied zu machen, doch es dauert oft zu lange, bis sich die Fahrer freigeschwommen haben.

3. Red Bull
Red Bull lebt von Verstappen. Das ist Fluch und Segen zugleich. Mit Verstappen am Steuer ist man in der Lage, die McLaren zumindest zeitweise in Atem zu halten. Der zweite Fahrer taucht dagegen im Nirgendwo ab. Tsunoda war am Start Letzter. Es gibt offenbar nur ein Setup, mit dem der RB21 funktioniert. Das Verstappen-Setup. Mit dem aber kann kein anderer schnell fahren.

4. Mercedes
Mercedes streifte die Mini-Krise von Imola und Monte-Carlo ab. Russell qualifizierte sich mit exakt der gleichen Rundenzeit wie Verstappen. Auf eine Runde läuft der Silberpfeil. Auf die Distanz werden die Reifen zu heiß. In Barcelona vorne wie hinten. Teamchef Wolff meinte, dass man das Problem in Barcelona besser als zuletzt im Griff hatte, dass es aber keineswegs gelöst sei.

5. Toro Rosso
Toro Rosso ist das stabilste Team im Mittelfeld. Hadjar qualifiziert sich fast immer im Q3. Eine Serie von Upgrades, die sich über vier Rennen hinzogen, haben den VCARB02 ohne die gefürchteten Nebenwirkungen schneller gemacht. Die Fahrer loben noch immer die Berechenbarkeit des Autos. Dazu trugen auch die neue Nase und der modifizierte Frontflügel bei.

6. Sauber
Sauber ist weg vom Tabellenende. Und so wie sich der C46 in Barcelona präsentierte, könnte der Fortschritt nachhaltig sein. In der Spitze gewann Sauber nur geringfügig Abtrieb. In der Breite umso mehr. Das Auto ist jetzt einfacher zu fahren, was sich vor allem im Rennen in Form einer geringeren Reifenabnutzung auszahlt. Hülkenberg fuhr aus eigener Kraft in die Top Ten. Nur ein Platz wurde ihm geschenkt.

7. Aston Martin
Barcelona war der letzte Beweis: Das Imola-Upgrade war ein Fortschritt. Nicht so krass wie bei Sauber, aber gut genug, dass Alonso zum dritten Mal in Folge ins Q3 fuhr. An der Performance im Rennen muss Aston Martin noch arbeiten. Wie bei Mercedes nimmt das Auto die Reifen zu stark her. Das wird am Sonntag oft zum Handikap. Immerhin reichte es bei Alonso zu ersten Punkten.

8. Alpine
Alpine hatte wie McLaren und Mercedes den neuen Frontflügel schon in Imola probiert. Die Franzosen waren also vorbereitet. Der neue Unterboden in Barcelona war ein Schritt in die richtige Richtung. "Mehr Abtrieb bei gleicher Charakteristik", urteilte Technikchef David Sanchez. Alpine belohnte sich mit dem achten Startplatz und vier WM-Punkten.

9. Williams
Williams wusste es vorher: Diese Strecke war letztes Jahr schon Gift für ihre Autos und würde es dieses Jahr wieder sein. Die Startplätze 11 und 17 lieferten den Beweis. Zum zweiten Mal nach Bahrain ging Williams leer aus. Die blauen Autos verlieren in Kurven mit langem Radius zu viel Abtrieb. Das stresst die Reifen.

10. Haas
Haas hatte die gleichen Sorgen wie Williams und wurde genauso brutal bestätigt. In den lang gezogenen Kurven ließen die US-Renner zu viel Zeit liegen. Egal, ob schnell oder langsam. Der Verlust war über alle drei Sektoren gleich verteilt. Ocon und Bearman lagen jeweils im letzten Viertel des Feldes. Deshalb will Haas vor der Sommerpause noch ein Upgrade bringen.