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Taktik-Check GP Mexiko 2022
Red Bull pokert am besten

GP Mexiko 2022

Der GP Mexiko wurde über die Reifenwahl entschieden. Doch die Entscheidung für Soft und Medium war keine Sieggarantie. Sie hat nur bei Red Bull funktioniert. Und auch da lernte man erst während des Rennens, dass der Plan aufgeht.

Max Verstappen - Red Bull - GP Mexiko 2022
Foto: Red Bull

Vom Layout her ist das Autodromo Hermanos Rodriguez mit seiner 1,2 Kilometer langen Zielgerade eine Strecke, die gute Rennen erlauben sollte. Das Problem ist die Höhe. Und der Fluch der modernen Formel 1, alles am Limit zu bauen. In den 60er Jahren und zu einem Teil auch noch in der zweiten Ära des GP Mexiko 20 Jahre später bot die Strecke fast immer guten Sport. Damals gab es bei der Kühlung noch Spielraum für eine Rennstrecke 2.238 Meter über dem Meer. Heute geht es darum, so schnell wie möglich langsam, zu fahren.

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Das Zauberwort ist Temperatur-Management. Zwei Runden im Abstand von sechs Zehnteln, und beim Hintermann brennen alle roten Lampen. Dann wird der Motor zu heiß, das ERS-System, die Bremsen. Ein Überholmanöver funktioniert entweder sofort oder nie. Insgesamt wurden nur 25 gezählt. Sergio Perez war schneller als Lewis Hamilton, kam aber trotz DRS und einem auf der Geraden überragenden Red Bull nicht am Mercedes vorbei. Der Mexikaner musste die meiste Zeit einen Respektabstand von zwei Sekunden einhalten, damit die Technik nicht den Hitzetod stirbt.

Hanna Schmitz - Red Bull - GP Mexiko 2022
Red Bull
Red-Bull-Chefstrategin Hanna Schmitz und ihr Team trafen die richtige Reifen-Entscheidung.

Red Bull investiert in den Soft-Reifen

Weil das Rennen oft zur Prozession wird, fallen die Entscheidungen im GP Mexiko meistens schon vor dem Rennen. Die entscheidenden Punkte sind: Wie weit man sich mit der Kühlung ans Limit wagt, um so wenig Abtrieb herzuschenken wie möglich. Und welche Reifen man wählt.

Das war in diesem Jahr besonders schwierig, weil Pirelli im zweiten Training einen Reifentest für 2023 angesetzt hatte. Somit beschränkten sich die Informationen über die Reifen hauptsächlich auf die Erfahrungen aus dem ersten Training auf einer grünen Strecke und bei acht Grad höheren Asphalttemperaturen als im Rennen.

Red Bull hat an diesem Freitag mehr Arbeit in die weiche Mischung investiert als seine Gegner. Bei Mercedes machte sich schnell die Meinung fest, dass der Soft-Reifen kein guter Rennreifen sein würde. Man traute ihm maximal 16 Runden zu. Zu wenig für ein Einstopp-Rennen. "Unsere Simulationen haben gesagt, dass wir am Ende furchtbar langsam gewesen wären, hätten wir einen Start auf den weichen Reifen gewagt."

Der Medium-Reifen am Start ließ Mercedes nach eigener Rechnung mehr Optionen. Man rechnete mit 34 Runden Laufzeit. Exakt die Distanz, die George Russell im Rennen dann schaffte. "Das hat uns drei Optionen versprochen: Medium-hart, Medium-soft-medium oder medium-soft, sollten wir in der Lage sein, den ersten Stint über unsere Erwartungen hinaus zu verlängern", erklärten die Strategen.

Max Verstappen - Red Bull - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Wichtig für Verstappen war es, am Start vorne zu bleiben.

Soft-Reifen am Start keine Sieggarantie

Das Rennen hat gezeigt, dass die Entscheidung für den Medium-Reifen am Start falsch war. "Wir hätten nur eine Chance gehabt. Dazu hätten wir den Start gewinnen müssen." Red Bull zog mit dem Poker auf Soft-Reifen zu starten das große Los. Max Verstappen trug ihn 25 Runden weit und war dabei so schnell wie Lewis Hamilton auf dem vermeintlich robusteren Medium-Gummi.

Der Soft-Reifen am Start war aber keine Sieggarantie. Eigentlich funktionierte er nur für Red Bull, weil das Auto seine Reifen schont, den Speed hat und man vorne in sauberer Luft sein Tempo fahren konnte. Ferrari hat mit seiner Entscheidung für Soft-Reifen am Start auf dem Papier zwar das richtige gemacht, aber für ein Auto, das traditionell seine Reifen frisst, war es dann doch kein Matchwinner.

Ferrari fehlte einfach der Speed. Mit heruntergedrehter Leistung und schlechter Fahrzeugbalance war auch auf den Soft-Reifen kein Blumentopf zu gewinnen. Nach 20 Runden fehlten Carlos Sainz und Charles Leclerc schon 18 respektive 22 Sekunden auf die Spitze. Ferrari hätte auch auf den Medium-Reifen starten können, es hätte für den Ausgang des Rennens keinen Unterschied gemacht. "Wir waren zu langsam für die Spitze und zu schnell für das Mittelfeld", beschrieb Leclerc sein einsames Rennen.

Für die anderen vier Soft-Starter lohnte sich die Wahl auch nicht, weil sie im Mittelfeld feststeckten und keinen Boden gutmachen konnten. Sebastian Vettel kam auf Pirellis weichster Mischung 38 Runden weit. Das lange Durchhalten brachte ihn auf den 11. Platz, aber keine freie Fahrt. Nach dem Boxenstopp steckte er in der gleichen Gruppe fest wie vorher.

George Russell - Mercedes - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Bei Mercedes lieferten die harten Reifen nicht die gewünschte Performance.

Red Bull plante mit zwei Stopps

Zurück zum Duell Red Bull gegen Mercedes. Für Red Bull war die mutige Reifenwahl zunächst auch eine Fahrt ins Ungewisse. Man plante ein Zweistopp-Rennen ein und wurde dann positiv überrascht. Wäre der Soft-Reifen früher eingebrochen, hätte man für den zweiten Stint den harten Gummi statt Medium-Reifen nehmen können. Auch ein Zweistopp-Rennen wäre eine Option gewesen, mit einem zweiten Satz Soft am Ende. Darauf hoffte Mercedes. Vergeblich.

Red Bull stellte beim ersten Stint fest, dass der Reifenverschleiß keine Rolle spielt, und dass die Soft-Reifen weniger stark Grip verlieren, als alle dachten. Damit war für die Strategen am Red Bull-Kommandostand klar, dass der Medium-Reifen die Wahl für die zweite Rennhälfte sein würde.

Im Gegensatz zu Mercedes traute man dem harten Reifen nicht viel zu. Es fehlte generell einfach der Abtrieb, die C2-Gummis so walken zu lassen, dass sich im Mantel Temperatur aufbaut. Und damit hatte der harte Reifen zwar ein langes Leben, aber zu wenig Grip.

Das verbot auch einen Undercut von Hamilton gegen Verstappen, der bei nur 1,8 Sekunden Abstand nach 24 Runden theoretisch möglich gewesen wäre. "Der hätte mit dem harten Reifen nie funktioniert", winkten die Mercedes-Ingenieure ab. "Lewis hätte auf der Runde aus den Boxen raus sechs Zehntel verloren. Erst die nächste Runde wäre er schneller gewesen. Doch da hätte Red Bull schon reagiert."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Perez fand trotz besserem Speed keinen Weg vorbei an Hamilton.

Russells Reifen brechen zu früh ein

Mercedes hoffte inständig, dass Red Bull ein zweites Mal stoppt. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der Medium-Reifen 46 Runden lang ohne ernsthaften Gripverlust durchstehen würde. Tatsächlich nahm Verstappen seinem Verfolger Hamilton im zweiten Stint noch 15 Sekunden ab. Und Perez musste erst nachlassen, als die ständige Hinterherfahrerei an seinen Reifen nagte. "Anfangs waren die harten Reifen für Lewis ein Nachteil. Als sie endlich funktionierten, ließen meine Reifen nach."

Ein zweiter Stopp von Red Bull hätte das Rennen spannender gemacht, am Ergebnis aber wahrscheinlich nichts geändert. Das sah man auch bei Mercedes ein: "Verstappen hätte auch dann gewonnen. Er wäre zum Schluss noch einmal mit Soft-Reifen gefahren und hätte uns mit dem besseren Top-Speed überrannt. George hätte aber vor Perez landen können."

Bei George Russell bestand immerhin die Möglichkeit den ersten Stint zu verlängern und wie Daniel Ricciardo im Finale Soft-Reifen zu nehmen. Der Abstand zu Ferrari war so groß, dass für den zweiten Mercedes-Fahrer keine Gefahr bestand abzurutschen. Mercedes sah trotzdem davon ab. "Wir wollten den Stopp rauszögern, aber es ging nicht. Und wenn wir es getan hätten, wäre das Ergebnis das gleiche gewesen."

Russells Pace wurde nach der 30. Runde plötzlich langsamer. Der Fahrer berichtete am Funk, dass die Reifen nachlassen. "Er hat auf der Runde in die Boxen rein noch mal drei Zehntel verloren. Wir wollten nicht die Chance verpassen, Perez zu schlagen. Je länger du wartest, desto schwieriger wird das. Perez hätte sechs bis sieben Zehntel pro Runde auf George aufgeholt. Das machst du nicht mehr gut."

Daniel Ricciardo - McLaren - GP Mexiko 2022
Motorsport Images
McLaren spulte mit Ricciardo den schnellsten Boxenstopp des Rennens ab.

McLaren hatte nichts zu verlieren

Die meiste Action bot diesmal der Kampf um Platz sieben. Der schien lange für Fernando Alonso reserviert, bis sein Renault-Motor in der 52. Runde einen Zylinder verlor. Die Hoffnung, wenigstens noch einen Punkt zu retten, war 13 Runden später gestorben. Das Triebwerk hauchte sein Leben aus. Das machte den Weg frei für eine Gruppe bestehend aus Daniel Ricciardo, Esteban Ocon, Valtteri Bottas, Lando Norris und Pierre Gasly.

Dort entschied ein Poker die Schlacht. McLaren ließ Ricciardo 44 Runden auf der Strecke und beschloss dann in Rücksprache mit dem Fahrer, einen Stint über 27 Runden mit Soft-Reifen zu riskieren. Wenn Verstappen 25 Runden mit mehr Sprit im Tank schafft, sollte das machbar sein. "Das Risiko war natürlich immer noch da, dass die weichen Reifen hintenraus einbrechen, aber mit Daniel hatte wir nichts zu verlieren. Er steckte die meiste Zeit im Verkehr fest", berichtete Teamchef Andreas Seidl.

Die Rechnung ging auf. Ricciardo fuhr zweitweise zwei Sekunden schneller als die direkte Konkurrenz. Er nahm sie alle im Sturm: Tsunoda in Runde 50, Norris auf Teambefehl in Runde 55, Bottas in Runde 57, Alonso in Runde 60 und Ocon in Runde 61. Dann musste Ricciardo nur noch zehn Sekunden auf seine Verfolger gutmachen, um eine Strafe reinzufahren.

Yuki Tsunoda - Alpha Tauri - GP Mexiko 2022
Wilhelm
Auf den Soft-Reifen kämpfte sich Ricciardo durchs halbe Mittelfeld - im Fall von Tsunoda musste etwas Nachdruck her.

Ricciardo nahm Strafe in Kauf

Der Australier hatte sich in Kurve 6 gegen Yuki Tsunoda durchgeboxt, was den Japaner aus dem Rennen warf. Aus Sicht von Ricciardo war es trotz der Strafe ein schlaues Manöver. Er drohte hinter Tsunoda zu versauern. Und was nützt der Reifenvorteil, wenn man ihn nicht nutzen kann? Nach vier Runden Anstehen musste er an dem Alpha Tauri vorbei. Egal wie. Das Endresultat gibt ihm Recht. Ricciardo machte 12,1 Sekunden auf Ocon und dessen Gefolge gut. Mehr als Siebter wäre er auch ohne den Tsunoda-Zwischenfall nicht geworden.

Der Dreikampf zwischen Ocon, Norris und Bottas wurde durch das Boxenstopp-Timing entschieden. Norris war in der 31. Runde als erster aus dem Trio an der Reihe. Ocon folgte zwei Runden später. Alfa Romeo wartete mit Bottas zu lange. Der Stopp in Runde 39 schenkte Ocon vier Sekunden.

Als Bottas mit harten Reifen aus der Box kam, hatte der Alpine-Pilot seine Reifen bereits warmgefahren und nahm den Alfa im Sturm. Weil die harten Reifen für Bottas überhaupt nicht funktionierten, bekam auch noch Norris eine Chance. Und Gasly verfehlte den letzten Punkt nur um 0,625 Sekunden. Vielleicht wären Soft-Reifen für Bottas die bessere Option gewesen. Diese Erkenntnis kam vielen nach dem Rennen.

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