Speedvergleich: Formel-1-Autos 2021 gegen 2022

Formel-1-Vergleich 2021 gegen 2022
Neue Autos auf jeder Strecke langsamer

Veröffentlicht am 12.08.2022

Erinnern Sie sich noch an die ersten Prognosen? Den Groundeffect-Autos wurden Rundenzeiten prophezeit, die bis zu fünf Sekunden pro Runde über den Werten von 2021 liegen sollten. Dann reduzierten die Experten auf drei Sekunden. Zum Schluss auf eine. Tatsächlich liegt man irgendwo in der Mitte zwischen einer und drei Sekunden.

Am nächsten dran waren die neuen Autos auf dem Baku City Circuit. Trotz einer Streckenlänge von 6,003 Kilometern fehlten den 2022er Autos nur 0,141 Sekunden auf ihre Vorgänger. Macht 0,023 Sekunden pro Kilometer. Am weitesten weg waren sie am Hungaroring. Da trennten George Russell 2,042 Sekunden von Lewis Hamiltons bester Q3-Runde im alten Mercedes W12. Das entspricht einem Verlust von 0,466 Sekunden auf einen Kilometer.

Lewis Hamilton - Formel 1 - GP Ungarn 2022
Wilhelm

F1-Autos 2022 mit Gewichtsproblem

Die goldene Mitte repräsentierte Paul Ricard. Max Verstappen fuhr im Red Bull RB16B von 2021 um 1,118 Sekunden schneller um den Kurs als Charles Leclerc dieses Jahr im Ferrari F1-75. Das Delta pro Kilometer liegt damit bei 0,191 Sekunden. Irgendwie logisch. Paul Ricard vereint die Profile von Baku und Budapest. Es gibt drei lange Geraden, aber auch zwei Sektoren, in denen eine Kurve der anderen folgt.

Die Groundeffect-Autos schlagen sich gar nicht so schlecht. Sie sind immerhin um 46 Kilogramm schwerer als die Modelle aus dem Vorjahr. Das allein kostet je nach Strecke zwischen 1,2 und 1,7 Sekunden pro Runde. Dazu kommt: Die Fahrwerke sind nicht mehr so komfortabel und variabel wie im letzten Jahr.

Und der DRS-Effekt mit den neuen Heckflügeln fällt geringer aus. Der Einfluss der Reifen auf die Rundenzeit lässt sich schwer abschätzen, weil neue Mischungen mit neuen Konstruktionen verheiratet wurden. Der 18-Zoll-Reifen ist ein anderes Produkt.

Neue Autos auf Geraden schneller

Generell lässt sich sagen, dass der Abstand auf Rennstrecken mit einem hohen Anteil an Geraden geringer ist. Also Jeddah, Baku oder Paul Ricard. Das unterstreicht auch der Vergleich der Topspeed-Werte von alt und neu. Bei acht Beispielen waren die 2022er Autos auf den Geraden schneller. Nur in Monte Carlo und am Red Bull-Ring galt die Regel nicht. Die Groundeffect-Autos produzieren einen viel größeren Anteil des Abtriebs über den Unterboden. Und das geht nicht so in den Luftwiderstand ein wie klassischer Anpressdruck über die Flügel oder den Diffusor.

Besonders krass sind die Speed-Unterschiede auf Rennstrecken mit einem Mix aus Geraden und Kurven. In Barcelona kletterte der Topspeed um 13,5 km/h. In Paul Ricard waren es 11,2 km/h. Wo die Autos schon in der Vergangenheit auf wenig Abtrieb getrimmt wurden wie in Baku oder wo immer noch Extra-Abtrieb über die Flügel gesucht wird wie am Hungaroring, steht es fast unentschieden.

In flüssigen Kurven besser

Zum Vergleich in bestimmten Streckenabschnitten haben wir uns repräsentative Sektoren herausgesucht. Schnelle wie Sektor 1 in Jeddah, flüssige wie Sektor 2 am Hungaroring, solche mit hohem Geradenanteil wie Sektor 2 in Paul Ricard. Fast durchgehend waren die Vorjahresautos schneller. Am meisten im Schlussabschnitt von Barcelona mit sieben meist langsamen Kurven in Folge. Nur im zweiten Sektor in Budapest können die Groundeffect-Autos punkten. Weil die Kurven dort zwischen 140 und 260 km/h liegen. Keine Gerade dazwischen. Die idealen Bedingungen für den Venturi-Effekt der dreidimensionalen Unterböden.

Die Fahrer spüren in ihren Autos hauptsächlich das Gewicht. Es stört sie in den langsamen Kurven, wo die Aerodynamik noch nicht so wirkt und der Reifen den Extra-Grip nicht liefern kann. Weil der Vorderreifen schwächer als der Hinterreifen ist, klagen viele Piloten über Untersteuern. Das bremst zusätzlich. In den schnellen Kurven fühlt es sich wie früher an.

Aber auch die haben Tücken. Vor allem beim Einlenken. Hier zeigt sich, ob der Unterboden gut funktioniert. Die Autos mit Problemen leiden unter Strömungsabriss. Das raubt den Fahrern das Vertrauen. Besonders in Kurven mit langen Radien drückt das auf die Rundenzeit. Der Klassiker war die 180 km/h schnelle Le Beausset-Doppelrechts. Die Ferrari nahmen da allen anderen 15 km/h ab, was für die gute aerodynamische Stabilität des F1-75 spricht. Die Mercedes-Piloten dagegen gingen vom Gas. Für sie fühlte es sich an, als wollte das Heck beim Einlenken wegschmieren.