In der Corona-Saison 2021 stand Katar schon einmal auf dem Spielplan der Königsklasse. Damals war die Strecke in Losail kurzfristig in den Kalender gerutscht, weil die relativ lockeren Pandemie-Auflagen im Königreich eine Durchführung des Rennwochenendes zuließen – im Gegensatz zu vielen traditionellen Grand-Prix-Orten.
Vor der F1-Premiere war Katar nur Motorrad-Fans ein Begriff. Weil die Zweirad-WM deutlich weniger Aufmerksamkeit bringt, wurde nicht viel in die Strecke investiert. Nun, wo die Formel 1 einen Zehnjahres-Vertrag unterschrieben hat, öffneten die Organisatoren ihre Geldbörse in fast schon verschwenderischer Art – ähnlich, wie man es auch schon bei der Fußball-WM im Vorjahr gesehen hat.
Neuer Asphalt als Fragezeichen
Die Öl- und Gas-Millionen flossen vor allem in die Infrastruktur. Neue Zufahrten, Parkplätze und Tribünen wurden geschaffen. Dazu ließen die Veranstalter weitere Flutlichtmasten aufstellen, um die Nacht zum Tag zu machen. Prunkstück der Renovierung ist das umgebaute Fahrerlager inklusive neuem Boxengebäude mit mehr als 50 Garagen. Es ist das längste der ganzen Formel 1.
Auch die Strecke wurde renoviert. Das Layout blieb zwar gleich, aber der Asphalt wurde einmal komplett ausgetauscht. Der neue Untergrund macht den Teams das Leben schwer. Keiner kann genau vorhersehen, wie viel Grip die frisch verlegte Teerschicht bietet. "Wir hatten zwar ein paar Nahaufnahmen der Fahrbahn, konnten aber keine Bodenproben nehmen, um den Simulator zu füttern", bedauerte Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin.
Selbst bei Reifenlieferant Pirelli wusste man am Donnerstag noch nicht, welche Bedingungen auf die Teams warten. Eigentlich sollte die Oberfläche der Strecke noch einmal mit Hochdruckreinigern behandelt werden, um den weichen Bitumen sowie Wüstensand aus den Poren zu spülen. Doch die angekündigte Maßnahme war einen Tag vor dem ersten Training immer noch nicht durchgeführt worden.

In Katar ist verglichen mit der Premiere 2021 fast alles neu.
Spannungsmacher Sprintwochenende
Die Tatsache, dass es sich um ein Sprint-Wochenende handelt, bereitet Fahrern und Ingenieuren gleichermaßen Sorgenfalten. "Die Strecke, die wir im ersten Training vorfinden, wird sich ganz anders anfühlen, als die Strecke, die wir im Qualifying am Abend befahren", grübelte Valtteri Bottas. Sergio Perez ergänzt: "Die Strecke wird im Training wahrscheinlich drei Sekunden langsamer sein als in der Quali."
Die Piste wird von der ersten zur zweiten Session nicht nur sauberer und damit griffiger. Nach Sonnenuntergang sinken auch die Asphalttemperaturen. "Davon dürfen wir uns bei der Setup-Arbeit nicht verwirren lassen", warnte Yuki Tsunoda. Für Kollege Fernando Alonso könnte die Konstellation das Kräfteverhältnis etwas durcheinanderwirbeln: "Einige werden ihr Setup vielleicht nur zu 60 Prozent treffen, andere zu 90 Prozent."
Max Verstappen ist bekanntermaßen kein Freund des Sprintformats. "Gerade auf solchen Strecken mit vielen schnellen Kurven, die uns Fahrern richtig Spaß machen, ist es schade, dass wir uns nicht über mehrere Freie Trainings ein gutes Setup erarbeiten können." Dass der Holländer schon am Samstag den WM-Titel klarmachen kann, sei dagegen kein großes Problem. "Wir werden schon einen Weg finden, um zu feiern."
Kerbs als Unterboden-Zerstörer
Einige Fahrer erwarten dazu wieder Diskussionen über die Track-Limits. Weite asphaltierte Auslaufzonen laden dazu ein, Risiko zu gehen. Beim letzten Auftritt der Formel 1 im Jahr 2021 hatte noch Michael Masi das Kommando in der Rennleitung. Der Australier gestattete den Fahrern immer mit dem kurveninneren Rad bis an den äußeren Rand der Kerbs zu fahren. Das führte 2021 allerdings zu einigen Reifenschäden.
Nun ist Nils Wittich am Ruder. Nun zählt die weiße Linie als Marke, die man nicht übertreten darf. Einige Fahrer befürchten, dass sich ein Track-Limit-Chaos wie in Österreich wiederholen könnte. Doch im Gegensatz zur Strecke in Spielberg ließ die FIA in Katar einige höheren Randsteine einbauen. "Da muss man richtig aufpassen", warnte Yuki Tsunoda. "Sie lauern am Ausgang von einigen schnellen Kurven. Das sind wahre Unterboden-Zerstörer."