Max Verstappen nannte seinen dritten Saisonsieg ein sehr gutes Comeback nach einem völlig verpatzten Freitag. Anstatt die neue Strecke in Miami kennenzulernen, drehte der Weltmeister in zwei Trainings nur 15 Runden. Ein Drittel davon war verwertbar. Die mangelnde Vorbereitung stellte Verstappen in der Qualifikation auf den falschen Fuß. Da waren beide Ferrari schneller als die Speerspitze von Red Bull.
Einen Tag später kehrte der 24-Jährige das Bild um. Verstappen überholte Carlos Sainz am Start in der ersten Kurvenkombination und überflügele den zweiten Ferrari mit Charles Leclerc am Steuer in der neunten Runde. Es war der Grundstein zum späteren Sieg. Das Auto mit der Startnummer eins flog, obwohl Verstappen zur Vorbereitung keinen echten Longrun abgespult hatte. Genau dieser Umstand brachte ihn dazu, sein Team zu mehr Achtsamkeit zu ermahnen.
"Solche Probleme, wie wir sie am Freitag hatten, beeinträchtigen ein Wochenende. Das bekam ich am Samstag zu spüren", führt der 23. malige GP-Sieger aus. "Ich wusste nicht, was mich im Rennen erwartet. Ich hatte ja nicht mal einen Start trainiert. Das hätte heute auch in die andere Richtung für uns laufen können. Durch unsere mangelnde Zuverlässigkeit ist es so, dass wir das Setup mal treffen und mal nicht. Das müssen wir abstellen. Mir ist es aber lieber, ein schnelles Auto zu haben, als ein langsames und zuverlässiges."

Verstappen schwitzt
An diesem Sonntag von Miami hatte Verstappen ein schnelles wie kugelsicheres Auto. Obwohl Temperaturen von 30 Grad Celsius Technik wie Fahrern zu schaffen machte. Nach dem Rennen musste sich Verstappen erst einmal setzen und kräftige Schlücke aus der Trinkflasche zu sich nehmen. Die Miami-Premiere zehrte am Körper. "Es war sehr heiß im Cockpit. Speziell im zweiten Sektor. Ich war jedes Mal froh, sobald ich auf den Geraden war, um etwas abzukühlen. Während des Safety Cars habe ich das Visier um eine Stufe nach oben geklappt, um besser atmen zu können."
Genau dieses Safety Car sorgte aber dafür, dass der Weltmeister in der Schlussphase noch einmal mächtig ins Schwitzen kam. Ein Vorsprung von 7,5 Sekunden zu seinem Verfolger im Ferrari verdampfte. "Das Safety Car kam mir natürlich völlig ungelegen. Aber so ist das nun mal. Manchmal hast du Pech damit, manchmal Glück", sagt Verstappen – und spielt damit wahrscheinlich vor allem auf das Saisonfinale in Abu Dhabi 2021 an, als ihn ein spätes Safety Car doch noch zum Champion machte.
Ein virtuelles Safety Car in Runde 40, ein echtes in Runde 42 und der Neustart fünf Umläufe später: Mit Leclerc im Nacken war klar, dass es ein Sprint über elf Runden bis zur Zielflagge geben würde. Aus einem Langweiler wurde ein spannendes Rennen. "Ich wusste, dass ich Vollgas geben muss bis zum Ende. Das war nicht einfach, weil man auf dieser Strecke so leicht einen Fehler machen kann." Wenn man nur leicht neben die Ideallinie auf die schmutzige Spur kommt.
Weltmeister hält Druck stand
Das Finale erinnerte an Saudi-Arabien. Diesmal mit Leclerc als Jäger. "Wir haben gezittert in der Garage. Mit Windschatten und DRS bist du eigentlich wehrlos auf dieser Strecke", berichtet Red-Bull-Sportchef Helmut Marko. "Max hatte allerhöchsten Druck. Das DRS hatte hier eine mächtige Wirkung. Und dann durfte man es noch an drei Stellen öffnen. Deshalb waren wir in größter Sorge, den sicheren Sieg noch zu verlieren", erinnert sich Teamchef Christian Horner.
Sein Schützling leistete sich nicht den geringsten Fehler. Er öffnete Leclerc nicht einmal einen Spalt, obwohl er den harten Reifen nach Restart in Runde 47 zunächst nicht schnell genug ins Temperaturfenster zurückbrachte. Sein bestes Werkzeug zur Verteidigung: die Höchstgeschwindigkeit. Im windschlüpfigen Red Bull konnte sich der Weltmeister besser wehren als Leclerc zu Beginn des Rennens im Ferrari, der mehr Luftwiderstand aufbaut.
Zudem half, dass das rote Auto in den langsamen Kurven nicht mehr so überlegen war wie am Vortag. Und so brachte Verstappen einen wichtigen Sieg nach Hause, der ihn zusammen mit dem Extra-Punkt für die schnellste Runde bis auf 19 Zähler an Leclerc in der Weltmeisterschaft heranführt.

Red Bulls Vorteil geradeaus
Red Bull hat sich einen kleinen Vorteil erarbeitet. Im ersten Rennteil auf den Mediumreifen war das dunkelblaue Auto etwas schneller als das rote. Weil es die Reifen nicht so hart rannahm. Verstappen verstand es über seine Fahrweise, den Verschleiß am rechten Vorderreifen besser in Grenzen zu halten. "Der Mediumreifen liegt uns sehr gut", freute sich der Sieger. Auf der harten Mischung dagegen herrschte praktisch Gleichstand zwischen den beiden besten Autos im Feld.
Teamchef Horner fasste zusammen: "Ferrari gehörte der erste Abschnitt mit den schnellen Kurven. Wir waren im zweiten und dritten schneller." Dort geht es für lange Zeit geradeaus. Voll nach dem Geschmack des RB18. "Unterm Strich waren Ferrari und wir ziemlich gleichwertig."