Schmidts F1-Blog zu Teamchef-Wechseln in Formel 1

Schmidts F1-Blog zu Teamchefs
Zustände wie im Fußball

Zuletzt aktualisiert am 14.12.2022
Frederic Vasseur - Ferrari - Formel 1
Foto: Ferrari

Das gab es in der Formel 1 noch nie. Innerhalb von 19 Stunden meldeten vier von zehn Teams einen Personalwechsel an ihrer Spitze an. Um die chronologische Reihenfolge einzuhalten: Jost Capito wurde von Williams verabschiedet, Frédéric Vasseur bei Ferrari zum Nachfolger von Mattia Binotto erklärt, Andreas Seidl zum neuen Audi-Supermanager befördert und Andrea Stella in den Posten des neuen McLaren-Teamchefs gesetzt.

Bei 40 Prozent der Teams weht 2023 also ein frischer Wind. Zwei Personalien sind dabei noch offen. Andreas Seidl sucht einen Ersatzmann für Vasseur, der den Posten des Teamchefs für ihn warmhält, bis Audi offiziell als Mehrheitseigner an Bord ist. Also 2025. Und die Besitzer von Williams schauen sich nach neuem Führungspersonal um, die den Karren endlich aus dem Dreck ziehen sollen. Da musste der Technikchef gleich mit seinen Hut nehmen.

Stella kennt die Basis

Was in dieser Woche in der Formel 1 passiert ist, erinnert an den Fußball. Doch dort herrscht eine andere Dynamik. Da muss der Trainer zunächst einmal einen Kader von 25 Spielern auf seine Seite ziehen. Oft bewirken Trainerwechsel etwas Positives. Zumindest kurzfristig. Da ist wohl auch viel Psychologie dabei. Wenn man länger hinschaut, dann haben sich auch im Fußball viele dieser Rochaden nicht gelohnt. Sonst würden nicht immer wieder die gleichen Trainer als Retter in der Not woanders auftauchen.

Auch die Formel 1 ist ein bisschen von dieser Inzucht betroffen. Vasseur und Seidl arbeiten immer noch in der Formel 1, nur woanders. McLarens neuer Mann Andrea Stella kommt aus der zweiten Reihe. Also auch einer vom Fach. Man merkte dem Italiener bei seiner ersten Pressekonferenz ein bisschen Unbehagen an, so als würde er selbst zweifeln, ob die McLaren-Schuhe nicht eine Nummer zu groß für ihn sind.

Es kann aber funktionieren. Leute, die wie Stella den Motorsport von der Basis gelernt haben, waren selten eine schlechte Wahl. Quereinsteiger tun sich da schwerer. Das hat Ferrari mit Marco Mattiacci und Maurizio Arrivabene gemerkt. Überhaupt Ferrari. FCA-Chef John Elkann hat den Transfermarkt mit dem Rauswurf von Mattia Binotto erst angeschoben.

FCA-Chef Elkann macht Fehler

Es war eine Trennung ohne Not und obendrein stümperhaft vorbereitet, weil er erst nach Binottos Kündigung gemerkt hat, dass sein neuer Mann mit seinen Nebengeschäften nicht Ferrari-kompatibel ist. Ferrari war auf dem richtigen Weg. Wenn ein zweiter Platz der Grund für eine Kündigung ist, dann wird Vasseur eine kurze Halbwertszeit haben. In diesem Klima kann kein Erfolg entstehen.

Ferrari macht immer den gleichen Fehler. Man hat zu wenig Geduld mit seinen Generälen und hält zu lange an denen fest, die nichts taugen. Das war schon bei Stefano Domenicali so. Es gab keinen Grund, ihn 2014 gegen Marco Mattiacci auszutauschen. Wenn man wissen will, warum Ferrari seit 2007 nicht mehr Weltmeister geworden ist, dann liegen sie in der kurzen Zündschnur der Präsidenten.

Christian Horner wurde auch nicht von Red Bull rausgeworfen, und in Milton Keynes hat man acht Jahre auf einen Titel gewartet. Und bei Mercedes erträgt man, dass der Dauer-Weltmeister in der abgelaufenen Saison nur Dritter geworden ist. Weil es gute Gründe dafür gab.

Auch für McLaren, Sauber und Williams ist das Personalkarussell an der Spitze erst einmal ein Schritt zurück. Auch wenn Sauber und Williams jetzt die richtigen auswählen sollten. Ein Team lässt sich nicht so einfach neu konditionieren wie eine Fußballmannschaft. Wir reden hier von 500 bis 900 Angestellten, die in den unterschiedlichsten Disziplinen zu einem Puzzle beitragen, das am Ende zusammenpassen soll. Das ist ein Supertanker, der Kilometer braucht, bis er bremst oder wendet. Am Ende gewinnt nur Konstanz.