War das schon alles? Nach dem kontroversen Ende der Formel-1-Saison 2021 in Abu Dhabi forderte Mercedes Taten. In der Kritik standen unterschiedliche Regelauslegungen und Rennleiter Michael Masi. Die FIA versprach zu handeln. Dafür nahm sich der neue Präsident Mohammed Ben Sulayem drei Monate Zeit.
Nach einer so langen Analyse war die Erwartungshaltung groß. Doch dann haben wir bis jetzt nur von personellen Änderungen erfahren. Michael Masi verliert sein Amt. Stattdessen werden sich Niels Wittich und Eduardo Freitas den Job des Rennleiters teilen und die graue Eminenz Herbie Blash als Rückhalt haben.
Dazu gibt es noch eine Art Video-Schiedsrichter in einer mit bester Überwachungstechnik ausgerüsteten Kommandozentrale in Paris. Um die Schiedsrichter zu schützen wird der Funkverkehr zwischen Teams und Rennleitung nicht mehr im TV übertragen. Und es gelten bestimmte Benimmregeln.

Abu Dhabi ohne Konsequenzen
War das schon alles? Die Personalrochade mag Mercedes Genugtuung verschaffen, ist aber keine Garantie dafür, dass alles besser wird. Masis Nachfolger sind auch nur Menschen. Gut, wenn mehr Augen hinschauen, passieren weniger Fehler. Doch wenn irgendein Teamchef glaubt, dass es deshalb einheitlichere und verlässlichere Entscheidungen gibt, dann träumt er.
Was einheitlich und verlässlich ist, liegt im Auge des Betrachters. Wer wie die Teams direkt involviert ist, kann das gar nicht objektiv beurteilen. Ist man Opfer, war es falsch. Profitiert man davon, macht die gleiche Entscheidung plötzlich Sinn. So habe ich es in 40 Jahren Formel 1 erlebt.
Ich würde mich wundern, wenn sich die Zirkusmenschen plötzlich ändern. Das ist ein Geschäft, bei dem es ums Gewinnen geht. Da nimmt man, was man kriegt. Auch einen geschenkten Handelfmeter.
Viel wichtiger wäre es, das Safety-Car-Procedere zu revidieren. Zuerst sollte man mal ehrlich sagen, was man will. Kein Rennende unter Gelb? Okay, warum nicht. Doch darin steht auch in der letzten Version des Sportlichen Reglements nichts. Es bleibt ein unausgesprochener Wunsch der Rechteinhaber und der Teams.

Unsinn mit Rückrunden
Auch sonst ändert sich nichts. Dabei wollte man doch Safety-Car-Phasen abkürzen. Das wäre einfach zu bewerkstelligen, wenn man endlich mit dem Unsinn aufhört, dass sich die Autos zurückrunden dürfen. Das kostet nur Zeit, weil man erst damit beginnen kann, nachdem die Unfallstelle geräumt ist. Sonst setzt man die Streckenposten der Gefahr aus, dass Teilnehmer im Renntempo versuchen, wieder Anschluss ans Feld zu finden.
Warum lässt man alle Überrundeten nicht einfach ausscheren, damit sie sich am Ende des Feldes wieder einreihen können. Dieser Prozess ist zu jeder Zeit der Safety-Car-Phase möglich, weil man ihn lokal beschränken kann. Am besten weit weg vom Unfallort.
Das geht nicht, heißt es, weil dann die Zeitnahme ein Problem bekommt. Wie schenkt man den Überrundeten dann die Runde? Die Frage sollte besser lauten: Warum schenkt man den Überrundeten überhaupt eine Runde?

Keine Reparatur bei Abbruch
Das gleiche gilt für den Fall einer Rennunterbrechung. Wenn etwas unfair ist, dann das. Es gibt Gründe, warum ein Fahrer überrundet ist. Weil er zu langsam war, einen Unfall oder längeren Boxenaufenthalt hatte. Warum soll der mit einem Rundengeschenk belohnt werden?
Ich teile auch die Meinung von Lando Norris, der sich beschwert, dass bei einer roten Flagge jeder die Reifen wechseln oder das Auto reparieren darf. Auch das ist nicht gerecht. Reifenwechsel und Reparaturen sollten erlaubt sein, aber wer in der Pause etwas am Auto verändert, sollte beim Re-Start aus der Boxengasse losfahren.
Man bestraft damit auch nicht die Fahrer, die aufgrund eines Schadens vier neue Reifen brauchen. Wäre das bei normalem Rennspeed passiert, hätten sie ja auch an die Boxen müssen und dabei Zeit verloren.