Man kann es fast schon als Ironie bezeichnen. Ausgerechnet der wichtigste Boxenstopp des Jahres wäre bei Sauber beinahe richtig in die Hose gegangen. Als Nico Hülkenberg in der 46. Runde des britischen Grand Prix zum letzten Service abbog, war das Podium zum Greifen nah. Doch dann klemmte plötzlich das linke Vorderrad.
Erst im zweiten Nachfassen konnten die Mechaniker den Reifenwechsel erfolgreich abschließen. Die Standzeit von 4,6 Sekunden – doppelt so lange wie ein guter Boxenstopp – war kein Ruhmesblatt, änderte zum Glück aber nichts mehr am ersten Podium in der Karriere des Rheinländers. "Da haben wohl die Nerven etwas mitgespielt", nahm Teamchef Jonathan Wheatley seine Crew in Schutz.
Der kleine Fehler war äußerst untypisch für den bisherigen Verlauf der Saison. Lange hatte Sauber im DHL-Ranking der schnellsten Boxenstopps den dritten Platz hinter Ferrari und McLaren belegt. Im engen Mittelfeld des Schrauber-Klassements konnte die Konkurrenz zuletzt etwas besser punkten. Aktuell liegt das Schweizer Team aber immerhin noch auf einem ordentlichen sechsten Platz.

Die Sauber-Crew gehört zu den schnellsten in der Formel-1-Boxengasse.
Fortschritte mit dem Equipment
Das ist immer noch um Welten besser als im vergangenen Jahr, wo die grünen Männer vor allem in der ersten Saisonhälfte durch zahlreiche Boxenstopp-Pannen auffielen. Die in der Winterpause umgebauten Muttern und Radnaben hatten sich beim Reifenwechsel regelmäßig verkantet. Es dauerte fast bis zur Saisonmitte, bis die Technik verbessert und die Mechaniker endlich eingespielt waren.
In diesem Jahr kamen die Schrauber deutlich besser und schneller in Schwung. Sportdirektor Iñaki Rueda erklärt das Geheimnis: "Wir haben jetzt ein stabiles Equipment. Das war der Bereich, wo wir zu Beginn der letzten Saison Probleme hatten. Das hat sich aber schon im Laufe der Saison verbessert. Damit konnten wir im Winter einen guten Plan für das Boxenstopp-Training aufstellen. Die Jungs haben da ordentlich geschuftet."
In Miami und Barcelona zeigten die Sauber-Mechaniker sogar die schnellsten Stopps der Rennen. Laut Rueda war das aber nur ein Abfallprodukt: "Die Standzeit wird immer kürzer. Die ganz schnellen Stopps sind aber gar nicht unser Ziel. Es geht einfach darum, konstant zu sein und langsame Stopps zu vermeiden. Wenn man das schafft, dann kommen die schnellen Boxenstopps ganz automatisch."

Sportdirektor Iñaki Rueda und Teamchef Jonathan Wheatley wollen bei den Sauber-Boxenstopps noch einmal nachlegen.
Weitere Steigerung dank Wheatley?
Die offizielle Punktewertung, die nur die schnellsten Reifenwechsel mit etwas Zählbarem belohnt, sei deshalb auch nicht ganz so wichtig. "Natürlich sind wir stolz auf die gute Platzierung im DHL-Ranking. Aber besonders zufrieden macht uns, dass wir in den Rennen darauf vertrauen können, bei den Boxenstopps keine Zeit zu verlieren."
Rueda deutete an, dass es in Zukunft sogar noch besser laufen könnte. Mit Jonathan Wheatley kam das Mastermind nach Hinwil, das jahrelang für die Boxenstopp-Rekorde von Red Bull verantwortlich war. Zwar ist der Brite nun in seiner neuen Rolle als Teamchef nicht mehr direkt verantwortlich für das Training der Mechaniker, ein paar Tipps hatte der Neuzugang dennoch im Gepäck.
"Der Trend bei den Boxenstopps ging schon in die richtige Richtung, bevor Jonathan hier angefangen hat", erklärt Rueda. "Aber natürlich hilft uns sein Fachwissen dabei, die Abläufe noch einmal zu verbessern. Das ist aber nichts, was man sofort implementieren kann. Jonathan weiß zudem auch, dass etwas, was in Team A funktioniert, nicht automatisch auch in Team B funktioniert. Wir müssen also schauen, wie wir seine Erfahrung für unser Team anpassen und nutzen können."