Formel 1 2025: Das spricht für eine Super-Saison

Das letzte Formel-1-Jahr vor dem Reglement-Wechsel
Das spricht für eine Super-WM

Veröffentlicht am 15.02.2025

Die Vorzeichen stehen gut. In der abgelaufenen Saison haben sieben Fahrer auf vier unterschiedlichen Fabrikaten Rennen gewonnen. Selten lag Experten mit ihren Prognosen so falsch. Es gab kein eindeutiges Muster, welches Formel-1-Auto wo stark sein würde. Mal spielte das Streckenlayout eine Rolle, mal der Asphalt, die Wetterbedingungen oder auch die angebotenen Reifenmischungen aus dem Pirelli-Sortiment.

Selbst die Ingenieure waren oft ratlos und geizten mit plausiblen Erklärungen. Das machte eine Saison, die mit sieben Verstappen-Siegen in den ersten zehn Grand Prix begann, am Ende doch noch unterhaltsam. Auch wenn der Niederländer schon drei Rennen vor Schluss seinen vierten Titel perfekt machte

Eigentlich gibt es keinen Grund, warum sich das ändern sollte. Die Formel 1 steht zum zwölften Mal vor einer Regelreform. 2026 ändert sich alles. Neue Autos, neue Motoren. Das gab es in diesem Umfang noch nie. In der letzten Saison davor konzentrieren sich die Konstrukteure normalerweise schon auf die Zukunft und steigen schnell aus der Entwicklung des aktuellen Autos aus.

Das wird nach Ansicht von Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur auch diesmal so sein. "Die Teams werden nach der ersten Entwicklungsstufe Bilanz ziehen. Wenn du eine Chance siehst die WM zu gewinnen, wirst du das aktuelle Auto weiter betreuen. Keiner wirft freiwillig einen WM-Titel weg. Solltest du zu weit zurückliegen, wirst du dich umso früher aus der Entwicklung des 2025er Autos ausklinken und mit Vollgas auf 2026 hinarbeiten."

George Russell - Mercedes - Formel 1 - GP Italien 2024
xpb

2024 gut, 2025 besser?

Für eine gute Saison 2025 sprechen eine Reihe von Fakten. Das Feld lag am Ende der Saison 2024 bereits innerhalb von 1,2 Sekunden. Die Leistungsdichte war nie so groß wie in den letzten Rennen. Alpine und Haas rückten den Top 4 näher. Sauber fand Anschluss an das Feld. Alle haben im Verlauf der Saison ihre Fehler erkannt und sind als Reaktion darauf auf eine erfolgversprechendere Entwicklungsphilosophie umgeschwenkt. Wer das verschlafen hat, wird das über den Winter nachholen.

Abtrieb um jeden Preis ist nicht mehr gefragt. Alle haben kapiert, dass eine zu aggressive Entwicklung am Unterboden oft Bouncing, Instabilität und Balanceverschiebungen produziert. Der theoretische Rundenzeit-Gewinn, den der Windkanal verspricht, wird dadurch wieder aufgefressen, dass der Fahrer Vertrauen verliert und die Reifen leiden, weil das Auto bei instabilem Anpressdruck mehr rutscht.

Das Thema ist nicht trivial. Sogar Marktführer Red Bull ist da auf die Nase gefallen. Stardesigner Adrian Newey, der am 2. März sein neues Amt bei Aston Martin antritt, schließt daraus, dass die Groundeffect-Autos der neuen Formel-1-Ära genauso schnell an ihr Entwicklungslimit geraten sind wie damals zwischen 1978 und 1982 die ersten.

Es spricht also viel dafür, dass das Feld noch näher zusammenrückt. Wenn nicht einer doch noch das große Schlupfloch findet und einen Supertrick auspackt. Das ist aber in vergleichbaren Saisons am Ende eines Regelzyklus nie passiert. Nicht nur, weil schon die übernächste Saison Priorität hat. Heute kommt hinzu, dass die Simulationswerkzeuge präzise voraussagen können, ob sich eine bestimmte Entwicklungsrichtung lohnt. Da geht keiner mehr ins Risiko.

Alain Prost - Renault - Las Vegas 1982 - Formel 1
Motorsport Images

1982: Die größte Vielfalt aller Zeiten

So weit die technischen Fakten, warum 2025 eine gute Saison werden sollte. Doch was sagen uns die historischen Daten? Welchen Verlauf nahmen die jeweils letzten Jahre vor einer großen Regeländerung? Wir wollen jetzt nicht bei Adam und Eva beginnen, und schenken uns die 50er und 60er Jahre. Nur so viel. Sie waren meistens eine ziemlich eintönige Angelegenheit. Alberto Ascari (1953), Jack Brabham (1960) und Jim Clark (1965) waren beim letzten Auftritt der alten Autos haushoch überlegen.

1966 begann mit der Dreiliter-Ära der längste Regelzyklus der GP-Historie. Er hatte bis 1982 Bestand. Zwischendrin gab es höchstens kleine Anpassungen im Dienste der Sicherheit, Korrekturen beim Mindestgewicht oder kosmetische Änderungen wie das Verbot der Airboxen 1976. Damals war so ziemlich alles erlaubt. Sechs Räder, Flügel quer über das Auto verteilt, Groundeffect, Saugmotoren, Turbos und Gasturbinen.

Erst der flache Unterboden, der 1983 Vorschrift wurde, brachte eine Zäsur. Die Saison davor war mit elf verschiedenen Siegern auf sieben unterschiedlichen Marken die ausgeglichenste aller Zeiten. Keke Rosberg genügte ein Sieg zum WM-Titel. Das Jahr 1982 war insofern mit der Gegenwart vergleichbar, als es der Kehraus der ersten Groundeffect-Ära wurde. Sie hatte 1977 mit Lotus leise begonnen, nahm 1978 Fahrt auf und hatte ab 1979 alle erfasst.

Nach vier Jahren Entwicklung standen die Ingenieure von damals vor den gleichen Problemen wie ihre Kollegen heute. Sie konnten den Zuwachs an Abtrieb nicht unbegrenzt nutzen. Bouncing, Balanceverschiebungen und der fast völlige Verzicht auf Federkomfort setzten ihnen Grenzen.

Trotzdem war die Leistungsdichte keine Selbstverständlichkeit. 1982 gab es mit vier Turbo-Motoren und den Saugern von Cosworth, Matra und Alfa Romeo ein großes Ungleichgewicht auf dem Motorenmarkt. Und die Autos rollten auf vier unterschiedlichen Reifenmarken.

Wundersamerweise glichen sich Vor- und Nachteile aus. Was auch an der hohen Ausfallquote lag. 53,6 Prozent aller Starter sahen die Zielflagge nicht. 2024 waren es nur noch 10,1 Prozent. Dazu kamen die Unfälle der Titelkandidaten Gilles Villeneuve und Didier Pironi. Man könnte argumentieren, dass die WM weniger spannend verlaufen wäre, hätten die Ferrari-Piloten die ganze Saison bestritten.

Prost vs. Senna - McLaren - F1 - 1988
Motorsport Images

1988: Spannung trotz Dominanz

Ende 1988 wurden die Turbos verboten. Die letzte Saison davor erlebte eine bislang nie dagewesene Dominanz eines Teams. McLaren gewann 15 von 16 Rennen. Gerhard Berger im Ferrari verhinderte mit seinem Sieg in Monza den totalen Durchmarsch. Trotzdem war die Saison spannend. Alles konzentrierte sich auf das Duell der Superstars Ayrton Senna gegen Alain Prost.

Fünf Jahre später wurden die elektronischen Fahrhilfen zu Grabe getragen. Das Verbot von aktiver Aufhängung, Traktionskontrolle, ABS und Vierradlenkung stellte die Aerodynamiker vor neue Aufgaben. Deshalb mussten sie sich schon 1993 auf das neue Zeitalter vorbereiten. Nur Williams, McLaren und Benetton hatten siegfähige Autos. Weil ihre Elektronik-Plattform funktionierte. Ferrari dagegen stand im Wald und drohte mit Ausstieg, wenn man den ganzen digitalen Zauber nicht verbieten würde. Alain Prost ließ sich den WM-Titel nicht nehmen. Er stand nie wirklich in Frage, auch wenn Senna im McLaren fünf Rennen gewann.

Michael Schumacher - Ferrari - Jacquesn Villeneuve - Williams - GP Europa 1997 - Jerez
Motorsport Images

1997: Unterhaltung bis zum Schluss

1998 schrumpften die Autos in der Breite von 200 auf 180 Zentimeter, und die Reifen bekamen Rillen. Das letzte Jahr mit den breiten Autos und Slicks lieferte beste Unterhaltung. Jacques Villeneuve und Michael Schumacher lieferten sich einen hochemotionalen Zweikampf bis zum letzten Rennen. Ferrari hatte den technischen Vorsprung von Williams in der zweiten Saisonhälfte aufgeholt.

Während Benetton es nur noch ein Mal in die Siegerliste schaffte, kündigte sich bei McLaren-Mercedes schon der Einfluss des neu verpflichteten Adrian Newey an. McLaren schaffte es drei Mal ganz nach oben aufs Treppchen, spielte aber bei der Titelvergabe noch keine Rolle.

Jetzt folgte wieder eine Periode längerer Stabilität. Die nächste Regeländerung 2009 war von dem Problem getrieben, dass immer weniger überholt wurde. Die FIA machte die Aerodynamik als Sündenbock aus. Das Ergebnis der so genannten Überhol-Expertengruppe war ein Lego-Bausatz mit größeren Frontflügeln, kleineren Heckflügeln und aufgeräumten Verkleidungen.

Lewis Hamilton McLaren-Mercedes MP4-23 - Formel 1 - 2008
Wilhelm

2008: Entscheidung in der vorletzten Kurve

Im letzten Jahr aerodynamischer Freiheiten kam es 2008 zum großen Aufeinandertreffen zwischen Ferrari und McLaren. BMW, Renault und Toro Rosso feierten Außenseitersiege. Die WM wurde erst in der vorletzten Kurve der letzten Runde des letzten Rennens entschieden und verdiente sich damit das Prädikat sehr gut.

Die nächste große Regeländerung betraf hauptsächlich den Antrieb. Mit Beginn des Hybrid-Zeitalters 2014 startete Mercedes durch und gewann in den folgenden acht Jahren sieben Fahrer-Titel und acht Konstrukteurs-Pokale. Das ausgehende Jahr nach altem Reglement mit den V8-Saugern gab schon einen Vorgeschmack auf die bevorstehende Überlegenheit eines Teams.

Obwohl sich fünf Fahrer in die Siegerliste eintrugen, war 2013 das Jahr des Sebastian Vettel. Der nunmehr vierfache Weltmeister gewann 13 Grand Prix, neun davon in Folge. Der Titelgewinn war eine klare Sache. Vettel brachte ihn beim GP Indien, dem sechszehnten von 19 Rennen unter Dach und Fach.

Nico Rosberg - Mercedes - GP Abu Dhabi 2016 - Formel 1
Wilhelm

2016: Mercedes liefert den Krimi

2017 wurden die Autos wieder um 20 Zentimeter breiter. Sie sollten die schnellsten Formel 1-Autos aller Zeiten werden. Ferrari und Red Bull schlossen zu Mercedes auf, konnten die Vormachtstellung aber nicht brechen. Doch so überlegen wie Mercedes beim Abschied der schmalen Autos war, ging es immerhin nicht weiter.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton gewannen 2016 insgesamt 19 der 21 Rennen und machten das Titelrennen unter sich aus. Immerhin mit einem unglaublichen Showdown beim Finale in Abu Dhabi. Hamilton fuhr absichtlich langsam, um Rosberg in die Fänge von Vettel und Verstappen zu treiben. Rosberg brauchte mindestens einen dritten Platz. Hamiltons Plan ging nicht auf. Der Krimi war trotzdem gut.

2022 unternahm der Weltverband einen zweiten Anlauf das Überholproblem zu lösen. Dafür reaktivierte er die Groundeffect-Autos. Wegen der Corona-Krise galten für die Teams zwischen 2020 und 2021 strenge Entwicklungs-Richtlinien. Somit traten im letzten Jahr der alten Formel nur modifizierte 2020er Autos an.

Lewis Hamilton Fahrerporträt
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2021: Das Duell der Generationen

Red-Bull-Honda fuhr inzwischen auf Augenhöhe mit Mercedes, und daraus entwickelte sich ein Duell der Giganten und auch der Generationen, das die Zuschauer im Zweiwochen-Rhythmus mit immer neuen Geschichten fesselte. Auf der einen Seite der alte König Lewis Hamilton, auf der anderen der junge Herausforderer Max Verstappen.

Die Saison endete stilgerecht mit einem Skandal und dem Titelgewinn für Verstappen. Trotzdem war es ein gutes Jahr. Weil trotz 22 Rennen keiner müde wurde, sich die Grands Prix anzuschauen. Man wollte sehen, wie die Story weitergeht. Und man freute sich mit den Überraschungssiegern Esteban Ocon in Budapest und Daniel Ricciardo in Monza.

Die WM-Story 2021 war letztendlich mit verantwortlich für den weltweiten Boom der Königsklasse. Sie bot Abwechslung in einer grauen Zeit. Das könnte auch 2025 so sein. Diesmal vielleicht mit mehr Mitspielern. Die Sorge der Experten geht schon ein Jahr weiter in die Zukunft. Zum ersten Mal überhaupt werden 2026 alle Uhren auf Null gestellt. Beim Chassis wie beim Motor. "Und da ist die Gefahr groß, dass einer etwas besser macht als alle anderen", fürchtet Ferrari-Teamchef Vasseur.