Falsche Reifen bei Verstappen: Hätte Red Bull pokern sollen?

Falsche Reifen bei Verstappen
Hätte Red Bull pokern sollen?

GP Spanien 2025
Zuletzt aktualisiert am 03.06.2025

Es war eines dieser Rennen, bei dem die ersten drei Viertel der Distanz ihre Bedeutung verloren. Als Andrea Kimi Antonelli seinen Mercedes nach einem Motorschaden im Kiesbett von Kurve 10 parkte, da spielten Abstände und die Reifensorte, die gerade am Auto war, keine Rolle mehr. Das Safety-Car stellte alle Uhren auf null.

Eigentlich wäre es für Max Verstappen ein Geschenk gewesen. Die Neutralisation dampfte seinen Rückstand von 5,8 Sekunden auf die McLaren mit einem Schlag ein. Wenigstens in der Theorie bestand die Chance, beim Re-Start einen der beiden McLaren-Piloten auszutricksen.

Als Bernd Mayländer das Feld hinter sich einsammelte, kamen 14 der 17 Fahrer an die Box. Nur Liam Lawson, Gabriel Bortoleto und Esteban Ocon blieben auf der Strecke. Lawson zementierte damit seinen zehnten Platz, Bortoleto sprang von Rang 15 auf 12 und Ocon war plötzlich Elfter statt Fünfzehnter. Sie gingen beim Re-Start mit Reifen, die 16, 17 und elf Runden alt waren in die letzten sechs Runden. Im Fall von Lawson waren sie schon zu Beginn des Stints in gebrauchtem Zustand.

Nico Hülkenberg vs. Lewis Hamilton - Formel 1 - GP Spanien 2025
Wilhelm

Nur zwei Fahrer mit frischen Soft-Reifen

Mit dem Safety-Car kam es in den Runden 54 bis 56 zu einem Massenansturm an die Boxen. Alle wurden mit gebrauchten Soft-Reifen auf die kurze Reise geschickt. Mit Ausnahme von Nico Hülkenberg und Carlos Sainz, die jeweils noch eine Garnitur frische C3-Reifen in ihrem Reifenkontingent hatten. Da zahlte es sich plötzlich aus, in der Qualifikation schon im Q1 ausgeschieden zu sein.

Einziger Ausreißer im Feld war Max Verstappen. Der Weltmeister äußerte am Funk selbst den Wunsch an die Box zu kommen. Doch dann montierten die Red-Bull-Schrauber harte Reifen an das Auto mit der Startnummer 1. Es war der Satz der härtesten Mischung, den jeder Fahrer laut Reglement für das Rennen reservieren muss. Doch es war auch der Reifen, den keiner wollte. Keiner hatte zwei Satz harte Pirellis in seinem Pool.

Die Aufwärmphase dauerte einfach zu lang. Oscar Piastri bremste das Feld kurz vor der Freigabe geschickt ein, um Verstappen die Möglichkeit zu nehmen, seine Reifen hart anzufahren. Der Weltmeister wäre bei der Bummelei in Kurve 10 fast in Lando Norris gekracht. Und er hatte beim Re-Start in der Zielkurve einen mächtigen Quersteher, den er genial abfing. Der kostete ihn aber in der Konsequenz die Plätze an Charles Leclerc und George Russell. Mit seinen harten Reifen war Verstappen Freiwild.

Max Verstappen - Formel 1 - GP Spanien 2025
Wilhelm

Was passierte mit dem viertem Soft-Satz?

Der Titelverteidiger wollte es selbst kaum glauben, als er mit der langsamsten Gummimischung losgeschickt wurde. Kurze Antwort von Renningenieur Gianpiero Lambiase: "Wir haben keine andere Option." Die Dreistopp-Taktik von Red Bull fraß drei der vier Sätze Soft in Verstappens Reifenlager auf.

Die eine Garnitur Soft, die noch in der Garage lag, war unbrauchbar. Verstappen hatte sie im Qualifying und in den Runden in die Startaufstellung gefahren. Pirelli-Sportchef Mario Isola klärt auf: "Das ist normalerweise der Reifensatz, der in seinem Vorleben am härtesten rangenommen wurde. Die Teams nehmen ihn in der Regel für das Rennen nicht mehr her."

Rückblickend kam die Frage auf, warum Red Bull seinen Starpiloten in seiner Reifennot nicht auf der Strecke ließ. Der letzte Satz wäre beim Re-Start mit 13 Runden plus Qualifikation vorbelastet gewesen. Und die direkte Konkurrenz hatte ja auch keine ganz frischen Reifen mehr.

Esteban Ocon - Formel 1 - GP Spanien 2025
xpb

Beim Re-Start aufgefressen

Verstappen hätte automatisch die Führung übernommen, wenn er auf der Strecke geblieben wäre. Die beiden McLaren-Fahrer bogen ja vor seiner Nase in die Boxengasse ab. Red-Bull-Teamchef Christian Horner gab der Risiko-Taktik keine Chance: "Wir wären nach dem Re-Start von den anderen aufgefressen worden."

Mit einem Tag Abstand erklärte Sportchef Helmut Marko bei ServusTV, dass es trotzdem die bessere Wahl gewesen wäre: "Es gab nur noch den harten Reifen. Dass wir den aufgezogen haben, war ein Fehler. Die Alternative wäre gewesen, draußen zu bleiben. McLaren hätte uns geschnupft, aber Leclerc hätten wir hinter uns halten können."

Ob Verstappen das Podium wirklich verteidigt hätte, wird man leider nie erfahren. Die Mercedes-Strategen zweifeln an der Theorie: "Die Rennen in der Formel 3 und Formel 2 haben gezeigt, wie groß der Vorteil frischerer Reifen am Ende des Rennens war."

Auch der Grand Prix lieferte Beispiele. Die standhaften Lawson, Bortoleto und Ocon profitierten nicht davon, auf einen Boxenstopp zu verzichten. Lawson flog aus den Punkterängen und wurde noch von Fernando Alonso aufgeschnupft. Bortoleto behielt seinen zwölften Rang, aber nur weil Leidensgenosse Ocon durchgereicht wurde. Gegen Alonso hatte der Sauber-Pilot keine Chance. Ocon stürzte auf Rang 16 ab. Er fuhr zu allem Überfluss auch noch auf Medium-Gummis.