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Angst vor Regen-Unfällen in Spa
FIA-Rennleitung steht unter Druck

GP Belgien 2023

Die Wetterprognose für Spa-Francorchamps ist dieses Wochenende schlecht. Das weckt Erinnerungen an die Farce von 2021 und den tödlichen Unfall bei einer Nachwuchs-Formel-Serie vor drei Wochen. Neue Regeln setzen die Rennleitung unter Druck. Im Zweifel drohen Unterbrechungen und Absagen.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Ungarn - 21. Juli 2023
Foto: Red Bull

Wäre der Donnerstag (27.7.) schon der Samstag oder der Sonntag gewesen, dann hätte es dieses Jahr wohl keinen Sprint in Spa und keinen Grand Prix von Belgien gegeben. Ab 13 Uhr setzte ein gepflegter Schauer eine bereits eingeweichte Strecke dauerhaft unter Wasser. Da wäre selbst eine Quali-Runde ganz allein zum Problem geworden. Im Pulk fahren, völlig undenkbar. Die Wettervorhersage sagt weitere Regenfälle voraus. Der beste Tag soll am Ende noch der Sonntag werden.

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Es ist erst zwei Jahre her, da artete die Wasserschlacht von Spa in eine Farce aus. Die Fahrer drehten über einen Zeitraum von drei Stunden nur drei Runden hinter dem Safety-Car und zum Schluss wurde die Startaufstellung zum Endresultat. Als der Regen endlich nachließ, setzte die Dämmerung ein. Die Fahrer bekamen halbe Punkte, und die Formel-1-Drahtzieher mussten sich anhören, nur dem Geld hinterher zu sein.

20 Meter Sicht bei 300 km/h

Alle waren sich einig, dass so etwas nie mehr passieren darf. Weil ein echtes Rennen viel zu gefährlich gewesen wäre. Das aber ist eine Ohrfeige für die Fans, die den ganzen Tag lang bei miserablen Bedingungen auf den Tribünen zugebracht hatten. Es war der Tag, an dem die Formel 1 einsehen musste, dass Regenrennen bald schon verschwinden könnten.

Fernando Alonso erinnert sich, was er damals im Cockpit dachte: "Wir wollten den Zuschauern ein Rennen bieten, aber es ging nicht. Wir waren genauso frustriert wie sie, weil der Grip in Ordnung war und nicht genug Wasser für Aquaplaning auf der Strecke stand. Kein Problem, eine Runde allein zu drehen. Doch außer den ersten beiden Fahrern hätte keiner etwas gesehen."

George Russell machte anschaulich klar, was es heißt, unter solchen Bedingungen ein Rennen zu fahren. "Du hast 300 km/h drauf, kannst aber nur 20 Meter weit sehen. Es ist als würdest du im Regen im Straßenauto ohne Scheibenwischer fahren." Die Gischt wird mit den breiten Reifen und den großen Diffusoren eher schlimmer als besser. "Wir hatten schon im ersten Training in Budapest Probleme mit der Sicht. Auf einer schnellen Strecke wie Spa multipliziert sich das Problem", erzählt Alonso.

Safety-Car - GP Belgien 2021
xpb
2021 bekamen die Fans am Rennsonntag nur ein paar Runden hinter dem Safety-Car geboten.

Groundeffect-Autos im Regen ein Problem

Spa ist neben Suzuka eine der letzten Bastionen aus einer längst vergangenen alten Zeit. Beide Strecken sind schon wegen der hohen Geschwindigkeiten eine Herausforderung. Charles Leclerc wünscht sich an den heiklen Stellen wie hinter Eau Rouge mehr Platz, damit ein Auto nach einem Unfall nicht automatisch auch die Strecke zurückgeschleudert wird.

Auch wenn die beiden Klassiker bei allen Fahrern hoch im Kurs stehen, so setzt sich doch langsam die Erkenntnis durch, dass sie im Regen nicht mehr tragbar sind. "Der Belag in Spa saugt das Wasser nicht so auf wie auf anderen Strecken. Und in den Bäumen bleibt die Gischt hängen wie ein Nebel", warnt Russell, fügt aber hinzu: "Wir wollen Spa nicht verlieren, aber unter bestimmten Umständen können wir nichts erzwingen."

Für Daniel Ricciardo trägt auch die aktuelle Fahrzeuggeneration zu der Regenunverträglichkeit bei: "Die Groundeffect-Autos sind noch kritischer im Regen als die alte Generation. Weil entweder voller Grip oder gar keiner vorhanden ist. Dann kannst du den Slide nicht mehr kontrollieren. Das macht die Autos im Regen unberechenbar."

Mit zwei Qualifikationsläufen, einem Sprint und einem Hauptrennen steht viel auf dem Spiel. Insgesamt 138 WM-Punkte sollen vergeben werden. Die Fahrer sind sich ausnahmsweise mal einig: "Wir sind in der Hand des Rennleiters und müssen ihm vertrauen." Russell kann mit Niels Wittich mitfühlen. "Da braucht es unter Umständen einige mutige Entscheidungen. Die Sicherheit muss absolut Vorrang vor allem anderen haben."

Impressionen - Formel 1 - GP Belgien - Spa-Franchorchamps - 27. Juli 2023
ams
In der Zielgerade sind Rillen eingefräst, über die das Wasser ablaufen soll.

Formel-Regional-Crash ein Weckruf

Der tragische Unfall des holländischen Formel-Regional-Piloten Dilano van't Hoff war ein zusätzlicher Weckruf. Allen ist klar, dass jedes Risiko zu viel die Formel 1 auf den Prüfstand stellen würde. Weil man sich dann vorwerfen lassen müsste, das Schicksal herausgefordert zu haben. "Seit dem Unfall in der Formel Regional stehen wir in ständigem Kontakt mit der FIA um zu besprechen, was wir besser machen können", verrät Russell in seiner Funktion als Mitglied des GPDA-Präsidiums.

Nach dem Fiasko vor zwei Jahren wurden die Regeln geändert. Und die machen dem Rennleiter die Aufgabe nicht einfacher, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Für Sprint und Rennen gilt, dass mindestens zwei Runden unter Renntempo ohne Safety-Car an der Spitze zurückgelegt werden müssen, wenn es Punkte geben soll.

Im Sprint muss das Feld zusätzlich wenigstens 50 Prozent der Distanz abspulen. Erst dann werden Punkte verteilt. Im Rennen reicht eine dritte Runde, die durchaus hinter dem Safety-Car stattfinden darf. Danach werden je nach zurückgelegter Distanz Punkte vergeben. Ein Viertel bis 25 Prozent, die Hälfte bis 50 Prozent und drei Viertel bis 75 Prozent.

Da liegt die Versuchung nahe, das Feld hinter dem Safety-Car kreisen zu lassen und das kleinste Fenster mit etwas weniger Regen zu nutzen, um die zwei Runden unter Renntempo über die Bühne zu bekommen. Nico Hülkenberg vertraut dem Rennleiter. "Er hört ja die Kommentare von uns Fahrern am Funk. Wenn 50 Prozent sagen, dass es zu gefährlich ist, wird er das respektieren. Er weiß, dass wir das am besten beurteilen können."

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