165:7 – was sich nach dem Ergebnis eines Basketballmatches zwischen einem Profi-Team und einer Schülertruppe anhört, ist in Wahrheit das Punkte-Verhältnis zwischen den Red-Bull-Fahrern in dieser Formel-1-Saison. Max Verstappen sammelte in zwölf Rennen 95,93 Prozent aller Zähler für sein Team. Seine beiden Teamkollegen Liam Lawson und Yuki Tsunoda steuerten gerade einmal kümmerliche sieben Punkte herbei, wobei Tsunoda alle davon holte. Nun gut – der Japaner sitzt bereits seit dem dritten Grand Prix im Cockpit. Überzeugen konnte er dabei genauso wenig wie sein ehemaliger Toro-Rosso-Teamkollege.
Mit Lawson verlor man schnell die Geduld: Der Neuseeländer hatte sich letzte Saison erst teamintern als Nachfolger für den geschassten Sergio Perez empfohlen. Doch zwei katastrophale Rennwochenenden in Melbourne und Shanghai genügten der Leitung um Motorsportchef Helmut Marko und dem damaligen Teamchef Christian Horner, um Lawson zu degradieren und Tsunoda ins Auto zu hieven.
Seit 2021 ist 25-Jährige in der Königsklasse. Wie die meisten Junioren durfte er beim Schwesterteam der Bullen Erfahrungen sammeln. Einige Experten hatten Tsunoda bereits zu Saisonbeginn für die bessere Wahl als Lawson gehalten, der zuvor erst neun F1-Rennen bestritten hatte. Im Nachhinein lässt sich sagen: Einen Unterschied hätte es wohl nicht gemacht. Max Verstappen bügelt Tsunoda in derselben Manier wie Lawson und wie er es schlussendlich auch mit Perez getan hat.
Wer sitzt 2026 im Red Bull?
Trotz der Ausrichtung des Teams auf den viermaligen Formel-1-Weltmeister ist es nicht im Sinne von Red Bull, dass der zweite Fahrer völlig untergeht. Damit sind vordere Platzierungen in der Konstrukteurs-Wertung unmöglich. Momentan liegt man dort auf Rang vier. McLaren ist an der Spitze ohnehin enteilt, Ferrari und Mercedes sind ausgeglichener besetzt. Red Bull dürfte nach Platz drei im Vorjahr diese Saison nur Vierter werden.
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Red Bull 2026 wieder Tsunoda den Zuschlag gibt. Das liegt zum einen an seinen schwachen Leistungen und zum anderen daran, dass der 99-malige GP-Starter ein Honda-Protegé ist. Nächste Saison stecken jedoch nicht mehr die Antriebe aus Sakura im Heck der Bullen. Das Team entwickelt mit Ford eine eigene Power Unit. Honda machte nach dem schwachen Saisonstart Lawsons wohl Druck, dass ihr Mann in den zweiten Red Bull steigen darf. Ohne Honda als Partner fällt dieser für 2026 weg.
Liam Lawson hingegen brauchte nach seiner Degradierung eine Weile, um wieder zur Normalform zu finden. Der Trend beim 23-Jährigen zeigte zuletzt nach oben. Wie man hört, soll der Ex-DTM-Pilot auch 2026 im Fahrerkader bleiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nochmal zu Red Bull befördert wird, dürfte jedoch gering sein. Lawson wird wohl ein weiteres Jahr im B-Team fahren.

Isack Hadjar überzeugt in seiner Rookie-Saison und dürfte 2026 im Red Bull sitzen.
Hadjar als Juwel
Sein aktueller Stallgefährte hat bessere Karten: Isack Hadjar. Der Rookie liefert in seiner ersten Saison ab. Im Quali-Duell liegt er mit 8:2 deutlich vor Lawson. Er sammelte auch 21 der 36 Punkte für Toro Rosso. Bereits nach wenigen Rennen schossen erste Gerüchte durch die Decke, dass der Franzose schon bald in den Red Bull klettern könnte. Doch beim A-Team hat man aus der Vergangenheit gelernt. Man will den 20-Jährigen neben Superstar Verstappen nicht frühzeitig verheizen. Aber ab 2026 dürfte das Juwel spätestens nach Milton Keynes wechseln.
Somit bliebe sein Cockpit bei Toro Rosso zu besetzen. Dafür steht das nächste Talent mit Arvid Lindblad schon in der Warteschleife. Der 17-Jährige bestreitet aktuell seine erste Formel-2-Saison und ließ sein dabei regelmäßig Können aufblitzen. Zwei Siege sammelte er und liegt momentan auf Rang sechs in der Fahrerwertung. Helmut Marko ist voll des Lobes für seinen Schützling: "Lindblad ist gerade erst einmal 17 Jahre und ist in allen Kategorien auf Anhieb sehr schnell gewesen. Er ist mental stark und unglaublich zielstrebig." Der Österreicher schätzt sein Potenzial so ein: "Von der ganzen Charakteristik her ist Lindblad einer, der ein ganz Großer werden kann."
Der Engländer durfte in Silverstone schon mal im ersten Training den Red Bull von Yuki Tsunoda steuern. Dafür war eine Sondergenehmigung nötig, weil Lindblad noch nicht volljährig ist. Die Superlizenz wurde ihm von der FIA erst kürzlich erteilt. Zwar gäbe es auch die Möglichkeit, schon 2026 bei Red Bull einzusteigen, doch nach den letzten Erfahrungen dürfte er erstmal bei Toro Rosso geparkt werden.

Bleib Max Verstappen bei Red Bull oder zieht es den Champion zu Mercedes?
Was wird aus Verstappen?
Das Horror-Szenario wäre für Red Bull ein Abgang von ihrem Zugpferd Max Verstappen. Trotz des Rauswurfs von Teamchef Christian Horner im Anschluss des Silverstone-Wochenendes ist nicht sicher, ob der Niederländer auch 2026 im Red Bull sitzt. Mercedes-Teamchef Toto Wolff umgarnte den 27-Jährigen schon im Vorjahr. Und auch diese Saison scheint er Verstappen die Tür offenhalten zu wollen.
Der beste Fahrer im Feld will wieder in einem wettbewerbsfähigen Auto sitzen. Mit dem RB21 kann er zwar vereinzelt um Siege kämpfen, der WM-Titel aber erscheint gegen den McLaren MCL39 von Lando Norris und Oscar Piastri ein utopisches Ziel. Ob Red Bull für den großen technischen Reglements-Wechsel die Kurve bekommt? Fraglich. Das kann man aber auch über die anderen Teams sagen. Mercedes soll bei der Motoren-Entwicklung für 2026 zwar gut gerüstet sein, doch wie wird es beim Chassis aussehen? Dort lieferte man in Brackley seit Einführung der Groundeffect-Autos 2022 nicht so ab, wie man es von den einstigen F1-Dominatoren von 2014 bis 2021 gewohnt war.

Falls George Russell bei Mercedes für Verstappen weichen muss, wäre er ein logischer Nachfolger bei Red Bull.
Russell als Ersatz
Sollte sich Verstappen für einen Mercedes-Wechsel entscheiden, müsste man bei Red Bull schnell handeln. Die einfachste Lösung wäre, den Silberpfeil-Piloten zu verpflichten, der dann kein Cockpit mehr hätte. Der Vertrag von George Russell läuft Ende des Jahres aus. Dass Rookie Andrea Kimi Antonelli nach einem Jahr vor die Tür zu gesetzt wird, ist aktuell schwer vorstellbar. Russell könnte mangels Optionen Verstappen bei Red Bull ersetzen. Es gibt jedoch auch Gerüchte, dass der Engländer bei Aston Martin und Alpine auf der Liste steht.
Bekommt Red Bull nicht den Zuschlag für Russell, müsste man sich anderweitig umschauen. Mit Carlos Sainz, Pierre Gasly und Alexander Albon gibt es einige gestandene Formel-1-Piloten im Feld, die einst zur Red-Bull-Talentschmiede gehörten. Gut möglich, dass man hier anklopfen würde. Doch diese Fahrer besitzen alle noch gültige Verträge bei ihren Teams.