Red-Bull-Misere: Ist Tsunodas Rückstand zu groß?

Red Bull bleibt Einmann-Team
Ist Tsunodas Rückstand zu groß?

Zuletzt aktualisiert am 10.06.2025

Daniel Ricciardo hielt es drei Jahre neben Max Verstappen bei Red Bull aus. Dann ging er freiwillig. Pierre Gasly blieb eine halbe Saison, bevor er gegen Alexander Albon ausgetauscht wurde. Der Thailänder ließ sich eineinhalb Jahre lang von Verstappen verprügeln. Mit 105:214 Punkten stand Albon noch nicht einmal so schlecht da.

Sergio Perez war vier Jahre lang Teamkollege des Außerirdischen. Er brachte es in dieser Zeit immerhin auf fünf GP-Siege, einen dritten und einen zweiten Platz in der Gesamtwertung. Alles ging gut, solange der Red Bull ein gutmütiges Auto war. Der Abstieg von Perez begann damit, dass die Red-Bull-Ingenieure auf der Suche nach mehr Abtrieb Fahrbarkeit opferten. Der Mexikaner zerbrach an den ständigen Ohrfeigen, die er von Verstappen bekam.

Die Red-Bull-Manager suchten stattdessen einen jungen, unverbrauchten Fahrer, der mental nicht aus der Ruhe zu bringen schien. Doch Liam Lawson bekam im A-Team keinen Fuß auf den Boden. Nach zwei Rennen wurde er ins B-Team strafversetzt, und Yuki Tsunoda durfte sein Glück versuchen. Der Japaner war mit vier Saisons im Rücken keine Rookie mehr. Und er kann mit einem übersteuernden Auto leben. Also wurde Tsunoda befördert.

Abstände weiterhin zu groß

Nach sieben Einsätzen sieht die Bilanz aber nicht besser aus als die seiner Vorgänger. Ein neunter und zwei zehnte Plätze im Hauptrennen, ein sechster Rang im Sprint, insgesamt sieben WM-Punkte, ein Totalschaden in Imola und kein Land in Sicht im Duell mit Verstappen. Negativer Höhepunkt war der letzte Startplatz beim GP Spanien. Zum dritten Mal in seiner Red-Bull-Zeit startete Tsunoda mit einem umgebauten Auto aus der Box.

Die Abstände zum Teamkollegen schwanken zwischen einer halben und einer Sekunde. Den Vorgängern ging es genauso. Wenn Tsunoda mal in Schlagdistanz zum übermächtigen Verstappen kommt, dann in Trainingssitzungen, in denen der Red Bull noch zickt und sein Meisterfahrer über das Auto schimpft.

Generell gilt, dass die Schere aufgeht, wenn die wichtigen Qualifikationssitzungen näher rücken. Oder wenn auf Strecken gefahren wird, die dem Red Bull RB21 nicht liegen. Konstant war der Abstand nur in Barcelona: 0,558 Sekunden, 0,613 Sekunden, 0,517 Sekunden, 0,587 Sekunden. Das reichte am Ende aber schon aus, um im Q1 Letzter zu sein.

Yuki Tsunoda - Red Bull - Formel 1 - GP Emilia Romagna - Imola - 17. Mai 2025
xpb

Drei Rennen mit altem Unterboden

Für die letzten drei Rennen hat der Japaner immerhin eine gute Entschuldigung. Er saß in einem RB21 älterer Spezifikation. Vom neuen Unterboden gibt es nach Tsunodas Unfall in Imola nur zwei Exemplare, und die gehören dem Chef. "Das hat Yuki selbst zu verschulden", bedauert Sportchef Helmut Marko. Erst in Montreal wird wieder Gleichstand herrschen.

Es hilft natürlich auch nicht, dass der Red Bull ein Auto mit einem engen Arbeitsfenster ist. Ganz das Gegenteil von dem, was Tsunoda bei Toro Rosso gewohnt war. Selbst Verstappen tut sich schwer, eine akzeptable Abstimmung für den RB21 zu finden. Wie soll es dann einer schaffen, der die Eigenheiten des Fahrzeugs viel weniger gut kennt?

An den Verschiebungen der Fahrzeugbalance zwischen Einlenken und Scheitelpunkt sind schon Perez und Lawson verzweifelt. Nur Verstappen kommt irgendwie mit der Unberechenbarkeit seines Fahrzeugs zurecht.

Das Ausnahmetalent des Niederländers kann auch ein Nachteil sein. Die Ingenieure bemerken Fehler am Auto erst mit Verzögerung. Der Druck, etwas zu ändern, ist kleiner, solange der Chefpilot nur mault. Wenn die Rundenzeit trotzdem stimmt, besteht keine Dringlichkeit. Der zweite Fahrer muss dann nehmen, was da ist.

Max Verstappen - Yuki Tsunoda - Red Bull - GP Monaco 2025
Red Bull

Tsunoda sucht den Schlüssel zum Auto

Im Rennbetrieb kommt Tsunoda besser mit seinem launischen Auto zurecht als auf einer schnellen Quali-Runde. Schon zwei Mal fuhr er nach einem Start aus den Boxen in die Punkteränge. Mit vollen Tanks und gebrauchten Reifen sind die Reaktionen des Autos träger und vorhersehbarer. Hat der Fahrer einmal seinen Rhythmus gefunden, fällt vieles leichter.

Die Schwierigkeiten stellen sich erst ein, wenn er ans Limit muss. "Mir fällt es dann schwer abzuschätzen, wie das Auto reagiert, wenn zum Beispiel immer mehr Gummi auf die Bahn kommt", erzählt der Japaner. "In den letzten vier Jahren mit VCARB wusste ich genau, was passieren würde, also musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Ich habe ganz natürlich reagiert und bin schnell gefahren."

Genau diese Erfahrung fehlt Tsunoda noch, und die holt man sich auch nicht einfach so in sieben Rennen, vor allem mit einem Auto, das jede Trainingssitzung das Gesicht ändert. "Ich arbeite noch daran, mehr Vertrauen mit diesem Auto zu bekommen. Ich verstehe es immer besser. Trotzdem fällt es mir nicht leicht, die letzten Millisekunden rauszuholen, gerade wenn sich die Strecke ändert oder man das Setup umgebaut hat und sich damit auch die Balance verschiebt."

Yuki Tsunoda - Red Bull - Abu Dhabi Test 2024
Red Bull

Geduld mit Tsunoda

Noch zeigen seine Chefs Geduld. Es wäre kontraproduktiv, Tsunoda jetzt gleich durch Isack Hadjar zu ersetzen. Der Franzose hat bei Toro Rosso einen Lauf. Der könnte ganz schnell zu Ende sein, wenn er gegen Verstappen fahren muss. Teamchef Christian Horner dementiert Wechselgerüchte: "Für Yuki ist es noch früh. Er muss sich noch einleben."

Er macht aber auch klar, dass der Fahrer selbst eine Lösung finden muss. "Das Einzige, was wir tun können, ist, ihm Zeit und Unterstützung zu geben und zu versuchen, ein Setup zu finden, dem er vertraut. Beim Fahren dieser Autos kommt es vor allem auf Vertrauen an, und das muss er finden. Ich denke, er wird es schaffen. Er ist schnell. Wir sehen immer wieder Ansätze von seinem Speed. Er muss nur noch alles zusammenfügen."

Für 2026 geht es bei Tsunoda ab jetzt bei jedem Rennen ums Überleben. Im nächsten Jahr fällt die schützende Hand von Honda weg. Der neue Motorenpartner von Aston Martin kann seinen Schützling auch nicht in den grünen Autos platzieren, weil die Cockpits bereits besetzt sind. Bei Red Bull zeichnen sich die Fahrerpaarungen für nächstes Jahr bereits ab. Verstappen und Hadjar im A-Team, Lawson und Lindblad bei Toro Rosso. Kompliziert wird es nur, wenn Verstappen geht. Doch daran wagt in Milton Keynes und Salzburg keiner zu denken.