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Interner Machtkampf bei Red Bull
Wer steht auf welcher Seite?

Der Streit bei Red Bull hat in den vergangenen Wochen die Titelseiten gefüllt. Wir erklären noch einmal, wer bei dem internen Machtkampf auf welcher Seite steht. Und welche Interessen die einzelnen Beteiligten verfolgen.

Red Bull - Marko, Horner & Newey - Formel 1 2023
Foto: Red Bull

Es wird langsam unübersichtlich bei Red Bull. Ständig gießt wieder irgendjemand Öl ins Feuer. Heckenschützen versorgen die Presse regelmäßig mit neuer Munition. Mit dem Abschluss der internen Untersuchung gegen Christian Horner scheint die Angelegenheit noch längst nicht beendet zu sein. Es ist nur eine Frage, wann die nächste Bombe platzt.

Wir versuchen, das undurchsichtige Geflecht aus verschiedenen Interessen strukturiert aufzudröseln. Wer steht in dem internen Machtkampf auf welcher Seite? Warum ist es überhaupt zu der Eskalation gekommen? Was ist bekannt und was sind nur Gerüchte? Und wie könnte es in den nächsten Wochen weitergehen?

Unsere Highlights

Christian Horner

Die Königsfigur im Red-Bull-Schach ist Teamchef Christian Horner. Nach dem Tod von Unternehmensgründer Dietrich Mateschitz im Oktober 2022 soll der Brite versucht haben, seinen Machtbereich im Energy-Drink-Konzern auszudehnen. Dazu hat er sich angeblich bei den thailändischen Mehrheitsbesitzern eingeschmeichelt. Das kam in der Zentrale in Salzburg nicht gut an.

Die Beschwerde einer Mitarbeiterin des Rennstalls in Milton Keynes ist davon aber komplett losgelöst. Schon im Dezember soll Red Bull darüber informiert worden sein, dass sich Horner der Dame gegenüber unangemessen verhalten habe. Der Konzern führte eine unabhängige Untersuchung durch, die aber ohne Konsequenzen für Horner abgeschlossen wurde.

Einen Rücktritt lehnte Horner bisher stets ab. Auch die Drohung, dass Max Verstappen und Adrian Newey bei einem Verbleib des Rennstall-Oberhaupts das Team verlassen könnten, scheint den 50-Jährigen nicht von seinem Chefsessel zu bewegen. Horner will angeblich beweisen, dass er selbst der Grund für die Erfolge der letzten Jahre war und nicht seine prominenten Angestellten.

Helmut Marko & Christian Horner - GP Abu Dhabi 2023
Wilhelm

Beim Finale 2023 in Abu Dhabi war die Welt bei Red Bull noch in Ordnung. Seitdem herrscht Krieg hinter den Kulissen.

Helmut Marko

In den letzten Wochen musste Helmut Marko hinter den Kulissen einige Brände löschen. Der Grazer sitzt quasi als Vermittler zwischen den Stühlen und versucht, Thailänder und Österreicher wieder auf eine Linie zu bringen. Erst im Januar wurde sein Vertrag als Motorsport-Berater des Konzerns um drei Jahre verlängert. Nun wartet auf den Juristen seine vielleicht schwierigste Aufgabe.

Das Misstrauen gegenüber Horner ist groß, weil der Teamchef immer wieder Dinge im Alleingang durchziehen will. In der Vergangenheit musste Marko mehrmals Pläne von Horner abblocken, um Schaden von Red Bull abzuwenden. Um Horner auszubremsen, hat sich Marko jetzt auch mit Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff verbündet. Die beiden waren zu Beginn nicht gerade beste Freunde.

Das wichtigste Ziel von Marko lautet, Adrian Newey und Max Verstappen zu halten und damit die sportliche Schlagkraft des Teams zu sichern. Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind aber begrenzt. Red Bull kann als GmbH keine wichtigen Personal-Entscheidungen gegen den Willen der thailändischen Mehrheitseigner durchsetzen.

Christian & Geri Horner - Formel 1 - GP Bahrain 2024
Motorsport Images

Red-Bull-Besitzer Chalerm Yoovidhya reiste extra nach Bahrain, um Christian Horner zu unterstützen.

Chalerm Yoovidhya

Der 72-Thailänder ist der Sohn des 2012 verstorbenen Unternehmensgründers Chaleo Yoovidhya, der als Geschäftspartner von Dietrich Mateschitz in den 1980er-Jahren die Grundidee und den Namen für den mittlerweile weltbekannten Energy-Drink beisteuerte. Dafür erhielt die Yoovidhya-Familie 51 Prozent der Anteile am Red-Bull-Imperium.

Über viele Jahre hielten sich die Thailänder aus dem operativen Geschäft heraus. Mateschitz machte seine Marke zu einem globalen Erfolg und schickte jährlich einen großen Scheck nach Thailand. Doch nach dem Tod von Mateschitz hat sich nun ein Machtkampf um die Vorherrschaft beim Getränkekonzern entwickelt.

Horner soll im Hintergrund geschickt Politik gemacht und sich als Verbündeter im Kampf gegen die österreichischen Red-Bull-Lenker positioniert haben. So konnte er sich die Unterstützung von Chalerm Yoovidhya sichern, der mehr Einfluss auf die Konzern-Aktivitäten im fernen Europa ausüben will. Um offen seine Verbundenheit mit Horner zu signalisieren, reiste der Thailänder sogar zum Auftaktrennen nach Bahrain.

Jos Verstappen & Christian Horner - Red Bull - Formel 1 - GP Bahrain 2024
Motorsport Images

Versucht Jos Verstappen den Horner-Streit zu nutzen, um seinen Sohn von Red Bull wegzubringen?

Jos Verstappen

Eine wichtige Rolle im Red-Bull-Intrigenspiel scheint Jos Verstappen einzunehmen. Nach dem Rennen in Bahrain gab der ehemalige Formel-1-Pilot offiziell zu Protokoll, dass Horner das Team verlassen sollte. Sonst drohe eine Zerreißprobe. Sogar von einer "Explosion" bei Red Bull war die Rede. Damit deutete der Niederländer offensichtlich die Möglichkeit eines Abgangs seines Sohnes zur Konkurrenz an.

In Jeddah wurde Max Verstappen gefragt, ob sein Vater die deftigen Aussagen schon bereue: "Das habe ich nicht gefragt", antwortete der Pilot. "Aber mein Vater sagt immer offen seine Meinung. Und er ist mit Sicherheit kein Lügner. Mein Vater und ich haben eine sehr enge Beziehung. Wir telefonieren jeden Tag. Ich kann mir eine Zukunft in der Formel 1 ohne meinen Vater nicht vorstellen."

Verstappen Senior dementiert offiziell, dass er der Presse Munition gegen Horner geliefert hat. Während des Bahrain-Wochenendes waren Chatprotokolle veröffentlicht worden, die angeblich Gespräche zwischen Horner und der Frau zeigen sollen, die bei der Personalabteilung Beschwerde eingelegt hatte. Noch immer ist nicht klar, wer das Material an die Medienvertreter geleakt hat.

Über die Intentionen des Verstappen-Clans lässt sich nur spekulieren. Hinter den Kulissen soll es mit Horner immer mal wieder Streit um Vermarktungsrechte gegeben haben. Interessant ist, dass die interne Untersuchung erst an die Öffentlichkeit kam, als Lewis Hamilton seinen Wechsel zu Ferrari bekannt gab. Der Verstappen-Clan stand die letzten Jahre stets in engem Kontakt mit Toto Wolff. Es ist möglich, dass Mercedes dem besten Fahrer im Feld ein unmoralisches Angebot gemacht hat.

Adrian Newey - Red Bull - F1-Test Bahrain 2024
xpb

Von Adrian Newey gibt es keine offiziellen Aussagen zum Streit. Doch angeblich ist das Verhältnis zu Christian Horner angeschlagen.

Adrian Newey

Auch um die Zukunft von Adrian Newey ranken sich viele Gerüchte. Um Geld im Budget-Deckel freizuräumen, soll Horner angeblich versucht haben, den gut bezahlten Starkonstrukteur aus dem F1-Team rauszulösen und in das Hypercar-Projekt RB17 abzuschieben. Doch der 65-jährige Ingenieur will sich so leicht nicht in die Rente schicken lassen.

Newey hätte damit einen guten Grund, mit der Seite der Horner-Gegner zu sympathisieren. Die Frage lautet, ob der Technik-Chef tatsächlich das Team verlassen könnte, sollte sich an der Führungsposition des Rennstalls nichts ändern. Die Konkurrenz wird die Entwicklung um Newey sicher mit Argusaugen verfolgen. Der Zeitpunkt für Abwerbeversuche dürfte besser nicht sein.

Jos Verstappen & Max Verstappen
Red Bull

Max Verstappen lässt die ganze Affäre kalt. Von einem Wechsel will er offiziell nichts wissen.

Max Verstappen

Wie immer hält sich Max Verstappen aus den Politik-Spielchen im Hintergrund raus. Der dreifache Weltmeister konzentriert sich auf das, was er am besten kann – nämlich das Autofahren. Ein öffentliches Bekenntnis zu Horner wollte er bislang nicht abgeben. Bei seinen Karriere-Entscheidungen hat der Pilot bisher immer auf die Ratschläge seines Vaters gehört. So wird es auch in diesem Fall sein.

Es spricht viel dafür, dass er das Team verlassen will. Unklar ist, inwieweit dieser Wunsch vom Schicksal Horners abhängt. Fraglich ist auch, wie Verstappen aus dem noch bis 2028 laufenden Vertrag herauskommen kann. Angeblich soll es eine Klausel geben, die den Piloten von seinen Red-Bull-Pflichten entbindet, wenn sich an den Entscheidungsträgern oder den Machtverhältnissen im Team etwas ändert.

Natürlich dürfte es auch Klauseln geben, die an den sportlichen Erfolg gebunden sind. Doch so lange Red Bull ein Rennen nach dem anderen gewinnt, können diese natürlich nicht gezogen werden. Trotz der aktuellen Erfolgswelle spricht viel für den Wechsel zu Mercedes. Verstappen könnte zu den ganz Großen dieses Sports aufsteigen, wenn er bei mehreren Teams Weltmeister wird.

Außerdem hat ein Automobilhersteller mit der Tradition von Mercedes eine größere Strahlkraft und mehr Vermarktungspotenzial für einen Rennfahrer. In Jeddah wollte Verstappen seine Wechselabsichten aber nicht bestätigen: "Dafür müssten hier schon einige verrückte Dinge passieren. Das will keiner. Ich möchte hier bleiben, weil es mir hier Spaß macht. Ich bin glücklich, solange wir Leistung abliefern."

Red Bull Fabrik - Milton Keynes - 2021
Red Bull

Die Mitarbeiterin, die Beschwerde gegen Christian Horner eingeleitet hat, wurde beurlaubt.

Die Red-Bull-Mitarbeiterin

Den meisten Journalisten im Fahrerlager ist der Name der Mitarbeiterin bekannt, die bei der Red-Bull-Personalabteilung Beschwerde gegen Horner eingereicht hat. Offenbar empfand sie das Verhalten des Teamchefs als unangemessen. Die Untersuchung kam dagegen zu dem Ergebnis, dass alles im Rahmen gewesen ist. Sonst wäre die Beschwerde nicht ohne Konsequenzen für Horner abgewiesen worden.

Wie bereits erwähnt dauerte es relativ lange, bis der Fall an die Öffentlichkeit kam. Einige vermuten, dass dabei von Horner-Gegnern innerhalb des Teams nachgeholfen wurde. Unklar ist, ob die Mitarbeiterin selbst Informationen zu dem Fall an die Presse oder andere Teammitglieder weitergeleitet hat.

Am Donnerstag (7.3) wurde bekannt, dass Red Bull die Mitarbeiterin freigestellt hat. Wegen einer fehlgeschlagenen Beschwerde darf man eine Angestellte natürlich nicht einfach suspendieren. Laut der "BBC" soll der Rennstall seiner Mitarbeiterin ein unehrliches Verhalten vorwerfen. Nach Informationen der "Sun" wird der Mitarbeiterin weiter das volle Gehalt bezahlt, bis Gras über die Angelegenheit gewachsen ist.

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