Keine Überholmanöver: Bauen die Teams jetzt Quali-Autos?

Zu wenige Überholmanöver im Rennen
Kommt jetzt das Qualifikations-Auto?

GP Bahrain 2025
Veröffentlicht am 10.04.2025

Es reichen zwei eintönige Rennen, und schon verfällt das Fahrerlager in Hysterie. Melbourne hatte Glück. Das Wetter mischte die Karten und bestimmte die Strategie. Shanghai und Suzuka boten eine Prozession. Wer am Start vorne lag, gewann das Rennen. Auch mit dem zweitschnellsten Auto. Bei Mercedes ist man überzeugt, dass auch George Russell das Rennen gewonnen hätte, wäre er in Führung gegangen. Ferrari denkt das gleiche mit Charles Leclerc.

Das Überhol-Delta lag zwischen 0,8 und 1,2 Sekunden. Keiner aus den Top 4 hatte den Speed, diesen Unterschied zu machen. Dazu kommt der Vorteil der Führung. Ungestörte Luft ist bei den aktuellen Autos ein Geschenk. "Das allein ist zwei Zehntel wert", glaubt Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin.

Normalerweise schafft die Abnutzung der Reifen große Speed-Unterschiede im Feld. Doch sowohl in Shanghai als auch in Suzuka hielten die Reifen ewig. Und es waren beides Strecken, bei denen der Vorderreifen mehr leidet als der Hinterreifen. Das ist ein geringeres Handikap. Keiner der Experten und auch der Ingenieure war vor den beiden Grands Prix von einem Einstopp-Rennen ausgegangen.

Esteban Ocon - Formel 1 - GP Japan 2025
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Noch nie so viel Abtrieb

Für beide Strecken war es eine neue Erfahrung. Sie waren traditionell Zweistopp-Rennen. Doch in beiden Fällen reichte diesmal ein einziger Reifenwechsel aus. In Shanghai entschieden sich 15 Fahrer dafür, in Suzuka 19. Beide Strecken hatten gemeinsam, dass sie entweder ganz oder zu einem großen Teil neu asphaltiert wurden. Der Streckenbelag lieferte extrem viel Grip. Das hilft.

Dazu kommt, dass die Groundeffect-Autos nun in ihr viertes Jahr gehen und so viel Abtrieb produzieren wie keine andere Fahrzeug-Generation in der Formel-1-Geschichte zuvor. Das macht die Autos zwar schneller, hat aber auch den Effekt, dass Anpressdruck die Reifen schont. Die Autos rutschen weniger. Das reduziert den thermischen Gripverlust.

Da immer mehr Abtrieb vom Unterboden kommt reduziert sich der Einfluss der Flügel. Je effizienter die Heckflügel werden, desto geringer ist der DRS-Vorteil. In Suzuka, mit nur einer DRS-Zone, betrug er 0,25 Sekunden. In Melbourne dagegen mit vier Zonen waren es acht Zehntel.

Oscar Piastri - McLaren - GP Japan 2025 - Suzuka - Formel 1
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2024 gab es schon 14 Einstopp-Rennen

Tatsache ist, dass die Zahl der Einstopp-Rennen wächst. Im letzten Jahr waren es schon 14 von 24. In der zweiten Saisonhälfte nahm das auffällig zu. Das bedeutet, dass der Fortschritt bei den Autos mindestens so viel Einfluss hat wie ein neuer Asphalt. Da sich alle dem Limit annähern, werden die Unterschiede immer kleiner. "Wir sind alle ähnlich im Topspeed, in schnellen und in langsamen Kurven. Wo willst du da noch den Unterschied machen?", fragt Alexander Albon.

In Suzuka lagen die Unterschiede im Topspeed bei 8,9 km/h. Im letzten Sektor nahm der Schnellste dem Langsamsten 0,549 Sekunden ab. Da muss der Vordermann schon einen gravierenden Fehler machen, damit sich eine Überholchance ergibt. Wie bereits 2021, dem Abschiedsjahr des alten Reglements, gehen die Überholmanöver auch jetzt wieder gravierend zurück. In Suzuka von 46 auf 19, in Shanghai von 44 auf 30.

Alexander Albon - Williams - GP Bahrain 2025 - Formel 1
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Längere oder mehr DRS-Zonen

Doch wie kommt man aus der Falle wieder raus? Pirelli versucht es in Miami und Imola mit weicheren Reifen. Beides waren schon letztes Jahr Einstopp-Rennen. Carlos Sainz fühlt mit Pirelli. "Das sind echt arme Hunde. Zuerst haben wir von Pirelli verlangt, dass sie Reifen bauen, die weniger stark überhitzen und länger leben. Jetzt machen wir eine Kehrtwende und fordern das Gegenteil. Ich finde, wir sollten in unserer Meinung ausgeglichener sein. Weichere Reifen sind nicht überall die Lösung. In Suzuka schon. Da brauchst du das Delta vom Reifen zum Überholen."

Die FIA könnte mit den DRS-Zonen nachjustieren. Entweder mehr oder länger. "Es gibt keinen Grund, warum wir in Suzuka nicht zwei haben. Wir hatten in der Vergangenheit auch DRS auf der Geraden vor der 130R-Kurve. Das würde schon viel helfen", meint Albon. Tatsächlich scheut sich die FIA vor DRS-Zonen, die in schnelle Kurven münden. Der Unfall von Jack Doohan in der ersten Kurve von Suzuka zeigt, warum.

In Bahrain wird sich die Aufregung legen. Der älteste Asphalt im Kalender und die vielen Beschleunigungs-Zonen stressen die Hinterreifen. Auf dem Papier sind zwei Stopps Pflicht. Wer es mit einem schafft, wäre der König. Hält der Trend an, dass der Samstag den Sieger bestimmt, werden die Teams ihre Autos immer mehr Richtung Qualifikation trimmen. Zumindest dort, wo die Reifenabnutzung gering ist. Das könnte der Weltmeisterschaft einen neuen Spin geben. Die Trumpfkarte der McLaren ist ihr schonender Umgang mit den Reifen.