Geheime Power-Daten für 2026: Zwei Strecken zu gefährlich für neue Autos

Geheime Power-Daten für 2026
Zwei Strecken zu gefährlich für neue Autos

ArtikeldatumVeröffentlicht am 27.08.2025
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Im Jahr 2026 beginnt für die Formel 1 eine neue Ära. Wieder einmal. Und doch hat das nächste Technik-Reglement eine andere Qualität als alle Technik-Reformen zuvor. Nicht nur, weil sich Antrieb, Chassis und Reifen ändern. Der hohe Elektroanteil im Antrieb stellt die Regelmacher vor große Herausforderungen. Es ist ein Unterschied, ob man 350 Kilowatt (475 PS) oder 120 Kilowatt (163 PS) aus der Batterie in das System einspeist.

Dazu kommen noch 400 Kilowatt (545 PS) vom Verbrenner. Minimum. Aus Motorenkreisen ist bereits von bis zu 430 Kilowatt (585 PS) zu hören. Damit hätten die Hybridantriebe der Zukunft bei voller Power deutlich über 1.000 PS. Aber eben nicht immer. Um die Batterie zuverlässig zu laden, reicht es nicht aus, nur auf der Bremse zu rekuperieren. Da wird der Verbrenner auch im Teillastbereich in den Kurven mithelfen müssen, Energie zurückzugewinnen.

Stichwort Energie-Management: Das wird in Zukunft so wichtig sein wie die Spitzenwerte der Motorleistung selbst. FIA-Sportchef Nikolas Tombazis bestätigt: "Wenn der elektrische Anteil an der Leistung relativ zum Verbrenner steigt und die Batterien nur begrenzte Lade- und Entladekapazitäten haben, wird das Energie-Management eine wichtige Herausforderung. Das wird auf der elektrischen Seite des Antriebs einige Innovationen hervorbringen."

Kein Risiko im Tunnel von Monte-Carlo

Die Teams werden bei der Energie-Verwaltung nicht ganz frei sein. Wären sie es, könnte es im Extremfall zu Auswüchsen kommen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff warnte vor Spitzengeschwindigkeiten bis zu 400 km/h. Würde man in Monte-Carlo die volle Elektro-Power erlauben, wären die Autos am Ende des Tunnels 350 km/h schnell – bisher waren es "nur" um die 290 km/h.

Gäbe es beim Laden keine Beschränkung, würden die Autos mitten auf den Geraden zu schnell zu viel Geschwindigkeit verlieren. Wenn plötzlich 120 Kilowatt fehlen, ist das nicht so schlimm. Bei dreifacher Leistung wird es zum Problem. Deshalb muss die Leistung beim Segeln auf den Geraden schrittweise zurückgefahren werden. "Wir werden sicherstellen, dass die Autos nicht plötzlich auf den Geraden verzögern oder sonst irgendwelche unnatürlichen Sachen machen", bestätigt Tombazis.

Die Komplexität des künftigen Hybridantriebes erfordert, dass individuell, je nach Rennstrecke Grenzwerte gesetzt werden. Dafür gibt bereits ein Energiemanagement-Chart, das aber nur eine Momentaufnahme ist. Es wird in Absprache mit den Teams und den Motorherstellern immer wieder angepasst. Wir durften einen Blick in das geheime Papier werfen.

Regeln werden ständig angepasst

Laut Tombazis steht die FIA in ständigem Kontakt mit den Teams um abzufragen, was die Fahrer von den Tests im Simulator berichten und wo es noch Schwachstellen gibt. "Wir haben die Regeln noch nicht final festgelegt. Sie werden Schritt für Schritt angepasst, je nachdem, welche Erfahrungen die Teams machen und an uns berichten. Je intensiver sie jetzt in die Entwicklung einsteigen, je öfter die Fahrer im Simulator die 2026er-Autos probieren, desto mehr Feedback bekommen wir von ihnen."

Das Produkt ist noch nicht fertig, doch jedes der elf Teams hat bereits den aktuellen Stand, wie die Energie auf den einzelnen Schauplätzen eingesetzt werden darf. Zunächst einmal wird auf jeder Strecke der Anteil ermittelt, auf dem theoretisch Vollgas gefahren wird. In Melbourne sind das 4.630 von 5.278, in Monte-Carlo 1.388 von 3.337 und in Monza 4.218 von 5.793 Metern.

Mit zwei Ausnahmen darf auf jedem der 24 GP-Kurse die volle Power abgerufen werden. Nur auf den Stadtkursen in Monte-Carlo und Singapur gilt ein mit "Rev1" bezeichneter Modus für reduzierte Leistung. Sowohl im Standardbetrieb als auch im Override-Modus, der als Ersatz für DRS zum Überholen benutzt werden darf.

So viel darf pro Runde geladen werden

Auch für das Laden gibt es Beschränkungen. Die maximale Energiemenge, die laut Reglement pro Runde über die MGU-K in die Batterie geladen werden darf, beträgt 9,0 Megajoule. Aber eben nicht überall und auch nicht immer. Die Direktive macht nicht nur bei Rennstrecken einen Unterschied, sondern auch, ob es sich um ein freies Training, eine Qualifikation oder das Rennen handelt. Sprint und Grand Prix werden dabei gleich behandelt.

Auf zwölf der 24 Strecken dürfen im freien Training, der Qualifikation und für den Override-Modus jeweils maximal 9,0 Megajoule pro Runde rekuperiert werden. Für jede normale Runde im Rennen gilt 8,5 MJ/Runde. Zu dieser Kategorie zählen Strecken wie Suzuka, Miami, Monte-Carlo, Spa, Madrid oder Austin.

In Barcelona, Silverstone oder Zandvoort ist maximale Speichermenge auch in der Qualifikation auf 8,5 MJ/Runde beschränkt. Auf den extrem schnellen Kursen gibt es Vorsichtsmaßnahmen. In Jeddah darf auch im freien Training nicht mehr als 8,5 MJ/Runde geladen werden, in der Qualifikation nicht mehr als 6,5 MJ/Runde und im Rennen nicht über 8,0 MJ/Runde. In Monza sind in der Qualifikation sogar nur 6,0 MJ/Runde erlaubt.

Toro Rosso - Lenkrad - Daniil Kvyat - GP Abu Dhabi - Formel 1 - Donnerstag - 28.11.2019
ams

DRS-Effekt über Extra-Boost

Um zu verhindern, dass bei Segeln auf den Geraden ein Auto plötzlich zum Hindernis wird, darf die Leistung beim Verbrenner nur schrittweise reduziert werden. Üblicherweise gelten 100 Kilowatt pro Sekunde. Auf den superschnellen Strecken wie Melbourne, Jeddah, Silverstone, Spa, Monza, Baku und Las Vegas sind es nur 50 kW/s.

DRS ist nächstes Jahr Geschichte, weil die Autos auf den Geraden automatisch die Flaps an Front- und Heckflügel flachstellen werden, um den Luftwiderstand zu verringern. Die Überholhilfe ist ab 2026 ein Extra-Boost aus dem Antrieb. Er darf wie bei DRS nur dann eingesetzt werden, wenn der Abstand zwischen zwei Autos am Erkennungspunkt eine Sekunde oder weniger beträgt.

Die Stellen, an denen der Abstand gemessen wird und ab denen man den Power-Knopf drücken darf, sind größtenteils bereits festgelegt und in Metern angegeben. Diese Entfernungsangaben beziehen sich auf den Abstand zur Ziellinie. Weil nur ein Punkt bislang vermerkt ist, sieht es so aus, dass es auch nur eine Stelle pro Strecke gibt, wo der Override-Modus aktiviert werden darf.

F1-Auto 2026 - FIA-Concept
FIA

Boost-Bereich nicht gleich DRS-Zonen

In Spa ist das praktischerweise der Zielstrich. In Bahrain die vierte Gerade zwischen den Kurven 13 und 14. In Shanghai, Barcelona, Montreal oder am Red-Bull-Ring die Zielgerade, in Interlagos ausgangs Kurve 13, in Melbourne am Ende der Gegengerade.

Wie mächtig die Überholhilfe sein wird, darüber will sich Tombazis noch nicht auslassen. "Das wird gerade mit den Fahrern im Simulator abgestimmt. Es gibt Übereinstimmungen mit DRS, aber auch Unterschiede. Wir wollen das Überholen nicht zu einfach und nicht zu schwer machen. Die Parameter werden nicht für jede Strecke die gleichen sein."

* Freies Training/Qualifikation/Rennen/Power-Boost

** Gemessen ab Ziellinie