Wie fühlt es sich an, dass es endlich mit dem Podium geklappt hat?
Hülkenberg: Gut natürlich. Hat ja auch lange genug gedauert, oder? Ich wusste immer, dass es irgendwo in mir drinsteckt. Was für ein Rennen! Wir sind von ganz hinten gestartet, praktisch genauso wie letzte Woche. Das ist echt surreal, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß nicht genau, wie das alles passiert ist. Natürlich waren die Bedingungen verrückt. Das war über große Teile des Rennens ein Überlebenskampf. Wir hatten aber alles im Griff: die richtigen Entscheidungen, die richtigen Reifen im richtigen Moment, haben keine Fehler gemacht. Echt unglaublich.
Es hat über 200 Rennen gedauert. Wie schwierig war es in der ganzen Zeit, als es ein paar Mal fast geklappt hat? Wie sehen da jetzt die Gefühle aus?
Hülkenberg: Ich habe bis zum letzten Boxenstopp nicht daran geglaubt. Als ich dann gehört habe, dass wir den Abstand zu Lewis mit dem späteren Boxenstopp etwas vergrößert haben, gab mir das etwas Luft zum Atmen. Aber dann hat er wieder schnell aufgeholt. Der Druck war also immer da. Wir sind aber nicht eingebrochen. Keine Fehler. Darüber bin ich natürlich sehr happy.

Nico Hülkenberg hat endlich den Podiumsfluch besiegt. Entsprechend groß war die Erleichterung.
Mit Lewis Hamilton hat Sie ein siebenfacher Weltmeister gejagt. War es die größtmögliche Drucksituation?
Hülkenberg: Natürlich wusste ich, dass er vor seinem Heimpublikum alles reinlegen wird, was er hat. Ich habe nur gedacht: Sorry Jungs, das ist heute auch mein Tag.
Wie haben Sie das Rennen insgesamt erlebt?
Hülkenberg: Das war heute so intensiv im Auto, in diesen wechselnden Bedingungen, auf einer feuchten Strecke. Man ist immer mit einem Bein in der Wand. Ein ständiger Ritt auf der Rasierklinge. Am Ende ist alles zusammengekommen. Das war eine große Erleichterung. Das braucht ein paar Tage, um das alles sacken zu lassen und zu verstehen. Zum Glück haben wir jetzt zwei Wochen Zeit, um es zu genießen und ordentlich zu feiern, bevor es wieder losgeht.
Wann haben Sie daran gedacht, dass ein Podium in Reichweite liegt?
Hülkenberg: Vor dem letzten Boxenstopp auf Slicks. Ich habe Lance (Stroll) überholt, dann kam auch Lewis schnell an ihm vorbei. Aber ich konnte ihn auf Distanz halten, als die Intermediates immer mehr abgebaut haben. Das hat sich positiv angefühlt und mir Zuversicht gegeben. Ich hatte ein gutes Gefühl und einen guten Rhythmus. Dass wir dann entschieden haben, eine Runde später auf Slicks zu wechseln, war Gold wert. Da haben wir fünf bis zehn Sekunden Puffer gewonnen. Diese Lücke war entscheidend. Die letzten elf oder zwölf Runden haben sich aber noch richtig lang angefühlt. Ich wusste aber, dass ich eine Chance auf dieses Ergebnis habe. Ich musste das Auto nur auf der Strecke halten und natürlich weiter Gas geben.

Mit perfekter Strategie und einer fehlerlosen Fahrt klappte es endlich mit dem F1-Pokal.
Am Anfang des Rennens haben Sie früh auf frische Intermediates gewechselt. War das ein absichtlicher Undercut oder waren die Reifen am Ende?
Hülkenberg: Wir haben von Intermediates auf Intermediates gewechselt. Bei abtrocknenden Bedingungen hat der erste Satz immer mehr abgebaut. Das Team hat gesagt, dass mehr Regen kommen soll. Innerhalb einer oder zwei Runden hat sich der Himmel von einem strahlenden Blau zu dunklen Wolken verändert. Ich bin einfach reingekommen, ohne viel darüber nachzudenken, wenn ich ehrlich bin. Und dann hat es auch schon angefangen zu regnen. Das war also gutes Timing. Alle Stopps hätten heute nicht besser laufen können. Wir haben immer den perfekten Zeitpunkt erwischt. Das kommt nicht so oft vor.
Dann hingen Sie länger hinter Lance (Stroll) fest. Hatten Sie Angst, dass sie das Podium da verlieren könnten?
Hülkenberg: Lance war sehr schnell. Wir hatten eine ähnliche Pace auf den Intermediates. Bei ihm haben die Reifen dann etwas schneller nachgelassen, als die Strecke trockener wurde. Das hat eine Weile gebraucht, bis ich vorbeigekommen bin. Aber da habe ich noch nicht wirklich über das Podium nachgedacht. Wir lagen ja erst auf den Plätzen fünf und vier. Und das war ja schon ziemlich gut. Ich wollte einfach weitermachen und Fehler vermeiden.
Wie viel ist noch mit diesem Auto möglich? Sie haben jetzt in den letzten vier Rennen gepunktet. In dieser Zeit hat das Team sogar mehr Punkte geholt als Red Bull.
Hülkenberg: Ihr wollt noch mehr? Ich denke, das ist für den Anfang schon ganz gut. Wenn es ein normales Rennen bei trockenen Bedingungen gewesen wäre, hätte es für uns wohl ganz anders ausgesehen. Natürlich haben wir seit Barcelona gute Fortschritte gemacht. Aber heute haben die Umstände geholfen. Sie machten dieses Ergebnis erst möglich. Wir haben im Mittelfeldkampf definitiv Schwung gewonnen und sind jetzt ein ernstzunehmender Gegner. Dort liegt unser Kampf.

Der erste Gratulant war Teamkollege Gabriel Bortoleto.
Sie haben das letzte Mal vor zehn Jahren beim 24h-Rennen in Le Mans auf dem Podium gestanden. Hier ist es natürlich etwas ganz anderes. Wie hat es sich angefühlt, da oben zu feiern?
Hülkenberg: Das hat sich gut angefühlt. Ich konnte mich noch daran erinnern, wie man das macht. In meiner Junior-Zeit hatte ich das ja öfter. Danach musste ich eine kleine Weile warten. Aber alles ist so schnell passiert. Das muss man erstmal verarbeiten. Das sind so viele Emotionen. Viele Menschen gratulieren, alles sind so positiv. Ich bin einfach happy und erleichtert. Aber wie schon gesagt: Es wird erst in den nächsten Stunden und Tagen erst so richtig klar, was da passiert ist. Dann werde ich die Freude sicher nochmal besser spüren.
Was sagen Sie dazu, dass sie 15 Jahre auf ein Podium warten mussten. Und dann gab es einen Pokal aus Lego-Steinen?
Hülkenberg: Ich liebe Lego. Das ist doch toll! Dann kann meine Tochter auch damit spielen. Das muss man immer von der positiven Seite sehen. Natürlich wäre etwas Silber oder Gold auch schön. Aber ich werde mich nicht beschweren.
Wie wird heute Abend noch gefeiert?
Hülkenberg: Eigentlich wollte ich schnell nach Hause. Ich bin mit Max (Verstappen) unterwegs. Keine Ahnung, ob der noch ein oder zwei Stündchen auf mich wartet. Sonst gibt’s eine Planänderung.