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Haas-Fahrer Nico Hülkenberg im Interview
„Ich erwarte keinen Quantensprung“

Nico Hülkenberg geht in seine zweite Haas-Saison, die auch die Weichen für seine Zukunft stellen kann. Er spricht über seine Erwartungen, den neuen Teamchef Ayao Komatsu und wie sich der Transfermarkt durch die Hamilton-Entscheidung verändert hat.

Nico Hülkenberg - Formel 1 - GP Abu Dhabi 2023
Foto: xpb

Wie sah Ihr Trainingsprogramm über den Winter in Mallorca aus?

Hülkenberg: Die Vorbereitung fand daheim auf Mallorca statt. Ich habe ein paar heftige Trainingsblöcke abgespult. War gut, schmerzhaft und intensiv. Aber es wird sich lohnen und auszahlen. Ich habe die Fitness-Latte im Vergleich zum Vorjahr noch einen Tick höherlegen können. Damit bin ich sehr zufrieden und bereit für dieses Jahr.

Ist es schwieriger, mit 36 Jahren auf das Niveau zu kommen?

Unsere Highlights

Hülkenberg: Würde ich nicht sagen. Diesmal bin ich natürlich von einem anderen Ausgangspunkt gestartet als Ende 2022 nach drei Jahren Rennpause. Von da her war ich von der Fitness nach dem Finale in Abu Dhabi auf einem höheren Stand. Nach Abu Dhabi habe ich mir zwei Wochen lang eine Auszeit gegönnt und weniger trainiert, dann aber ab Mitte Dezember wieder angezogen und das bis jetzt durchgezogen, und ich werde es auch bis Bahrain fortsetzen. Das Fundament ist gut, aber dann geht es auch darum, das über die Saison zu konservieren. Wir haben mehr Rennen denn je und wenig Pausen. Da wird es eine Herausforderung, die Fitness auf einem guten Niveau zu halten.

Haben Sie Ihr Kampfgewicht schon?

Hülkenberg: Ja, so ein halbes Kilo muss noch runter. Aber ich bin im Zeitplan.

Nico Hülkenberg - Haas - GP USA 2023 - Austin
xpb

Nico Hülkenberg startet in sein zweites Jahr mit Haas. Der Deutsche will zurück ins Mittelfeld der Formel 1.

Letztes Jahr war nach drei Jahren Pause vieles neu, auch das Team. Ein Jahr später können sie das Kräfteverhältnis sicher besser einschätzen. Mit welcher Erwartungshaltung gehen sie in die neue Saison?

Hülkenberg: Ich habe mehr Wissen und mehr Erfahrung als vor einem Jahr. Es wird sich nicht so viel verändern. Ich erwarte keinen Quantensprung oder Wunder. Wir haben unser Paket verbessern können, aber es wird jetzt keine grundlegende Transformation bei uns geben. Sportlich gesehen erwarte ich ein schwieriges Jahr. Ich weiß, was bei uns passiert ist, aber man kann nie abschätzen, was die anderen machen, wo die stehen.

Warum erwarten Sie keine Wunder?

Hülkenberg: Das, was wir gefunden haben, ist ein Schritt vorwärts, aber ich glaube auch, dass das noch nicht reichen wird. Da muss ich nur den Speed vom letzten Jahr nehmen und die Fortschritte hochrechnen. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, dass wir da schon einen Riesensprung geschafft haben.

Inwieweit können Sie den Daten vom neuen Auto und dem Gefühl im Simulator trauen?

Hülkenberg: Das muss man sicher alles unter Vorbehalt sehen. Bei uns war ja letztes Jahr das Problem, dass unser Auto im Windkanal viel besser funktioniert hat als in der Realität. Natürlich hast du die Hoffnung, dass dann auf der Strecke doch mehr ankommt, als das, was im Windkanal sichtbar ist. Aber darauf kann man nicht bauen. Das kannst du deshalb auch nicht mit reinrechnen. Es wird sich erst in Bahrain zeigen, wie sich das neue Auto verhält.

Wie sah Ihr Zeitplan im Winter aus?

Hülkenberg: Mitte Januar war ich zur Sitzprobe bei Dallara in Italien. Den Tag darauf bin ich in Maranello im Simulator gefahren. Die erste Februarwoche hatte ich viele Marketing-Termine in London. Da wurden die ganzen Video-Drehs für die Formel 1 und TV-Anstalten produziert. Das müssen alle Fahrer machen. Am 11. Februar habe ich in Silverstone den Shakedown abgespult. Kevin [Magnussen] übernimmt dann den zweiten Teil vor den Tests in Bahrain. Nach dem Filmtag geht es nochmal eine Woche nach Hause und dann nach Bahrain.

Haas VF-24 - F1-Auto 2024
Haas

Haas stellte mit dem VF-24 als erstes Team sein neues Formel-1-Auto für die Saison 2024 vor.

Bei Haas gab es über den Winter einen Teamchefwechsel. Ein neuer Chef bedeutet auch immer eine neue Handschrift. Kennen Sie die Handschrift von Ayao Komatsu schon?

Hülkenberg: Das bedeutet auf jeden Fall eine Veränderung. Für mich kam es überraschend. Gene Haas hat mich vor der Bekanntgabe angerufen und mir mitgeteilt, dass er mit Günther Steiner nicht mehr weitermachen will. Habe ich, ehrlich gesagt, so nicht erwartet. Sein Nachfolger Ayao ist aber keine unbekannte Größe bei Haas. Er ist seit der ersten Stunde bei Haas, kennt alle, und alle kennen ihn. Ich habe ihn letztes Jahr kennengelernt. Von daher gibt es da keine Überraschungen.

Was wird Ihnen an Günther Steiner fehlen?

Hülkenberg: Wir hatten ein sehr gutes Arbeitsverhältnis, aber auch zwischenmenschlich haben wir uns sehr gut verstanden. Was ich vermissen werde? Seinen Humor. Wir haben einen sehr ähnlichen Humor und haben uns bei aller Ernsthaftigkeit sehr gerne auch mal auf die Schippe genommen. Das war ein cooles Verständnis und eine gute Zusammenarbeit mit einem Teamchef. Hatte ich so vorher noch nie erlebt.

Auch Technikchef Simone Resta ist weg. Wie verkraftet ein so kleines Team den Weggang von zwei Schlüsselfiguren?

Hülkenberg: Das werden wir sehen. In jeder Veränderung steckt auch eine Chance. Es wird jetzt Teamintern neu aufgestellt. Ayao ist gefühlt seit 20 Jahren in der Formel 1. Ich glaube, dass er die Aufgabe mit seiner Erfahrung und seinem Verständnis gut einschätzen kann. Er wird mit seinem technischen Knowhow und mit seinen Infos aus der Haas-Geschichte im Hintergrund das Team sicher umstrukturieren und die Leute neu positionieren.

Die B-Version des 2023er Autos war ein Vorgeschmack auf das 2024er Modell. Sie waren nicht so begeistert davon und sind in den letzten Rennen wieder auf die alte Spezifikation umgestiegen. Müssen Sie jetzt ihren Fahrstil umstellen?

Hülkenberg: Es ist zu früh, das einzuschätzen. Es ging letztes Jahr gar nicht um den Fahrstil, sondern darum, dass das B-Auto nicht besser war. Es war zwar eine große Änderung, hat aber nicht viel bewirkt. Jede der beiden Spezifikationen hatte ihre Vorteile. Man hat einfach den einen Vorteil mit dem anderen getauscht. Am Ende des Tages war da nicht viel Unterschied, und das wollte ich mit meinem Wechsel zurück auch unterstreichen. Jetzt, mit dem neuen Auto, ist es wie immer. Du fängst an zu fahren, du versuchst es zu lernen, du spielt mit dem Setup, du passt dich an. Das ist der übliche Prozess am Anfang einer neuen Saison.

Kevin Magnussen - Haas - GP USA 2023 - Austin - Formel 1
Wilhelm

In den letzten Rennen des Jahres 2023 verzichtete Hülkenberg auf die B-Version des VF-23.

Ein Ziel der B-Version war, ein neues Konzept auszuprobieren und darüber möglichst viel für das 2024er Auto zu lernen. Da Sie zum Schluss wieder die alte Spezifikation gefahren sind, hatte man auch einen direkten Vergleich. Hat das bei der Entwicklung geholfen?

Hülkenberg: Bedingt. Ich glaube nicht, dass es dadurch einen echten Aha-Effekt gab. Es war noch nicht der Schlüssel zu allen Antworten. Man hat aber gesehen, dass beides nicht reicht, und dass wir da mehr machen müssen.

Die Haas-Ingenieure waren bei dieser B-Version gehandikapt, da Chassis und Getriebe gewisse Änderungen nicht zugelassen haben. Das ist beim 2024er Auto anders. Gibt das Hoffnung?

Hülkenberg: Ich bin vorsichtig optimistisch. Trotzdem glaube ich, dass wir viel Verbesserungspotenzial haben und mehr Performance finden müssen.

Einer der Gründe der Trennung zwischen Gene Haas und Günther Steiner war, dass Steiner massiv investieren wollte, Haas aber nicht. Kann Haas mit seiner schlanken Struktur weiter mit Teams mitschwimmen, die in großem Stil aufrüsten?

Hülkenberg: Das hat sich letztes Jahr schon angedeutet. Wir müssen nachlegen. Mit dem, was wir aktuell machen, reicht es nicht. Es kommt auch auf den Anspruch an. Wo willst du als Team hin, was bist du bereit zu investieren? Das ist die Frage, die sich Gene als Besitzer des Rennstalls stellen muss. Die Luft ist gefühlt dünner geworden. Die Budgets sind immer noch extrem hoch. Da ist der Budgetdeckel auch nicht ganz die Realität. Was 2016 und 2017 noch möglich war, das ist jetzt ein bisschen schwieriger geworden. Da muss man wahrscheinlich nachziehen.

Gene Haas & Guenther Steiner - Formel 1 - 2022
Motorsport Images

Gene Haas (links) trennte sich in der F1-Winterpause vom langjährigen Teamchef Günther Steiner.

Ist das Maximalziel, die Gruppe hinter Alpine anzuführen?

Hülkenberg: Ich habe gar keine spezielle Platzierung im Kopf. Für mich persönlich ist die Zielsetzung Spaß zu haben, es zu genießen und das Maximum aus dem rauszuholen, was wir haben. Letztes Jahr ging es in der Qualifikation oft sehr gut. Wir konnten es im Rennen dann aber leider nicht halten. Deshalb wünschen wir uns, dass im Rennen mehr für uns geht. Das war letztes Jahr definitiv unsere Schwachstelle. Da müssen wir uns verbessern.

Letztes Jahr hat oft nur eine Sekunde die 20 Autos getrennt. Minimale Abstände haben viele Plätze ausgemacht. Kann man bei so einem engen Feld als Fahrer mehr glänzen?

Hülkenberg: Das ganze Feld ist in der Qualifikation sehr kompakt. Beim kleinsten Fehler zahlst du einen hohen Preis mit einer schlechten Startposition. Da sieht man aber auch, was auf eine Runde der frische Reifen ausmacht, wie er das Feld zusammenschiebt. Dafür gab es dann im Rennen oft Unterschiede von zwei bis drei Sekunden pro Runde zwischen vorne und hinten. Es war extrem, wie das von Samstag auf Sonntag umgeschwenkt ist.

Was sagen zu dem Wechsel von Lewis Hamilton 2025 zu Ferrari? Wie haben Sie davon erfahren?

Hülkenberg: Ich habe es online gelesen. Diese Geschichte war auch eine Überraschung. Als Fahrer, wenn man so lange bei einem Team war, kann man so einen Wechsel schon verstehen. Wie lange war Lewis bei Mercedes? Elf Jahre? Mein persönlicher Rekord ist vier Jahre oder so. Irgendwann brauchst du eine neue Herausforderung, einen Tapetenwechsel, auch vor dem Hintergrund, dass die letzten zwei Jahre bei Mercedes für Lewis nicht so toll liefen.

Ändert das irgendetwas für Sie auf dem Transfermarkt?

Hülkenberg: Kann sein. Überall verschieben sich die Dinge. Es werden ein paar interessante Monate. Da wird zusätzlich ein attraktives Cockpit frei. Jeder Fahrer will sich am liebsten in das bestmögliche Auto setzen. Deshalb willst du dich so gut wie möglich positionieren. Viel hängt natürlich davon ab, wie viel dir dein Auto erlaubt und wie du dich dann ins Schaufenster stellst. Das Auto bestimmt mit wie du performen kannst und ob deine Aktie mehr oder weniger gehandelt wird. Schauen wir mal.

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