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Williams FW43B für Formel 1-Saison 2021
Das Ziel? Weg vom letzten Platz

Drei Jahre war Williams das Schlusslicht der Formel 1. Mit dem neuen FW43B soll zumindest der letzte Platz im Feld abgetreten werden. Die Regeln geben leichte Unterstützung: Williams darf den Windkanal am meisten von allen Teams am meisten auslasten.

Williams FW43B - Neue Lackierung - Formel 1 - 2021
Foto: Williams

Williams gehört zum ehrwürdigen Establishment der Formel 1. Nach Ferrari und McLaren ist der Rennstall aus dem englischen Grove das drittälteste Team. Nach Konstrukteurs-Weltmeisterschaften ist nur Ferrari erfolgreicher als Williams (9). Nach Siegen (114) ist man die Nummer vier in der ewigen Statistik hinter Ferrari, McLaren und Mercedes. Doch die großen Erfolge sind lange her.

In den letzten drei Jahren ist Williams abgestürzt. Der hochdekorierte Rennstall wurde zum Sorgenkind der Königsklasse. Die letzten drei Saisons schloss Williams jeweils auf dem letzten Platz ab. In 59 Grands Prix sprangen kümmerliche acht WM-Punkte heraus. Im Vorjahr nicht mal ein einziger. Der Tiefpunkt einer ruhmreichen Historie.

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Der Abschwung veranlasste die Gründerfamilie zum Tabu-Bruch. Das stolze Privatteam wurde verkauft. Claire Williams, die Tochter von Sir Frank Williams, fand mit Dorilton Capital einen Investor aus den USA, der seit letztem Sommer umstrukturiert. Die Familie leitete ein letztes Mal beim GP Italien in Monza 2020 den Kommandostand.

Zieht Williams an Haas vorbei?

Simon Roberts übernahm kommissarisch und erhält auch für 2021 das Mandat als Teamchef. Jost Capito, VW-Motorsportchef während der Hochphase in der Rallye-WM, wurde als neuer Geschäftsführer verpflichtet. Ex-Weltmeister Jenson Button ist als Berater angestellt. Sie sollen dem Traditionsrennstall neues Leben einhauchen.

Das Reglement greift Williams unter die Arme. Als WM-Letzter der Vorsaison darf das Team die Entwicklungswerkzeuge Windkanal und CFD am meisten nutzen. Das heißt aber nicht, dass automatisch ein Schritt nach vorne gelingt. Ohne effiziente Nutzung bringt auch die meiste Zeit nichts. Der Budgetdeckel kommt der Traditionsmannschaft mit seinen rund 570 Angestellten entgegegen. Williams muss nicht zurückrüsten, um unter die Ausgabengrenze von 145 Millionen Dollar zu schlüpfen.

Williams FW43B - Neue Lackierung - Formel 1 - 2021
Williams
Williams präsentiert sich 2021 in einem neuen Design. Viele Sponsoren sind auf der Außenhaut des FW43B allerdings nicht zu erkennen.

Weil Haas die Saison schon vor dem Start links liegen lässt, und sein Auto spätestens ab dem zweiten Rennen in Imola unverändert lassen will, könnte Williams wenigstens das Schlusslicht abgeben. Auch bei den Fahrern sollte Grove im Vorteil sein. Haas fährt mit zwei Rookies, die hauptsächlich lernen müssen. Williams hofft, dass George Russell, dem eine goldene Zukunft vorausgesagt wird, endlich seine ersten WM-Punkte für den Rennstall einfährt. Nicholas Latifi sollte sich nach einer ordentlichen Debüt-Saison steigern.

Chefpilot Russell erklärt zurückhaltend: "Haas und Alfa Romeo waren 2020 unsere Gegner auf der Strecke. Durch den neuen Ferrari-Motor werden sie sicher schneller sein. Das könnte uns etwas ins Hintertreffen bringen. Andererseits haben wir gut über den Winter gearbeitet. Unser Ziel ist es, mindestens so nah an den beiden genannten Teams dran zu sein, wie im Vorjahr."

B-Version des FW43

Den Shakedown hatte Williams bereits in Silverstone absolviert. Jetzt fällt auch offiziell das Tuch vom neuen Auto, das auf den Namen FW43B hört. Vom Shakedown hatte der WM-Letzte nicht eine einzige Fahraufnahme gezeigt. Die Entschuldigung: "Das Auto hatte noch keine Lackierung." Zumindest gibt es jetzt ein paar Computer-Animationen – jedoch in bescheidener Qualität. Die überwiegend weiße Lackierung wurde gegen ein neues Design getauscht. Williams will mit den Grund-Farben weiß und blau sowie den gelben Akzenten an erfolgreichere Zeiten Mitte der 1980er und 1990er Jahre erinnern. Auffällig: Der FW43B hat kaum Sponsoren-Aufkleber auf der Außenhaut. "Wir sind in guten Gesprächen mit weiteren Partnern. Es wird bald Vollzugsmeldungen geben", kündigt Capito an.

Der Launch ging in die Hose. Williams legte extra dafür eine Augmented-Reality-App auf, die allerdings gehackt und deshalb vom Netz genommen werden musste. Den 2021er Rennwagen versteht das Team als B-Version, da viele Teile vom Vorjahresauto übernommen werden mussten. Stichwort Homologation. Der Motor kommt von Klassenprimus Mercedes. Williams verheiratet den V6-Turbo letztmals mit einer hauseigenen Achtgang-Kraftübertragung. Ab 2022 liefert Mercedes auch das Getriebe nach Grove.

Die ersten Computer-Renderings offenbaren Eingriffe an Frontflügel und Seitenkasten-Vorbau. Das Hauptblatt ist anders strukturiert und stärker gewellt. Außerdem laufen die Flaps auf der Innenseite spitz zu. Der Seitenkastenflügel geht in einem Stück in das vertikale Blech über, das auf der Unterseite weiter stark aufgefächert ist. Der Unterboden ist – mit Ausnahme eines Aufsatzes an der Kante auf Höhe der Seitenkästen und einem Strömungsausrichter vor den Hinterrädern – sehr schlicht gehalten. Da dürfte bei den Testfahrten mehr zu sehen sein. Die Seitenkästen wirken praktisch unverändert, die Motorabdeckung vor allem im mittleren Teil weiter extrem voluminös.

Trotz der augenscheinlich wenigen Änderungen beschwört der Teamchef. "Wir haben unter der Verkleidung kräftig aufgeräumt. Trotz der Homologation kannst du einiges machen. Das haben wir getan. Wir haben es geschafft, Gewicht zu sparen. Das ist schon mal wichtig, weil wir vom Start weg mit Ballast arbeiten können, um das Auto zu trimmen. Das verschafft uns auch mehr Spielraum bei der Aerodynamikentwicklung. Das war 2020 anders", erzählt Roberts. "Bei der Aerodynamik ging es hauptsächlich darum, die Verluste durch die neuen Unterboden-Regeln aufzufangen."

Williams FW43B - Neue Lackierung - Formel 1 - 2021
Williams
Bescheidene Qualität: Die Renderings offenbaren Änderungen an Frontflügel und Seitenkasten-Vorbau.

Einen Token 2020 verbraten

Das Kellerkind beschränkt sich darauf, so wenig wie auch nur irgendwie möglich preiszugeben. Fast so, als würde die Konkurrenz nur darauf warten, die Ideen rund um das langsamste Auto des Vorjahres zu kopieren. Man habe schon im Vorjahr einen der beiden Token genommen, mit dem man eingefrorere Teile ändern darf. Was wurde gemacht? Wird nicht gesagt. Gerne hätte Williams die Nase des FW43B korrigiert, doch dafür wären zwei Token wegen Änderungen an der vorderen Crashstruktur notwendig gewesen.

Die anstehende Saison genießt nicht den höchsten Stellenwert. Williams wittert im neuen Reglement ab 2022 wie viele andere Teams eine große Chance, wieder ins Vorderfeld aufzurücken. Deshalb wäre es verwunderlich, würden die Ingenieure nach dem Saisonstart bis auf wenige Updates noch viel Aufwand mit dem FW43B betreiben. Vielmehr dürfte sich die Aufmerksamkeit auf das anstehende Großprojekt richten. Capito bestätigt: "Unser Blick richtet sich schon auf das nächste Jahr. Da wollen wir mit den neuen Regeln den ersten großen Schritt in eine bessere Zukunft gehen. Wir wissen, dass es in der Formel 1 keine Schnell-Reparatur gibt. Kurzfristig wollen wir auf der Strecke kämpfen. Langfristig wollen wir auf die Siegerstraße zurückkehren."

Für einen Aufschwung ab 2022 müssen die neuen Oberhäupter die Strukturen schaffen. 2021 wird für Williams deshalb vorwiegend ein Übergangsjahr. Aus Sicht der Investoren und der Teamführung hoffentlich mit ein paar WM-Punkten im ein oder anderes Chaos-Grand Prix. Aus eigener Kraft wird sie Williams nicht erreichen. "Dorilton steht voll hinter diesem Projekt. Sie haben schon Geld in das Team gesteckt. Es wird in den nächsten Monaten weitere Investitionen in die Infrastruktur geben", verspricht Capito. Die Entwicklungswerkzeuge müssen modernisiert werden. Außerdem will Williams alsbald frisches Personal anstellen – auch in Schlüsselpositionen. "Es wird kleinere Umstrukturierungen geben", sagt der Geschäftsführer. Williams braucht dringend frischen Wind, frische Ideen gegen die eingefahrenen Strukturen.

Die Fahrerfrage wird zwangsläufig gestellt werden. Was passiert mit Russell, der den Sprung zu Mercedes anstrebt? Der junge Engländer wird wenigstens nach einer Perspektive verlangen, um in einem Auto zu sitzen, das seinem Talent würdig ist. Das war bei Williams bislang nicht der Fall. Russell gibt sich diplomatisch. "2022 wird Williams nicht mehr Letzter sein. Es wird investiert. Es kamen gute neue Leute und kommen weitere. Die Beziehungen zu Mercedes werden ausgedeht. Das kann alles nur helfen. Im Moment ist mein Kopf ganz bei dieser Mannschaft. Mitte des Jahres sollten wir ein Bild bekommen, wie es für mich weitergeht. Ich konzentriere mich darauf, meine Leistung abzuliefern und weiter Fortschritte zu machen. Dann wird meine Chance irgendwann kommen. Für 2022 gibt es jedenfalls keine Versprechen."

In der Galerie zeigen wir Ihnen erste Bilder des neuen Looks, in dem Williams die Saison 2021 bestreiten wird.

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