Morddrohungen gegen Latifi nach GP Abu Dhabi

Morddrohungen gegen Latifi
Die kranke Welt der Sozialen Medien

Zuletzt aktualisiert am 21.12.2021

Nicholas Latifi leitete mit seinem Unfall kurz vor Rennende in Abu Dhabi unfreiwillig die Wende im Kampf um die Formel-1-Weltmeisterschaft ein. Das fällige Safety Car, die neuen Reifen und der Neustart für eine Runde warfen dem späteren Weltmeister Max Verstappen einen Rettungsring zu. Und stürzte Lewis Hamilton. Latifi wurde so in den aufgeladenen WM-Kampf verstrickt.

Neun Tage nach dem Finale machte der Williams-Pilot öffentlich, dass er nach seinem Unfall sogar Morddrohungen erhielt. Von Personen, die sich Fans schimpfen, in Wahrheit aber keine sind. Personen, die sich in der Anonymität des Internets und der Sozialen Netzwerke auf einmal ganz groß fühlen. "Es reicht ein Zwischenfall zur falschen Zeit, damit Dinge komplett aus dem Zusammenhang gerissen werden, und das schlechteste in Menschen hervorbringt, die sich Fans des Sports nennen. Das ist mir bekannt. Was mich aber schockiert hat, war der extreme Ton in ihrem Hass und ihren Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen", schildert der Kanadier.

Nicholas Latifi - Williams - GP Abu Dhabi 2021 - Rennen
Wilhelm

Offener Brief von Latifi

In seinem offenen Brief schildert Latifi, wie er mit seinem Unfall und den Vorfällen danach umzugehen versucht. Dass er zwischen Ignorieren der Kommentare und einer öffentlichen Antwort schwankte. Dass er sich für die zweite Option entschied, um Hass entgegenzutreten. "Das ist kein vorgefertigtes Statement. Ich sage meine Meinung in der Hoffnung, dass dies vielleicht eine weitere Diskussion über Online-Mobbing und die drastischen Folgen, die es für die Menschen haben kann, entfacht. Soziale Netzwerke als Kanal zu nutzen, um jemanden mit Hass-, Missbrauchs- und Gewaltandrohungen anzugreifen, ist schockierend – und etwas, wogegen ich mich stelle."

Die Tatsache, dass er das Gefühl hatte, es sei zunächst das Beste für ihn, Instragram und Twitter von seinem Handy zu löschen, spreche eigentlich für sich. Sein freiwilliger Rückzug aus der Online-Welt verdeutliche, wie grausam die sogenannten "sozialen" Netzwerke sein können, die Menschen doch eigentlich verbinden sollen, manchmal aber auch entzweien. Die polarisieren und anfeinden, statt die Hand zu reichen.

Er müsse sich nur bei einer Fraktion für seinen Unfall entschuldigen. Und das sei sein Team. "Das habe ich sofort getan. Alles, was danach folgte, war außerhalb meiner Kontrolle." Die Mehrzahl der Kommentare seien zwar positiv und unterstützend gewesen. Doch der 26-Jährige weiß auch, dass ein negativer Kommentar manchmal reiche, um 100 gute zu übertönen.

Als Leistungssportler könne er damit umgehen. Manch anderer womöglich nicht. Und ohnehin habe er nur seinen Job gemacht. Um Positionen zu kämpfen – sei es die erste und letzte. "Als Athlet legt man sich eine dicke Haut zu. Aber viele Kommentare, die ich letzte Woche erhalten habe, haben eine Linie überschritten. Es besorgt mich, wie vielleicht jemand reagieren könnte, wenn er oder sie diesen extremen Anfeindungen ausgesetzt ist." Und weiter: "Im Sport herrscht von Natur aus ein Konkurrenz-Denken. Aber Sport sollte Leuten zusammenführen, und sie nicht auseinanderbringen. Wenn es nur einer Person hilft, meine Gedanken zu teilen und den Handlungsbedarf aufzuzeigen, dann hat es sich gelohnt."