Streit um Mindestgewicht: Wer schafft 2026 das Limit?

Streit ums F1-Mindestgewicht 2026
Kommt überhaupt jemand ans Limit?

Veröffentlicht am 15.05.2025

Über die neuen F1-Regeln für die Saison 2026 haben wir an dieser Stelle schon viel geschrieben. Im Fokus standen dabei meistens die neuen Hybridmotoren, bei denen der Elektroanteil massiv gesteigert wird. Und auch die damit verbundene Aerodynamik-Reform mit den beweglichen Flügelelementen an den vorderen und hinteren Enden der Autos sorgte bereits für viele Diskussionen. Das doppelte DRS soll die Rennwagen energiesparender durch die Luft sausen lassen.

Dazu kommt aber noch eine dritte wichtige Säule, die den Ingenieuren aktuell Kopfzerbrechen bereitet. Das neue Reglement gibt ein drastisch gesenktes Mindestgewicht vor. Und als wären die Technikgesetze nicht schon kompliziert genug, hat man bei diesem Punkt jetzt auch noch eine weitere Differenzierung eingeführt. So wird unterschieden zwischen dem Mindestgewicht in Qualifying-Sessions (726 Kilogramm) und den Rennen (724 Kilogramm). Damit soll der Verbrauch von Flüssigkeiten und der Gewichtsverlust der Fahrer kompensiert werden.

Diesem Wert hinzugerechnet wird dann noch das Gewicht der Reifen, das nach aktuellen Plänen 46,4 Kilogramm betragen soll. Damit müssten die kompletten Autos im Quali-Trimm also mindestens 772,4 Kilogramm auf die Waage bringen. Zum Vergleich: Bei der aktuellen Generation liegt das Mindestgewicht bei satten 800 Kilos. Und schon jetzt müssen die Techniker um jedes Gramm kämpfen, um irgendwie an die Grenze zu gelangen.

Pirelli Reifen 2026 vs. 2024
Pirelli

Reifen leichter, Auto schwerer

Etwas Hilfe bekommen die Designer durch die kompakteren Abmessungen der Rennautos: So schrumpft das Chassis in der Breite um zehn Zentimeter, beim maximal erlaubten Radstand werden 20 Zentimeter abgezogen. Die neuen Pirelli-Reifen, die an der Front 25 Millimeter und hinten 30 Millimeter schmaler werden, sparen pro Satz knapp fünf Kilogramm ein.

Dem stehen aber auch neue Elemente gegenüber, die das Gewicht in die Höhe treiben. Die FIA hat für 2026 noch einmal die Anforderungen für die Crashtests verschärft. Das heißt, dass die Teams aus Sicherheitsgründen in vielen Bereichen weitere Carbonlagen einlaminieren müssen.

Auch beim Antrieb lässt sich trotz Wegfall der MGU-H nichts einsparen. Die Steigerung der elektrischen Leistung von 120 auf 350 kW und der pro Runde abrufbaren Energiemenge von vier auf neun Megajoule verlangen nach deutlich größeren Batterien. Zum Vergleich: Aktuell ist im Reglement ein Gewichtsfenster von 20 bis 25 Kilogramm für die Energiespeicher vorgeschrieben. Künftig gibt es nur noch ein Mindestgewicht von 35 Kilogramm. Und selbst das bezeichnen Experten als äußert ambitioniert. Die steigende Belastung und die höhere Energiedichte könnten die Batterien 2026 zu einem echten Performance-Faktor machen.

Oscar Piastri - McLaren - GP Miami 2025
ams

Gewicht vs. Performance

Aber auch mit neuer Speichertechnik wird kaum eines der Autos an das Mindestgewicht kommen. "Da wurde einfach eine Zahl aus der Luft gegriffen und als Mindestgewicht verankert. Wir bekommen Motoren, die deutlich mehr wiegen, und das Mindestgewicht des Autos wird runtergehen", klagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Die Teams müssen sich nun entscheiden, wie sie ihre Entwicklungskapazitäten einsetzen. Bei der Gewichtsreduktion ist der Zeitgewinn automatisch auf der Uhr erkennbar. Zehn Kilogramm weniger bringen ungefähr 0,35 Sekunden pro Runde. Die Wirkung von Aerodynamik-Upgrades ist da deutlich weniger präzise zu kalkulieren.

Die Ingenieure müssen überlegen, wo sie das Gewicht am effizientesten einsparen. "Wenn man leichter werden will, geht das möglicherweise auf Kosten anderer Teile, die wichtig für die Performance sind", gibt Mercedes-Teamchef Toto Wolff zu bedenken. Generell ist der Österreicher aber ein Befürworter der neuen Vorschriften: "Der Grund für die Reduktion des Gewichts ist, dass die Autos wieder agiler werden sollen. Das finde ich wichtig. Irgendwo müssen wir ja beginnen. Natürlich ist der erste Schritt schwierig. Aber alle sind davon gleich betroffen."

Vor einem ähnlichen Dilemma standen die Ingenieure schon vor der Saison 2022. Auch hier ging die Einführung des neuen Reglements mit ambitionierteren Gewichtsvorgaben einher. Zum Start schaffte es damals nur Sauber bis an die Grenze. Der Lohn war eine starke erste Saisonhälfte. Als auch die anderen Autos im Laufe des Jahres immer weiter abspeckten, fiel der Schweizer Rennwagen im Feld immer weiter zurück.

Alpine - F1-Auto im Carbon-Look - 2023
Instagram: justf1car

Aggressive Messlatte

2026 scheint die Grenze aber für niemanden erreichbar: "Die Messlatte ist ziemlich aggressiv gewählt. Aber uns gefällt die Herausforderung", nimmt es Alpine-Technikchef David Sanchez sportlich. Auch Paul Monaghan, Chefingenieur bei Red Bull, betont den Reiz der Aufgabe: "Wir werden nächstes Jahr im März sehen, wie weit alle über dem Mindestgewicht liegen. Das Ganze ist ein relatives Ding: Wenn wir x Kilos drüber sind und die anderen x plus, dann passt es."

Schon jetzt müssen laut Monaghan die Weichen gestellt werden: "Es hängt viel von den Design-Entscheidungen ab, die in den nächsten Wochen und Monaten getroffen werden. Wenn wir bei allen Teilen fünf Prozent leichter werden, dann wird das ganze Auto fünf Prozent leichter. Und dann sind fünf Prozent plötzlich keine kleine Zahl mehr. Das wird eine teure Aufgabe, das Gewicht rauszubekommen."

Als Folge des aggressiven Diätprogramms werden die Autos wohl wieder weniger Farbe tragen, so wie zu Beginn des aktuellen Reglementzyklus, als blankes Carbon das Gesicht der Königsklasse bestimmte. Außerdem können die Ingenieure keinen Extraballast einbauen, um Probleme mit der Balance auszugleichen. Ein dritter Nachteil des Übergewichts besteht darin, dass Fahrer nur noch dann Kühlwesten anziehen, wenn die FIA offizielle Hitzerennen deklariert. Nur dann werden alle Teams gezwungen, Ausgleichsgewichte einzubauen, wenn ein Fahrer die Klimaanlage nicht nutzt.

Haas-Chef Ayao Komatsu geht fest davon aus, dass das Gewicht in der kommenden Saison den Unterschied machen kann: "Solange die Faktoren Gewicht, Aerodynamik und Antrieb einigermaßen ausgeglichen sind, ist es in Ordnung. Wenn wir aber beim ersten Rennen merken, dass zum Beispiel die Power Unit 90 Prozent der Performance ausmacht, dann ist es nicht gut. Alle Faktoren sollten einen spürbaren Einfluss auf die Leistung haben."