Mick Schumacher hat aus seinen Ambitionen nie einen Hehl gemacht: "Die Formel 1 hat für mich absolute Priorität", sagte der 26-jährige Sohn von Michael Schumacher im Interview mit unserem Schwestermagazin Motorsport aktuell beim WEC-Lauf (Sportwagen-WM) in Imola im April 2025. "Dieser Traum lebt weiter – und wenn es eine Chance geben sollte, dann werde ich sie auf jeden Fall ergreifen."
Ob der Umweg über die Topklasse im Langstreckensport hilfreich ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Die Starts im Alpine A424 haben Schumacher nicht annähernd in die Schlagdistanz eines Formel-1-Cockpits bei Alpine gebracht, wo der Deutsche übrigens auch in den Zukunftsplänen von Alpine-F1-Sanierer Flavio Briatore keine Rolle spielt.
Nach fast drei Jahren Pause wird eine Rückkehr in die Topklasse des Motorsports fraglos immer schwieriger. Cadillac ist nach Alpine die zweite und vermutlich letzte Chance für Schumacher. Nach unseren französischen Quellen kommt jetzt offenbar Bewegung in die Sache: Schumacher könnte das Alpine-Werksteam am Ende der Saison in Richtung Cadillac verlassen. Ob es dafür im Gegenzug eine Berücksichtigung bei den Formel-1-Planungen der Amis gibt? Das ist wohl das vorherrschende Motiv.

Mick Schumacher startet seit 2024 für Alpine in der WEC.
Schumachers letzte F1-Chance
Die Rechnung könnte durchaus aufgehen, und zwar aus mehreren Gründen. Beginnen wir auf der Langstreckenseite: Das Cadillac-Werksteam in der Sportwagen-WM, Jota Racing, muss am Ende der Saison Ex-F1-Weltmeister Jenson Button ersetzen. Bei Jota ist man empfänglich für klangvolle Namen, weil das Team einen starken Fokus auf der Vermarktungsseite hat. Mit großen Namen fängt man große Sponsoren – und genau dieses Konzept hat Jota den Cadillac-Werks-Deal in der WEC eingebracht.
Fahrerisch gäbe es wohl eine brauchbare Option für den Button-Ersatz, nämlich Jack Aitken, doch der fährt wie Jota-Teamkollege Earl Bamber auch in der IMSA-Serie. Zu viele Doppelprogramme mit WEC und IMSA sind aber eher hinderlich, besonders wenn sie mehrere Fahrer im Team betreffen. Somit bleiben zwei Piloten, die sich bei Cadillac auch für einen Formel-1-Platz beworben haben: Mick Schumacher und der 25-jährige Brasilianer Felipe Drugovich.
Die beiden ehemaligen Formel-2-Meister haben sicher keine Chance auf den ersten Stammplatz, der laut dem Formel-1-Flurfunk mit Valtteri Bottas offenbar besetzt ist. Um den zweiten Fahrerplatz und die Reservefahrerrolle balgen sich mehrere Kandidaten, darunter angeblich der ehemalige Red-Bull-F1-Pilot Sergio Perez – und eben Mick Schumacher und Felipe Drugovich.

Felipe Drugovich (rechts) ist ein Konkurrent um den Platz bei Cadillac in der Formel 1.
Ein Move mit Perspektive?
Die Fähigkeiten auf der Langstrecke werden bei der F1-Entscheidung sicher nicht den Ausschlag geben – zumal ein Doppelprogramm aufgrund der Kalendersituation eh völlig ausgeschlossen ist. Fakt ist aber, dass sich Schumacher binnen kürzester Zeit als Top-Pilot in der Hypercar-Klasse etabliert hat. Drugovich hat zwar ebenfalls Prototypen-Rennerfahrung, aber nicht auf dem gleichen Niveau wie Schumacher.
Wenn die Gerüchte aus Frankreich stimmen, dass Schumacher Alpine verlässt und im nächsten Jahr bei Cadillac anheuert, so könnte das vielleicht darauf hindeuten, dass Schumacher die Rolle als F1-Test- und Reservefahrer bei Cadillac anstrebt. Ein vergleichbares Doppelprogramm hat Schumacher bereits 2024 für Alpine (WEC) und Mercedes (Formel 1) absolviert.
Für Alpine wäre der Weggang von Mick Schumacher ein mittelgroßes Desaster: Zusammen mit Teamkollege Charles Milesi galt der Deutsche im Alpine-Langstreckenteam als Leistungsträger und Führungspilot, der immer in den entscheidenden Rennphasen zum Einsatz kam, wenn es um die Wurst ging.

Mick Schumacher könnte bei Cadillac in der WEC den Fuß in die F1-Tür bekommen.
Alpine steht im Regen
Für die Jota-Mannschaft von Teamchef Sam Hignett wäre der Zugang von Schumacher im Umkehrschluss eine optimale Ergänzung. Ex-F1-Weltmeister Button fuhr zwar einige gute Rennen auf konkurrenzfähigem Niveau, wie zuletzt in São Paulo, dennoch fehlten dem 45-jährigen Briten meist zwei bis drei Zehntel auf seine erfahreneren und schnellen Teamkollegen Earl Bamber und Sébastien Bourdais.
Dazu würde Jota Racing mit Schumacher einen aus Vermarktungssicht zugkräftigen Ersatz für den ehemaligen F1-Champion Button bekommen. Schumacher könnte im Gegenzug seine interne Reputation bei GM und Cadillac ausbauen und bliebe, zumindest was die Rolle als F1-Test- und -Ersatzfahrer betrifft, weiter im Gespräch. In Summe wäre ein Wechsel von Schumacher zu Cadillac also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten – außer für Alpine.
Und selbst wenn die Formel-1-Rechnung für Schumacher am Ende nicht aufgehen sollte, wäre Cadillac langfristig vermutlich die bessere Option als Alpine: Cadillac gehört zu General Motors, dem viertgrößten Autokonzern der Welt. GM hat sich – im direkten Duell mit dem US-Erzfeind Ford – zu einem beeindruckenden und global flächendeckenden Motorsport-Commitment bekannt. Im Vergleich dazu ist Alpine trotz der Zugehörigkeit zur Renault-Gruppe eher ein kleiner Player. Sollte Schumacher wechseln, dann wäre es wohl ein Move mit Perspektive.