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Inszenierter Krach bei Haas
„Kein Problem mit Schumacher“

GP Aserbaidschan 2022

Deutsche Medien inszenieren einen Krach zwischen Mick Schumacher und seinem Rennstall. Teamchef Guenther Steiner schlägt jetzt zurück. Haas will nicht den Sündenbock spielen, und Schumacher werde nicht benachteiligt.

Guenther Steiner - Formel 1 - 2022
Foto: Wilhelm

Eigentlich ist es viel Lärm um nichts. Deutsche Medien wollen eine Eiszeit zwischen Mick Schumacher und seinem Team entdeckt haben. Der Fahrer werde benachteiligt, das Team mache zu viele Fehler und Teamchef Guenther Steiner stehe nicht nachdrücklich genug hinter seinem Sorgenkind. Das hätte dazu geführt, dass Schumachers Punktekonto immer noch leer ist, und dass nach den Unfällen von Jeddah und Monte Carlo zu viel Druck aufgebaut wurde.

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Teamchef Guenther Steiner wehrte sich gegen die Vorwürfe, die auch vom deutschen Bezahlsender Sky verbreitet wurden: "Ich werde nicht den Sündenbock dafür spielen dafür, dass es bei Mick in diesem Jahr noch nicht so gelaufen ist wie gewünscht. Dass er keine Punkte hat, ist ein Fakt. Die zwei Unfälle auch. Kein Team wäre darüber happy. Aber es ist völliger Unsinn, dass wir Mick benachteiligen oder unnötig unter Druck setzen. Das Team macht sich doch absichtlich keine Chancen kaputt. Uns kann gar nichts Besseres passieren, als wenn Mick in die Punkte fährt."

Mick Schumacher - Formel 1 - 2022
Haas
Ralf Schumacher in der Doppel-Rolle: Onkel und Sky-Experte

Formel 1 ist Leistungssport

Auch den Schuh, dass dem 23-jährigen Deutschen der mentale Rückhalt im Team und der starke Arm um die Schulter fehlt, will sich Steiner nicht anziehen. Schumacher fahre jetzt immerhin schon in seinem zweiten Jahr in der Formel 1. Da ist die Luft eben etwas dünner: "Ich habe kein Problem mit Mick. Er muss aber verstehen, dass die Formel 1 ein Leistungssport ist, in dem von allen Leistung erwartet wird. Wenn ich den Arm um einen meiner Fahrer lege, wird er nicht eine halbe Sekunde schneller."

Dass in der höchsten Spielklasse der Wind ein bisschen rauer weht als in den Nachwuchsklassen sei allgemein bekannt. Daniel Ricciardo bekam von seinem Chef Zak Brown viel deutlicher zu hören, dass McLaren ab jetzt die Leistung sehen will, die man sich von dem Australier erwartet hat.

Yuki Tsunoda musste letztes Jahr auf Befehl von Alpha-Tauri-Teamchef Franz Tost von Milton Keynes nach Faenza umziehen, um den sprunghaften Japaner besser unter Kontrolle zu haben. Dazu wurde er zu einem Fitnessprogramm und Theorie-Stunden mit den Ingenieuren verdonnert. Pierre Gasly und Alexander Albon überlebten bei Red Bull nur zwölf respektive 26 Rennen. Dann wurden sie degradiert oder aufs Abstellgleis geschoben. "Bei uns zählt nur Leistung", meint Sportchef Helmut Marko kurz und bündig.

Mick Schumacher - GP Monaco 2022
xpb
Mick Schumacher hat das Ersatzteillager von Haas dieses Jahr schon mehrfach beansprucht.

Schützenhilfe von außen kontraproduktiv

Steiner zeigt Verständnis dafür, dass Schumacher in Baku die Handbremse leicht angezogen hatte: "Klar, dass ein Fahrer nach zwei solchen Unfällen ein bisschen verunsichert ist. Klar auch, dass Baku ein Ort ist, wo das ganz leicht wieder passieren kann. Und Montreal ist in der Beziehung nicht viel besser. Mick wollte unter allen Umständen einen weiteren Unfall vermeiden und ins Ziel kommen. Deshalb war die Zielankunft schon mal ein Fortschritt."

Steiners Rat: "Mick muss jetzt die Nerven behalten und wieder Ruhe ins System bringen. Da nützen ihm Querschläger von außen gar nichts. Ich lasse mir nicht Unruhe ins Team tragen mit einem Thema, das eigentlich gar keines ist."

Tatsächlich erinnert die vermeintliche Schützenhilfe aus dem TV-Lager an die Situation mit Heinz-Harald Frentzen vor 30 Jahren. Dem wurde von diversen Medien eingesungen, dass er eigentlich schneller sei als Michael Schumacher. Als er es dann nicht beweisen konnte, war das Team schuld. Frank Williams wurde dafür kritisiert, Frentzen nicht die nötige Rückendeckung zu geben.

Mick Schumacher - Haas - Formel 1 - GP Aserbaidschan - Baku - 10. Juni 2022
Wilhelm
Zur Verteidigung von Schumacher soll nicht unerwähnt bleiben, dass sein Auto im Training schon von einigen Technik-Pannen gestoppt wurde.

Pannen und Schäden

Jetzt muss Haas den Kopf dafür hinhalten. In Baku wurde dem Team unter anderem vorgeworfen, man habe Micks Aufstieg ins Q2 dadurch verhindert, dass man ihn für frische Reifen noch einmal an die Box geholt hat, statt ihn eine zweite Runde mit dem ersten Satz fahren zu lassen. "Mick fehlten zu dem Zeitpunkt 1,3 Sekunden zum Weiterkommen. Die holst du nicht mit der zweiten Runde auf alten Reifen. Für uns war die einzige Chance ein frischer Satz. Leider kam die rote Flagge dazwischen. Das konnte keiner wissen", verteidigt sich Steiner.

Es ist sicher nicht so, dass das Team keine Fehler gemacht hätte. Die Strategie in Barcelona, es nur mit einem Stopp zu versuchen, war im Rückblick falsch. Zumal der erste Stint schon einen deutlich erhöhten Reifenverschleiß erkennen ließ. Man hätte Schumacher in Bahrain und Melbourne während der Safety-Car-Phasen vielleicht ein weiteres Mal an die Box holen können, doch dann hätte der Deutsche Positionen auf der Strecke verloren. Es wäre auch mit frischen Reifen schwer gewesen, sich wieder nach vorne zu kämpfen.

Die vielen Schäden sind sicher nicht hilfreich. Besonders auf Strecken wie Monte Carlo und Baku, wo jede Trainingsrunde mehr Vertrauen bringt. In Monte Carlo stoppte ein Schaden an der MGU-K Schumacher im ersten Training. In Baku war es eine lose Schlauchstelle im Wasserkreislauf. In Barcelona musste Schumacher das dritte Training zuschauen, weil eine der hinteren Bremsen Feuer gefangen hatte.

Kevin Magnussen trifft es in Summe jedoch genauso hart. Der Däne verlor sichere Punkte wegen Problemen mit dem Antrieb in Monte Carlo und in Baku. Er hatte Hydraulik-Ärger in den Trainingssitzungen in Bahrain und Jeddah und eine defekte MGU-K in der Qualifikation in Imola zu beklagen. Es ist also nicht immer das gleiche Auto betroffen und viele der Defekte gehen auf das Konto von Ferrari. Daraus eine Bevorzugung für Magnussen zu stricken wäre Unsinn.

Mick Schumacher - Formel 1 - 2022
Haas
Mit den Ingenieuren muss Schumacher nun einen Weg aus der Krise finden. Die ersten WM-Punkte könnten den Knoten lösen.

Umkehrpunkt in Miami

Mick Schumacher fährt im Augenblick sicher unter Wert. Ihn hat zu Saisonbeginn der Speed seines neuen Teamkollegen überrascht. Das Trainingsduell steht 6:2 für Magnussen. Wenn man alle Qualifikationszeiten addiert und durch die Zahl der Rennen teilt, dann war der Däne im Schnitt um 0,365 Sekunden schneller. Ein Geheimnis ist, dass der Routinier häufiger seine beste Sektorzeiten in die eine entscheidende Runde packt als der Junior-Pilot. Sicher auch eine Erfahrungssache.

Auch das muss gesagt werden: Schumacher war nach dem anfänglichen Weckruf mit steigender Form unterwegs, bis ihm in Miami die Kollision mit Sebastian Vettel dazwischenkam. Abwarten wäre in dem Fall klüger gewesen. Der erste WM-Punkt hätte den Druck etwas von den Schultern genommen.

Auch wenn der Formel-2-Meister von 2020 sagt, dass er sich davon freimacht und sich auf seine Arbeit konzentriert, wird er irgendwann zugeben müssen, dass das leere Punktekonto im Hinterkopf mitfährt. Allein schon deshalb, weil er jedes Wochenende danach gefragt wird. Und das nervt.

Der Komfort des ersten Jahres ist verschwunden. Wenn es gar nicht lief, war das Auto schuld. Seinen einzigen Gegner Nikita Mazepin hatte er jederzeit im Griff. Jetzt kämpft Schumacher mit 13 anderen Fahrern um ein paar Punkte, die die drei Top-Teams übriglassen. "Es geht so eng zu, da muss man hier und dort schon mal mehr riskieren", gibt Schumacher zu.

Vielleicht war es auch ein Fehler, zu sehr auf den Ferrari-Platz zu schielen, der jetzt für die nächsten zwei Jahre zugemauert ist. Große Karrieren haben meistens nur dann funktioniert, wenn sich der Fahrer ausschließlich auf den nächsten Schritt konzentriert hat. Und der war direkt von Haas zu Ferrari eher unwahrscheinlich. Also kann Schumachers Ziel in diesem Jahr nur heißen, irgendwann auf das Niveau von Magnussen zu kommen. Das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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