Schumis erster F1-WM-Titel wird 30 Jahre alt

WM-Sieg nach Kollision mit Damon Hill
Schumis erster WM-Streich wird 30

GP Australien 2024
Zuletzt aktualisiert am 13.11.2024

Zu Beginn der Saison 1994 hätten nur wenige Experten gedacht, dass bei der 16. und letzten Station in Adelaide Michael Schumacher und Damon Hill um die Weltmeisterschaft kämpfen würden. Der Top-Favorit auf die Krone hieß Ayrton Senna. Der Superstar war von McLaren zum dominierenden Williams-Team gewechselt und wollte seinen vierten Titel einfahren. Doch dieser Traum endete am 1. Mai 1994 tragisch.

Senna verunglückte beim dritten Rennen des Jahres in Imola tödlich. Ein Tag zuvor war Roland Ratzenberger nach einem Unfall im Qualifying verstorben. Karl Wendlinger fiel zwei Wochen später nach einem Crash in Monaco ins Koma. Die Königsklasse befand sich im Schockzustand. Doch die Show musste weitergehen.

Schumacher enteilt

Nach dem GP Monaco hatte Michael Schumacher bereits vier Siege auf dem Konto. Sein Benetton-Ford war zu diesem Zeitpunkt das beste Auto im Feld. Es dauerte, bis Williams den Rückstand wettgemacht hatte. Die verbotenen elektronischen Fahrhilfen und ein Design-Fehler von Adrian Newey brachten den FW16 zu Saisonstart noch aus der Balance. Nach zehn Rennen hatte Schumacher bereits 31 Punkte Vorsprung.

Wer geglaubt hatte, Schumacher würde ohne Gegenwehr seinen ersten Titel holen, sah sich getäuscht. Damon Hill robbte sich immer näher heran. Der Engländer nahm die Rolle als Teamleader bei Williams an und verkürzte wegen einer Zwei-Rennen-Sperre Schumachers und zwei Disqualifikationen des Deutschen den Abstand bis Adelaide auf nur einen Zähler. Und Schumacher war ob der großen Chance, zum ersten Mal Weltmeister zu werden, nervös. Im entscheidenden Qualifying-Segment feuerte er den Benetton B194 in die Mauer.

Michael Schumacher - Damon Hill - Benetton-Ford - Williams-Renault - Adelaide - GP Australien 1994
Motorsport Images

Superstart der WM-Gegner

Seine Zeit reichte dennoch zu Platz zwei. Hill stand direkt dahinter. Ein Altmeister hatte den Rivalen in die Suppe gespuckt. Nigel Mansell schnappte sich im zweiten Williams-Renault die Pole-Position. Der 92er-Champion war nach Sennas Tod für insgesamt vier Rennen bei seinem alten Team eingesprungen.

Um 4.00 Uhr deutscher Zeit sprang die Startampel in Adelaide auf Grün. Die WM-Rivalen ließen Mansell stehen und machten sich auf und davon. Wie ein Schatten folgte Hill Schumacher. Bis zur 36. Runde.

In der East-Terrace-Kurve unterlief dem Kerpener ein Fehler. Sein Benetton übersteuerte, und Schumacher rutschte von der Strecke. Er touchierte mit der rechten Seite die Betonwand, kehrte jedoch vor Hill auf die Bahn zurück. Der 34-Jährige witterte seine Chance und griff vor der nächsten Kurve innen an. Schumacher befand sich außen und lenkte nach rechts. Hill bremste, schlitterte aber in den Benetton, der beim Scheitelpunkt vor dem Williams lag. Dabei stieg das hellblaue Auto auf und fuhr kurzzeitig auf zwei Rädern, ehe es in die Reifenstapel einschlug. Hill entschwand zunächst vom Tatort.

Schumacher stieg aus und tigerte am Zaun entlang, im Glauben, den WM-Titel an seinen Widersacher verloren zu haben. Doch Hill kam kein weiteres Mal an der Unfallstelle vorbei. Die Aufhängung seines Williams war zu stark beschädigt. Der Sohn der F1-Legende Graham Hill stellte sein Auto ab. Schumacher war Weltmeister und so der erste Pilot aus Deutschland, dem das gelungen war. Nigel Mansell bedankte sich bei den Streithähnen, staubte ab und gewann mit Sieg Nummer 31 zum letzten Mal einen Grand Prix in der Formel 1.

Michael Schumacher - Benetton-Ford - Adelaide - GP Australien 1994
Motorsport Images

Schmutziger Trick?

Während Schumacher ausgiebig seinen Titel feierte, kochten die Emotionen vor allem bei britischen Pressevertretern über. Sie warfen dem Deutschen ein Foulspiel vor. Der 25-Jährige hätte Hill in die Falle laufen lassen, in dem Wissen, dass sein Auto nach dem Mauerkontakt zu stark ramponiert gewesen wäre. Hill erklärte gegenüber Fox Sports 30 Jahre später seinen Angriff: "Ich wusste nicht, dass er in der Mauer war. Ich habe nur gesehen, wie Michael zurück auf die Strecke kam. Das war meine Chance. Ich musste sie nutzen." Hill sagte danach, er hätte noch eine Kurve länger mit der Attacke warten sollen. Ob er glaube, Schumacher hätte die Aktion mit Absicht geritten, zuckt Hill heutzutage mit den Schultern: "Wie soll ich das wissen?"

In einer Sky-Dokumentation bezeichnete Schumachers Ex-Teamkollege Martin Brundle die Aktion als "alten Kart-Trick". Schumacher nannte die Kollision einen Rennunfall. In der Pressekonferenz nach dem Showdown gedachte er jemand anderem: "Für mich war immer klar, dass Ayrton diesen Titel gewinnen würde. Deshalb möchte ich ihm diese Weltmeisterschaft widmen."